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Verhaltensforschung
Affen essen gerne Gekochtes

Die Tatsache, dass der Mensch gekochte Lebensmittel zu sich nimmt, unterscheidet ihn von Tieren. Forscher von der Universität Harvard wollten wissen, wann der Mensch das Kochen gelernt hat - und ob unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, auch schon Fähigkeiten zum Kochen haben. Das Ergebnis: sie können - und sie wollen.

Von Katrin Zöfel | 03.06.2015
    Ein Kind beobachtet zwei Schimpansen im Zoo.
    Das Obst schmeckt auch gekocht: Schimpansen haben Eigenschaften, die man zum Kochen braucht. (TORSTEN BLACKWOOD / AFP)
    Felix Warneken will wissen, wie der Mensch werden konnte, was er heute ist.
    "Wir fragen uns eben, was sind so die Dinge, die uns auszeichnen, und wie ist es überhaupt möglich, dass wir als Spezies entstanden sind."
    Der aufrechte Gang, soziales Verhalten, Sprache, das große Gehirn, das sind wichtige Merkmale. Was den Psychologen von der US-Universität Harvard aber vor allem interessiert, ist: Wann haben wir gelernt zu kochen?
    "Studien zeigen, dass unsere Morphologie, insbesondere unsere Zähne, unser Gebiss, unsere Kaumuskulatur, darauf hinweisen, dass Kochen sehr früh entstanden sein muss, wir können nicht wie Schimpansen einfach rohes Essen essen mit diesem relativ schwachen Gebiss und diesen etwas schwachen Zähnen, die wir haben."
    Auch die ältesten Kochfeuerstellen stammen aus der frühen Zeit der menschlichen Entwicklung. Felix Warneken fragte sich deshalb, ob unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, manches schon können, was ein Koch können muss.
    "Eine Sache ist die Geduld, per Definition, muss man natürlich warten darauf, dass etwas gekocht wird, das man, wenn man die Geduld nicht mitbringt, eben sofort essen könnte. Eine weitere Fähigkeit, die man braucht, ist zu verstehen, dass etwas, was jetzt grade roh ist, sich in etwas verwandeln kann, das gekocht ist."
    Der Forscher und seine Kollegin Alexandra Rosati arbeiten seit Jahren mit Schimpansen in der Auffangstation Tchimpounga Chimpanzee Sanctuary im Westen der Republik Kongo. Die Versuche, die sie sich ausgedacht hatten, waren denkbar einfach.
    "Wir haben einen Kocher, so haben wir das genannt, das war einfach eine Schüssel, vorgehalten, und dann haben wir ein Stück rohe Kartoffel dort hineingelegt, einen Deckel drauf gepfropft, fünf Sekunden geschüttelt, Deckel wieder abgenommen, und dann - Zauberei - hatte sich diese rohe Kartoffelscheibe, in eine gekochte Kartoffelscheibe verwandelt. Dieser kleine Zaubertrick war natürlich ein doppelter Boden, den wir da benutzt haben, aber von der Perspektive des Schimpansen war das nicht sichtbar."
    Dass Menschen kochen können, zeigt auch, dass sie eine soziale Spezies sind
    Gekochte Kartoffeln schmecken genau wie uns Menschen offenbar auch Schimpansen besser als rohe, das war bekannt. Die Frage war, ob sie eine rohe Kartoffel, die sie vom Pfleger bekommen, selbstständig in die Kochschüssel stecken, weil sie davon ausgehen, dass sie die Kartoffelscheibe gekocht wieder zurückbekommen. Die Antwort lautet: ja. Und zwar intuitiv, ohne großes Training.
    "Die sehen unsere Kochapparatur nur ein paarmal und dann müssen sie bereits eine Entscheidung treffen, was sie damit anstellen wollen. Wir haben die Schimpansen jetzt nicht trainiert, diese Fähigkeiten zu zeigen, sondern wir haben wirklich versucht raus zu kitzeln, was können sie spontan."
    Bekommen die Schimpansen ein Stück Karotte, stecken sie auch das ohne zu zögern in die Kochschüssel, ein Stück Holz werfen sie weg, ein Stück gekochte Kartoffel fressen sie sofort auf. Offenbar begreifen sie, dass nur rohes Futter durch Kochen besser wird. Jetzt will Felix Warneken klären, warum die Tiere in freier Wildbahn trotzdem alles, was sie an Essbarem finden, sofort auffressen. Eine Vermutung hat er:
    "Da Schimpansen sehr kompetitiv sind, was Essen angeht und oft die dominanten Schimpansen Essen anderen wegnehmen, ist es vielleicht besser für Schimpansen, auf die sichere Seite zu gehen, und wenn sie Essen zur Verfügung haben, es sofort zu verspeisen."
    Mit anderen Worten: Dass Menschen kochen können, zeigt auch, dass wir eine soziale Spezies sind - in dem Punkt zumindest sozialer als Schimpansen. Denn wir sind in der Lage Vorräte anzulegen, die dann gemeinsam gekocht und verspeist werden.