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Verfassungsschutz
Stärkerer Einsatz gegen Rechtsextreme

Das Bundesamt für Verfassungsschutz will der Gefahr von rechts mit einer Aufstockung seiner Agenten entgegenwirken. Diese Ankündigungen des Behördenchefs Thomas Haldenwang stoßen in der Berliner Politik auf weitgehende Zustimmung. Kritik kommt von der AfD.

Von Nadine Lindner | 21.12.2018
    Der Präsident des Bundesamt für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang
    Thomas Haldenwang (Martin Schutt/dpa)
    Der neue Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang erklärt via Interview nun konkreter, wie er gegen rechtsextreme Tendenzen in Deutschland vorgehen will. In der "Süddeutschen Zeitung" sagt Haldenwang, dass er die Zahl der Agenten, die den Rechtsextremismus beobachten, deutlich, das heißt um 50 Prozent, erhöhen will. Konkret geht es um die Abteilung 2, die dann 300 statt 200 Mitarbeiter umfassen wird. Damit soll die Abteilung gegen rechts genauso groß werden, wie die Abteilung gegen islamischen Terror.
    Innenminister Horst Seehofer, CSU, begrüßte bei einer Pressekonferenz in München den Vorstoß Haldenwangs:
    "Dass wir da nicht blind sind, sondern mit aller Entschiedenheit vorgehen. Insofern passt das in meine gesamtpolitische Philosophie."
    Ob die 100 zusätzlichen Kräfte gegen Rechtsextremismus innerhalb des Amtes einfach versetzt werden können oder ob sie extern angeworben werden müssen, konnte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, dem das Bundesamt für Verfassungsschutz untersteht am Mittag noch nicht sagen.
    Thomas Haldenwang ist seit Mitte November Präsident des Inlandsgeheimdienstes. Zuvor war der 58-jährige Jurist bereits fünf Jahre lang einer der beiden stellvertretenden Präsidenten.
    Zunehmende Gefahr
    Haldenwang sprach in der Süddeutschen Zeitung auch davon, dass er eine neue Dynamik beim Rechtsextremismus sehe. Die Ereignisse von Chemnitz - mit rechten Demonstrationen nach dem mutmaßlich von Asylbewerbern verursachten Tod eines Deutschen - zeigten das wie in einem Brennglas. Rechtsextremistische Gruppierungen seien mittlerweile anschlussfähiger für den Bürger.
    Mit der Aufstockung des Personals in der Rechtsextremismus-Abteilung zeigt Haldenwang konkrete Schritte, eines Kurses, den er bereits Mitte November bei seiner Vorstellung angekündigt hatte.
    "Und die Bedrohungen sind vielfältig. Im Rechtsextremismus ist die Gewaltbereitschaft sehr hoch. Das nehmen wir ernst. Und wir behalten auch die Herausbildung rechtsterroristischer Strukturen fest auf dem Radar."
    AfD beunruhigt
    Aus der Opposition kommen dazu kritische Stimmen. Die AfD Bundestagsabgeordnete Joana Cotar äußerte sich auf Twitter:
    "Die Marionette spurt, das muss man ihm lassen." Und weiter: "Sehen Sie, so behält man seinen Job, Herr Maaßen."
    AfD-Politikerin Cotar spielt damit auf Hans-Georg Maaßen an, der von Innenminister Horst Seehofer in den Ruhestand versetzt wurde. Vorausgegangen waren Äußerungen von Maaßen in einem Interview der Bild-zeitung, in dem er Zweifel an der Echtheit eines Videos geäußert hatte, das Hetzjagden auf Ausländer zeigen soll. Seine Zweifel hatte er vorher der Bundesregierung nicht mitgeteilt.
    Außerdem kam eine Rede bei einem internationalen Geheimdienst-Treffen in Warschau hinzu. Dort sprach Maaßen von "linksradikalen Kräften in der SPD". Seehofer, der sich zuvor lange hinter den umstrittenen Verfassungsschutz gestellt hatte, hatte Maaßen daraufhin in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Allerdings wird es kein gegen ihn Disziplinarverfahren geben, dass hatte Seehofer Mitte Dezember entschieden.
    Die AfD muss jedoch selbst die Beobachtung durch den Verfassungsschutz fürchten. Die Landesämter haben mehr als 1.000 Seiten Material über die verschiedenen Gliederungen geliefert, das jetzt ausgewertet werde.
    Spätestens Anfang des kommenden Jahres werde das Bundesamt entscheiden, ob und wie die AfD beobachtet wird. Die Präsenz der AfD im Bundestag und den Landtagen sei "jedenfalls nicht schädlich" für den Rechtsextremismus, so Verfassungsschutzchef Haldenwang.