Freitag, 29. März 2024

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"Vergebung wie im Christentum gibt es im Islam nicht"

Der ehemalige arabische Islamist, Nassim Ben Iman, der zum Christentum konvertierte, erhält regelmäßige Morddrohungen. Immer wieder erlebe er auch, dass er von christlichen Gruppen belehrt würde, wie er den Islam zu verstehen habe. Die selbstlose Liebe im Christentun sei für ihn der entscheidene Unterschied zum Hass, der im Islam existiere, betonte Nassim.

29.03.2006
    Liminski: Erleichterung und Nachdenklichkeit kennzeichneten gestern die Reaktionen auf die Freilassung des afghanischen Christen Abdul Rahman. Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, meinte, das grundlegende Problem sei jedoch noch nicht gelöst, nämlich dass das islamische Recht den allgemein gültigen Menschenrechten widerspreche. Auch der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion Arnold Vaatz meinte, die Außenpolitik müsse darauf hinwirken, dass derartige Prozesse grundsätzlich nicht mehr stattfinden.

    Der Fall des vom Islam zum Christentum konvertierten Abdul Rahman steht für die Frage nach der Religionsfreiheit im Islam. Hier muss Afghanistan noch im Laufe seines Demokratisierungsprozesses eine Antwort finden. Aber wie sieht es aus bei Konvertiten in Deutschland? Darüber wollen wir jetzt sprechen mit dem Autor Nassim Ben Iman, ein arabischer Islamist, der zum Christentum konvertierte und darüber auch ein Buch geschrieben hat. Er ist nun am Telefon. Guten Morgen Herr Nassim!

    Nassim: Guten Morgen!

    Liminski: Herr Nassim, eigentlich wollten Sie ja Terrorist werden. Jedenfalls hat Ihr Buch den Untertitel "warum ich kein Terrorist geworden bin". Wer oder was hat Sie davon abgehalten?

    Nassim: Der Glaube an Jesus Christus, der mein Denken und mein Handeln, meine Pläne verändert hat, hat mich davon abgehalten, diese Vorstellungen und Wünsche, die ich in dem Bereich hatte, entsprechend zu ändern.

    Liminski: Welche Wünsche hatten Sie denn?

    Nassim: Ich hatte den Wunsch, als Teil einer Terrorgruppe beziehungsweise als Terrorist für den muslimischen Glauben zu kämpfen, zu töten, ja sogar mich selbst, mein eigenes Leben dafür aufzuopfern.

    Liminski: Nun sind Sie Prediger, ein sicher schwieriger Beruf in Deutschland, aber vermutlich nicht so gefährlich. Wurden oder werden Sie denn noch von den alten Glaubensbrüdern bedroht?

    Nassim: In der Tat, unglücklicherweise ist es schon so, dass nach meinem Entschluss zu konvertieren, Christ zu werden, die christlichen Werte zu vertreten, ich nicht nur Freunde gewonnen habe, sondern leider auch sehr viele Feinde, in allererster Linie natürlich aus dem islamischen Lager.

    Liminski: Wie leben Sie denn mit dieser Bedrohung? Müssen Sie sich verstecken?

    Nassim: Ja. Es ist schon so, dass ich mich verstecken muss. Es ist schon so, dass mein Leben sich geändert hat. Spätestens nach der Veröffentlichung meines Buches beziehungsweise meiner Geschichte, ist sehr viel mehr an Bedrohung existent. Das heißt, dass mich Morddrohungen in regelmäßigen Abständen erreichen. Das hat wirklich einen Einschnitt in mein Leben gebracht. Ich muss mich verstecken. Ich kann bestimmte Orte nicht so selbstverständlich aufsuchen und so weiter.

    Liminski: Wie haben denn Ihre Eltern reagiert, als Sie ihnen von der Konversion erzählten?

    Nassim: Die ersten Jahre habe ich meinen Eltern nichts davon erzählt. Später dann, als ich es meinen Eltern erzählt habe, dass ich konvertiert bin, war blankes Entsetzen, Empörung und eine Reaktion meiner Eltern beziehungsweise meiner gesamten Familie da, eine Reaktion, die ich nicht im Detail beschreiben kann und möchte.

    Liminski: Haben Ihre Eltern mit Ihnen gebrochen? Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Eltern?

    Nassim: Es gab eine ganz lange Zeit keinen Kontakt zu meinen Eltern. Das war Teil der Strategie, um mich zurückzubekehren. Es war ein totaler Ausschluss aus der Familie. Die Familienbindung war etwas sehr, sehr wichtiges in der arabischen Familie. Damit war ich aufgewachsen und von daher war es schon ein sehr, sehr harter Preis, plötzlich infolge meiner Entscheidung für Christus nicht mehr Teil der Familie zu sein, ausgeschlossen zu sein über einen Zeitraum von zwei Jahren. Wenn ich zu Hause nur angerufen hatte, dann wurde wieder aufgelegt. Es war eine sehr, sehr harte Art und Weise von Reaktionen.

    Liminski: Aber jetzt haben Sie wieder Kontakt?

    Nassim: Im Laufe der Jahre hat sich mein Verhältnis zur Familie verbessert bis normalisiert, wobei ich einfach sagen möchte, dass das nur einen Teil der Familie betrifft. Den Großteil der Familie habe ich, seitdem ich konvertiert bin, nicht wieder gesehen.

    Liminski: Die entsprechende Sure des Koran ist unmissverständlich. "Tötet sie" heißt es da über die so genannten Abtrünnigen. Können Sie überhaupt ein normales Familienleben führen?

    Nassim: Wir versuchen, ein normales Familienleben zu führen, so dass wir den Kindern möglichst nicht zeigen, dass es schwierig ist für uns, normal zu leben, dass es fast nicht möglich ist. Es gibt aber einfach eine Lebensveränderung aufgrund der Tatsache, dass ich konvertiert bin, für mich und für meine Familie.

    Liminski: So wie Sie das schildern könnte ich mir vorstellen, dass Sie auch auf deutsche oder jedenfalls christliche Freunde treffen die sagen, da übertreibst du aber doch ein bisschen, bist du nicht etwas zu extremistisch in deinen Ansichten?

    Nassim: Unglücklicherweise ist es in der Tat so, dass in den christlichen Bewegungen der Gedanke des Islams und die Konsequenzen, die aus dem Islam kommen, in Sachen Terrorismusverfolgung von Konvertiten und so weiter, so abstrakt ist, dass ich wirklich Mühe habe, manchmal einfach davon zu überzeugen, dass das ich sage mal knallharte Realität ist. Es verwundert mich ein bisschen, dass ich als Ex-Moslem, der den Islam gelebt hat, der den Extremismus gelebt hat, der weiß wovon er redet, von christlichen Gruppen belehrt werden muss, wie ich den Islam eigentlich zu verstehen habe. Das ist für mich eine äußerst fragwürdige Angelegenheit.

    Liminski: Würden Sie gerne in Ihre alte Heimat, ein arabisches Land, wie Sie sagen, zurückkehren? Tun Sie es gelegentlich als Tourist?

    Nassim: Ob ich es gelegentlich als Tourist mache, kann ich jetzt mal aus Sicherheitsgründen nicht beantworten. Aber was ich sagen kann ist: Manchmal habe ich schon den Wunsch und den Gedanken, Verwandte von mir wieder zu sehen, nahe stehende Familienmitglieder, die einen Teil meines Lebens ausgemacht haben, wieder zu sehen. Ich tue es definitiv nicht, da ich nicht abschätzen kann, mit welchen Konsequenzen ein Wiedersehen verbunden ist. Ich muss davon ausgehen, dass auch innerhalb der engsten Verwandtschaft Menschen da sind, die bereit sind, die Anforderungen des Islams, Konvertiten zu töten, entsprechend zu erfüllen und mich umzubringen.

    Liminski: Eine letzte Frage mit der Bitte um eine ganz kurze Antwort. Was macht für Sie den Unterschied zwischen Islam und Christentum aus?

    Nassim: Die Art und Weise der Vergebung, die ich im Christentum kennen gelernt habe, gibt es im Islam definitiv nicht. Die Veränderung des Herzens und des Lebens ist in Christus und durch Christus für mich einmalig. Und dann die selbstlose Liebe im Christentum, die ganz klar im Gegensatz steht zur ich sage mal Versklavung des Menschen und dem Hass, der im Islam existiert. Das ist der wesentliche Unterschied.

    Liminski: Das war der Konvertit und Prediger Nassim Ben Iman, Autor des Buches "Der wahre Feind – warum ich kein Terrorist geworden bin". Besten Dank für das Gespräch Herr Nassim!

    Nassim: Bitte!