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Verhandlung in der "Causa Erfurt"

Der Erfurter Sportmediziner Franke hatte das Blut von über 30 Athleten einer UV-Bestrahlung unterzogen, bei der Blut ab- und wieder zurückgeführt wird. Gestritten wurde stets, ob diese Methode schon vor 2011 von der Verbotsliste der Welt Anti Doping Agentur (WADA) erfasst war.

Von Robert Kempe | 12.05.2013
    Ein diesbezügliches Verfahren gegen einen Radfahrer vor dem Deutschen Sportschiedsgericht DIS endete mit Freispruch für den Athleten. Nur widerwillig – so schien es - legte die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ein. Und der Eindruck verfestigt sich, dass die NADA dieses Verfahren heimlich still und leise über die Bühne bringen will. Der Termin sollte wohl nicht öffentlich werden: Am kommenden Dienstag verhandelt der Internationale Sportgerichtshof CAS in Lausanne den Fall eines Radfahrers, dessen Blut von dem Erfurter Sportarzt Andreas Franke vor dem Jahr 2011 mit der umstrittenen UV-Blutbestrahlung behandelt wurde.

    Es ist ein Berufungsverfahren. Im Herbst letzten Jahres entschied das deutsche Sportschiedsgericht DIS, dass die von Sportarzt Franke an dem Athleten im Jahr 2008 angewendete Methode, bei der Blut ab- und wieder zurückgeführt wird, keinen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen vor dem 1. Januar 2011 darstelle. Die Regeln seien nach Meinung des damaligen DIS-Richters Stephan Wilske "hinsichtlich des Blutdopings zum Tatzeitpunkt unklar".
    Die NADA, die in der Causa Erfurt selten eine gute Figur machte, bezeichnete das DIS-Urteil als "richtungsweisend". Und trotzdem legte die NADA - wohl erst auf Druck der Welt-Anti-Doping-Agentur - Einspruch vor dem CAS ein. Ein Schlingerkurs, der auf einen weiteren Dissens zwischen beiden Organisationen hinweist. Internationale Experten zeigten sich von dem deutschen Schiedsspruch ohnehin irritiert. Hohe WADA-Offizielle erklärten mehrfach, dass die Methode verboten sei. Die Staatsanwaltschaft Erfurt, die gegen den Arzt Franke die strafrechtlichen Ermittlungen einstellte, kam zu der Einschätzung, dass es sich im Fall der UV-Blutbestrahlung um einen objektiven Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen handele.

    Vertreten wird die NADA in Lausanne von der Stuttgarter Kanzlei Wüterich und Breucker. Auf Athletenseite sitzt Christian Weber als Rechtsbeistand. Pikant: Weber war vor einigen Jahren noch im Justiziariat der NADA tätig. Der von ihm jetzt vertretene Radfahrer war zum Zeitpunkt der strittigen Behandlung noch minderjährig. Jetzt steht er bei einem Profi-Radsportteam unter Vertrag.
    In der Causa Erfurt gibt man sich bei den Bonner Dopingbekämpfern seit geraumer Zeit ziemlich schmallippig. Ein Interview lehnte NADA-Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer ab.

    Auch der Internationale Sportgerichtshof CAS gibt nicht viel Preis. Selbst die Namen der Anwälte und Schiedsrichter nennt man mit Verweis auf verfahrenstechnische Aspekte nicht. Ein weiterer Beleg für die Intransparenz bei sportrechtlichen Verfahren.

    Nach Informationen der ARD-Dopingredaktion und des Deutschlandfunks soll es sich bei den drei CAS-Richtern um den Schweizer Patrick Lafranchi und die beiden deutschen Juristen Ulrich Haas und Dirk-Reiner Martens handeln. Interessant ist: Martens war schon im Fall des österreichischen Skilanglauftrainers Walter Mayer Richter am CAS. 2003 bestätigte dieser eine Bestrafung Mayers durch das Internationale Olympische Komitee wegen der UV-Bestrahlung von Blut bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City.

    Sollten die CAS-Richter zu einem anderen Urteil als das deutsche Sportschiedsgericht kommen, müssten von der NADA womöglich noch rund zwei Dutzend weitere Fälle bearbeitet werden. Darunter auch der von Claudia Pechstein, die auch von Franke mit der Methode der UV-Blutbestrahlung behandelt worden war.