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Verhandlungen mit der EU
Einigung über Brexit-Schlussrechnung?

Die Hinweise verdichten sich: Die britische Regierung und die EU-Kommission scheinen sich über die Schlussrechnung beim Brexit in Grundzügen geeinigt zu haben. Von rund 50 Milliarden Euro ist die Rede. Viel zu hoch, schimpft schon Ex-UKIP-Chef Nigel Farage. Doch nicht wenige Brexit-Befürworter scheinen den Preis zu schlucken.

Von Friedbert Meurer | 29.11.2017
    EU-Chefunterhändler Barnier und der britische Brexit-Minister Davis auf einer Pressekonferenz in Brüssel.
    EU-Chefunterhändler Barnier und der britische Brexit-Minister Davis auf einer Pressekonferenz in Brüssel (AP / dpa-Bildfunk / Virginia Mayo )
    40 Milliarden, 50 oder 60 Milliarden Euro: Die britische Regierung nennt keine Summe und bestätigt auch noch nicht, dass es eine Einigung mit Brüssel beim Geld geben soll. Aber die Hinweise verdichten sich fast zur Gewissheit.
    "Da wird jetzt viel spekuliert", erklärte Transportminister Chris Grayling zwar am Morgen ausweichend. "Aber wir wollen unsere Verpflichtungen erfüllen, wenn wir die EU verlassen. Unser Ziel ist, Freunde und gute Nachbarn mit der EU zu bleiben."
    Vorbereitungen für den EU-Gipfel
    Am Montag reist Premierministerin Theresa May nach Brüssel, um dann mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Einigung möglichst zu besiegeln. Zehn Tage später findet der EU-Gipfel statt.
    "Die Premierministerin geht auf den EU-Gipfel zu mit einem sehr fairen Angebot", ließ sich Außenminister Boris Johnson entlocken. "Wir wünschen uns, dass wir dann mit Phase 2 der Verhandlungen beginnen können. Das wollen wir doch alle."
    Der Preis scheint manchen zu hoch
    Phase 2 heißt: Es wird endlich über die künftigen Beziehungen zwischen London und Brüssel geredet. Bisher ging es nur um die Bedingungen, die Brüssel formuliert hat, bevor überhaupt die Verhandlungen beginnen. Aber der Preis ist hoch. Viel zu hoch, meint Ex-UKIP-Chef Nigel Farage.
    "Wer von Ihnen würde eine Menge Geld anbieten, ohne zu wissen, was er dafür im Gegenzug bekommt? Unsere Regierung ist schwach und sorgt für den Ausverkauf unseres Landes."
    Auch in den Online-Foren der britischen Zeitungen wird der Unmut von Wählern laut. "50 Milliarden sind völlig verrückt, das ist Straßenräuberei der EU", heißt es dort etwa. Oder: Man mache sich "zur Lachnummer Europas". Aber die meisten Brexit-Befürworter in der Regierungspartei stehen hinter Theresa May, zum Beispiel Ian Duncan Smith.
    "Vergleichen Sie doch: Über 40 Jahre lang als EU-Mitglied haben wir 360 Milliarden Pfund netto nach Brüssel überwiesen. Und jetzt werden wir doch nach zwei Übergangsjahren keine Beiträge mehr bezahlen."
    Die Opposition sieht das anders. Die Brexit-Befürworter hätten doch im Wahlkampf versprochen, dass mit dem Brexit pro Woche 350 Millionen Pfund für den NHS, das Gesundheitswesen, heraussprängen. Chuka Umunna von Labour: "Sie haben uns nie gesagt, dass wir so viel bezahlen müssen. Sie halten nicht ihr zentrales Versprechen ein, mit dem sie das Referendum gewonnen haben."
    Durchbruch auch bei anderen Fragen?
    Dennoch: Stimmt die EU dem Angebot der britischen Regierung zu, wäre das ein großer Erfolg für Theresa May. Allerdings: Der Durchbruch hängt jetzt noch von der Frage der künftigen Grenze zwischen Nordirland und Irland ab. Die Regierung in Dublin drohte zuletzt mit einem Veto, wenn London nicht auch hier deutliche Zugeständnisse mache.