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Verfassungsschutzbericht
Islamistischer Terror bleibt größte Gefahr

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben im vergangenen Jahr einen zunehmenden Extremismus gleich in mehreren Bereichen registriert. Die Anhängerschaft der rechts- und linksextremistischen Szene sei größer geworden. Insbesondere sei die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten gestiegen. Die größte Bedrohung wird aber weiter im islamistischen Terrorismus gesehen.

04.07.2017
    Beschlagnahmte Gegenstände zweier Gefährder aus der Salafistenszene liegen während einer Pressekonferenz der Polizei in Göttingen auf einem Tisch.
    Den deutschen Behörden zufolge gibt es 680 Gefährder in der Salafistenszene. (picture alliance / dpa / Swen Pförtner)
    Laut dem jüngsten Verfassungsschutzbericht stieg die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten bundesweit um fast 14 Prozent auf 1.600. Das Personenpotenzial der Szene stieg 2016 auf mehr als 23.000 Anhänger. Mehr als die Hälfte davon gelten als gewaltbereit.
    Erstmals im Verfassungsschutzbericht erwähnt sind die sogenannten Reichsbürger. Sie werden seit dem vergangenen Jahr beobachtet. Rund 12.800 Menschen zählen zu der Szene.
    Der Verfassungsschutzbericht 2016 wurde heute in Berlin gemeinsam von Bundesinnenminister de Maizière und Verfassungsschutzpräsident Maaßen vorgestellt.
    Terror-Gefährdung nimmt offenbar weiter zu
    Aus dem Papier geht weiter hervor, dass die Zahl an Salafisten auf 10.100 Personen stieg. Im Jahr davor waren es 8.350. Bundesinnenminister de Maizière betonte, in der islamistischen Szene sei eine Kräfteverschiebung "hin zum gewaltorientierten und dschihadistischen Bereich" feststellbar. Die Zahl der sogenannten Gefährder bezifferte er auf 680. Maaßen warnte vor weiteren Anschlägen durch Einzeltäter oder Terrorkommandos. Der islamistische Terrorismus bleibe die größte Bedrohung in Deutschland. Hinweise sprächen dafür, dass die Gefährdung noch weiter zunehme.
    De Maizière erklärte, auch der Linksextremismus bereite weiter Sorgen. Mit Blick auf den anstehenden G20-Gipfel warnte er, gewalttätige Demonstrationen stünden nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit.
    Konflikte aus der Türkei nach Deutschland getragen
    Verzeichnet wird auch ein Anstieg von Konflikten mit Türkei-Bezug, die zwischen verschiedenen Gruppen in Deutschland ausgetragen werden. So rechnen die Behörden dem nicht-islamistischen Extremismus unter Ausländern rund 30.000 Personen zu, von denen 90 Prozent eine Verbindung zur Türkei haben. Eine Rolle dabei spielen demnach nicht nur die verbotene Kurdenorganisation PKK und linksextremistische Gruppierungen, sondern auch eine große Zahl organisierter türkischer Rechtsextremisten. "Deutschland ist mehr denn je Spiegel und Resonanzboden innertürkischer Ereignisse", sagte de Maizière.
    Laut dem Verfassungsschutzbericht ist Deutschland auch zunehmend Ziel von Spionage-Aktivitäten ausländischer Geheimdienste. Hauptakteure seien Russland, China und der Iran. Außerdem beobachte man einen spürbaren Anstieg von Aktivitäten des türkischen Nachrichtendienstes MIT, erklärte de Maizière.
    Sorge vor Beeinflussung der Bundestagswahl
    In dem Bericht heißt es, Cyberangriffe hätten sich zu einer wichtigen Methode der Ausspähung durch Nachrichtendienste entwickelt. Hauptsächlich betroffen seien das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen, das Finanz- und das Wirtschaftsministerium sowie das Kanzleramt und Dienststellen der Bundeswehr.
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt zudem vor einer Beeinflussung der Bundestagswahl. Deutsche Parteien und Politiker könnten "das Ziel russischer Einflussnahme" werden. Es sei jederzeit damit zu rechnen, dass brisante oder kompromittierende Sachverhalte publik gemacht werden.