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Verhalten im Katastrophenfall
Vorbereitung ist die halbe Miete

Über dem Atlantik tobt Hurrikan Irma, hierzulande dagegen fühlt man sich vor Katastrophen und ähnlichen Notständen weitgehend sicher. Aber was tut man im Katastrophenfall? Christoph Unger vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erklärt, wie man vorsorgen kann.

Christoph Unger im Gespräch mit Jule Reimer | 08.09.2017
    Lebensmittelpackungen stehen am Donnerstag (25.08.2011) in Hamburg im Fundus des Ohnsorg-Theater. Mit dem Shakespeare-Stück "En Sommernachtsdroom" unter der Regie von Ex-Schauspielhausintendant Bogdanov wird am Sonntag (28.08.2011) Premiere in der neuen Heimat des Theaters am Hachmannplatz gefeiert.
    Man muss es ja nicht gleich übertreiben - aber ein paar Dutzend Liter Wasser und mehrere Kilogramm haltbare Lebensmittel im Haus zu haben, empfehlen Katastrophenschützer. (picture alliance / dpa / Angelika Warmuth)
    Jule Reimer: Wer gerade als Tourist durch Florida und die voraussichtlich von Hurrikan Irma betroffenen Gebiete reist, soll sich in Sicherheit bringen. "Raus aus den gefährdeten Gebieten", empfiehlt das Auswärtige Amt. Dazu zählt übrigens auch ganz Miami Beach. Zur Erinnerung: Florida ist eine Art riesige Landzunge. Alle Straßen führen raus, nur nach Norden.
    Was Unwetterkatastrophen angeht, ist Europa ja vergleichsweise wenig gefährdet, aber grundsätzlich möchte ich jetzt Christoph Unger, den Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe fragen: An was sollte man als erstes denken, wenn so ein Evakuierungsaufruf kommt?
    Christoph Unger: Wichtig ist natürlich, dass man sich auf eine solche Situation vorbereitet. Es kann eigentlich nichts Schlimmeres passieren, als dass dies unerwartet und plötzlich auf einen zukommt. Deshalb raten wir ja seit vielen Jahren, dass man sich auf Gefahren dieser Art vorbereiten muss. Das kann man beispielsweise dadurch, dass man Vorräte anlegt, aber auch eine vorbereitete Tasche mit den wichtigen Dokumenten dabei hat, die man dann schnell mitnehmen könnte.
    Genug Wasser und Essen im Haus haben - und Bargeld
    Reimer: Jetzt habe ich gesehen, im US-amerikanischen Fernsehen mahnten die Wettermoderatoren, vor allen Dingen Bargeld sei wichtig.
    Unger: Auch das ist eine Empfehlung, die wir geben, weil natürlich bei einer solchen Lage, wenn dann zum Beispiel auch der Strom ausfällt, die Möglichkeit, sich mit Bargeld zu versorgen, nicht mehr vorhanden ist oder zumindest eingeschränkt ist. Man sollte auch, so empfehlen wir für die Schadensereignisse, die wir hier sehen, einen gewissen Umfang Bargeld mit sich führen.
    Reimer: Das heißt, wenn ich ein Auto habe, packe ich es mir voll mit ein paar Lebensmitteln, meiner kleinen Dokumententasche und Bargeld und fahre los?
    Unger: Das ist natürlich ein bisschen komplexer. Gerade wenn es um Evakuierungslagen geht, kann man nicht einfach mal so losfahren. Da muss man natürlich auch den Empfehlungen der zuständigen Behörden gerecht werden, die bestimmte Evakuierungsrouten ja beispielsweise festlegen müssen. Ansonsten herrscht ein großes Verkehrschaos. Das würde dann auch nicht funktionieren.
    Wie man sich informiert: Warn-App und Batterie-Radio
    Reimer: Wie informiere ich mich dann?
    Unger: Das gehört auch zur Vorbereitung. Wir in Deutschland beispielsweise sind ja zuständig für die Warnung der Bevölkerung, haben mit den Ländern uns auf ein technisches System verständigt. Dazu gehört auch eine sogenannte Warn-App "NINA", über die wir, die Behörden dann beispielsweise entsprechende Verhaltensempfehlungen geben können, Routen für die Evakuierung festlegen können. Und natürlich gehört dazu, dass man Rundfunk und Fernsehen verfolgt, weil die Behörden auch über diese Wege entsprechende Informationen geben.
    Reimer: Die Frage ist: Was mache ich, wenn mein Smartphone leer ist? Die App ist ja ganz praktisch, aber die Smartphones haben ja bekanntlich nicht lange Strom.
    Unger: Zunächst mal – deshalb sage ich, es ist wichtig, sich vorzubereiten – gehört auch dazu, dass man im Vorfeld entsprechende Informationen einholt. Ein Smartphone hält dann erst mal. Es gibt natürlich auch Möglichkeiten, entsprechende Notstrom-Aggregate vorzuhalten bei den Behörden. Das sind Fragen, die wir hier auch zwischen den Behörden diskutieren, wie man das organisieren kann. Aber beispielsweise empfehlen wir deshalb auch ein batteriebetriebenes Radio, um entsprechende Informationen zu bekommen.
    Medikamente und wichtige Dokumente parat haben
    Reimer: Ihr Amt hat vor einiger Zeit auch wieder diese Grundsatzempfehlung – die war mal eine Zeit lang ausgesetzt – herausgegeben, dass ein jeder ein paar Lebensmittel als Reserve zu Hause haben sollte. Keine Panik machen, aber wir fragen jetzt trotzdem: Was gehört dazu?
    Unger: Die haben wir nie ausgesetzt. Die hat immer Bestand gehabt.
    Reimer: Okay, aber nicht so betont.
    Unger: Die ist jetzt noch mal betont, allerdings vor dem Hintergrund anderer, weiterer neuer Gefahren, die vielleicht auch ganz alte Gefahren sind. Wir sagen, man muss einen gewissen Vorrat an Lebensmitteln zuhause haben. Man muss beispielsweise (ganz wichtig) Wasser haben. Man muss, wenn man medikamentenpflichtig ist, natürlich auch einen entsprechenden Vorrat an Medikamenten haben. Über Bargeld haben wir schon gesprochen. Es gehört dazu das Batterie betriebene Radio. Es gehört beispielsweise auch dazu, dass man sich Licht machen kann, entweder die Taschenlampe oder auch Kerzen. Es gibt ein ganzes Paket, kann man auf unserer Homepage nachlesen oder in der Broschüre.
    "Es gibt ein Bündel von Gefahren"
    Reimer: Sagen Sie noch ganz kurz zwei Sätze. Auf welche Gefahren sollte man sich hier möglicherweise im schlimmsten Fall einstellen?
    Unger: Wir haben natürlich auch die Folgen des Klimawandels, Extremwetter-Ereignisse, aber auch das Thema Stromausfall ist für uns von besonderer Bedeutung oder auch eine Terrorgefahr. Wir haben jetzt die Evakuierungen wegen der Bomben in Frankfurt und Koblenz gehabt. Es gibt ein Bündel von Gefahren.
    Reimer: Vielen Dank! – Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.