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Verkehr in Luxemburg
Ein Land steht im Stau

Nichts geht mehr auf den Straßen Luxemburgs: Hunderttausende Pendler stecken jeden Tag im Stau, dazu kommen Arbeitnehmer aus den Nachbarländern. Mitfahrgelegenheiten, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Heimarbeit sollen den Kollaps abwenden. Doch dabei stehen noch einige Schwierigkeiten im Weg.

Von Tonia Koch | 21.01.2018
    Autobahnschild Luxembourg, aufgenommen am 30.08.2011.
    Deutlich über eine Stunde für 15 Kilometer - das ist in Luxemburg für Pendler der normale Wahnsinn, da hilft auch die Autobahn nicht weiter. (dpa / Lars Halbauer)
    Nichts geht mehr auf der Autobahn. In Richtung Luxemburg Stadt ruht der Verkehr, nur die Gegenfahrbahn hat freie Fahrt, aber wer will morgens schon raus aus der Stadt? So sieht es jeden Tag aus, und davon, dass der Verkehr noch rolle, könne schon lange nicht mehr die Rede sein, sagt der Direktor des luxemburgischen Automobilclubs Jean-Claude Juchem.
    "In Luxemburg ist stop and go, man steht im Verkehr. Aber wir können nicht jeden Tag im Fahrzeug stehen, das Fahrzeug ist da, um zu fahren, aber wir stehen. Für 15 Kilometer, die ich täglich fahre von zu Hause zur Arbeit fahre brauche ich in der Sommerzeit - wenn congé collectif ist - zwölf Minuten, für dieselbe Strecke brauche ich jetzt eine Stunde 15 Minuten, für 15 Kilometer, das ist Wahnsinn."
    Wachsende Arbeitsplätze - wachsende Pendlerströme
    Luxemburg ist in einer besonderen Situation. Das Land hat etwa 590.000 Einwohner, aber es stellt über 400.000 Arbeitsplätze bereit. Und diese konzentrieren sich auf die Stadt Luxemburg und den wirtschaftlich starken Süden des Landes. Mit der einheimischen Bevölkerung kann das Großherzogtum die stetig wachsende Zahl von Arbeitsplätzen schon seit Jahren nicht mehr besetzen. Die Wirtschaft ist auf ausländische Arbeitnehmer angewiesen. Sie kommen überwiegend aus Frankreich, Belgien und Deutschland. Insgesamt sind es 185.000 Pendler.
    73 Prozent davon greifen einer jüngsten Studie zufolge auf das Auto zurück. Auch die Einheimischen, die aus allen Winkeln des Landes ins wirtschaftliche Zentrum streben, setzen auf das Auto. Und genau das müsse sich ändern, sagt der Direktor des luxemburgischen Automobilclubs.
    Blick auf die Altstadt von Luxemburg. Im Vordergrund rechts Straßenschilder, die in verschiedene Richtungen weisen - aufgenommen im August 2017
    Nach Luxemburg pendeln auch viele Arbeitnehmer aus Deutschland, Frankreich und Belgien (AFP/Ludovic Marin)
    "Muss ich ein Auto besitzen, um ein Auto zu fahren?"
    Der Automobilclub ist dabei, ein Konzept auszuarbeiten, wie Mitfahrgelegenheiten finanziell gefördert werden können und Jean-Claude Juchem redet mit den Firmen über die Einstellung von Mobilitätsmanagern.
    "Das heißt, eine Person, die versteht, wo die Mitarbeiter herkommen, wo sie hinfahren, um zu beraten. Was gibt es für Alternativen, wie könnt ihr euch sonst organisieren, um mobil zu bleiben? Dass Arbeitgeber vielleicht einen Pool haben mit Wagen, um die Mitarbeiter, die mit dem Bus kommen, mit dem Pool-Car zum Kindergarten fahren können. Das heißt, man muss gucken, dass flexible Lösung zum privaten Wagen eben kommen."
    Multimodale Verkehrskonzepte auf dem Weg
    Auch die Regierung hat eine Reihe großer Infrastrukturprojekte auf den Weg gebracht von denen sie sich eine Entspannung der Verkehrs-Situation erhofft. Vor fünf Wochen wurden ein neuer Bahnhof, eine Standseilbahn und der erste Bauabschnitt der Luxemburger Straßenbahn feierlich eingeweiht.
    Das Orchester mit dem schönen Namen "Tramsmusek" - es hat die Stilllegung der Luxemburger Straßenbahn vor mehr als 50 Jahren bis heute überdauert - hatte eigens für die Inbetriebnahme der Trambahn einen Marsch komponiert. Denn die Straßenbahn gilt als das Herzstück des neuen Mobilitätskonzepts Luxemburgs, sagt Infrastrukturminister Francois Bausch.
    "Ich bin nicht am Ziel, aber das ist eine erste Etappe, weil wir haben mit diesen drei großen Infrastrukturen, die wir heute eröffnet haben, die Zeichen gesetzt für die Multimodalität, also weg von der Fixierung nur auf das Automobil, weil ich bin überzeugt, die Mobilität im 21. Jahrhundert wird multimodal sein und das hier ist die erste Etappe."
    Straßenbahn als Wirbelsäule des neuen Verkehrskonzeptes
    In vier Jahren soll die Straßenbahn vom Flughafen Findel im Nord-Osten quer durch die Stadt in den Süden bis zur Cloche d’Or führen. Dort entstehen Park and Ride-Parkplätze direkt an der Autobahn. Auf ihrem Weg bindet die Bahn den Kirchberg an, mit seinen zahlreichen Banken, europäischen Institutionen und Beratungsgesellschaften. Und in wenigen Jahren soll sie die Innenstadt passieren und den Hauptbahnhof ansteuern. Die Straßenbahn müsse man sich als Wirbelsäule dieses neuen Verkehrskonzeptes vorstellen, sagt ihr Erbauer, der Generaldirektor von Luxtram, André von der Marck.
    "Wir haben hier in Luxemburg eine große Chance, weil wir die erste Linie mit zehn verschiedenen Knoten verknüpfen, mit dem Bus, dem Zug, dem Flugzeug sogar, damit die verschiedenen öffentlichen Transportmittel zusammen kommen."
    Umsteigen auf Straßenbahn soll attraktiv werden
    Diese Vernetzung müsse funktionieren, damit das Konzept aufgeht, sagt von der Marck. Denn die Busse, die im Minutentakt in Luxemburg verkehren, sind zu Stoßzeiten regelmäßig überfüllt und blockieren sich gegenseitig. Dieses Problem werde die Straßenbahn lösen, verspricht der Luxtram-Chef.
    "Wir werden also mit 22 Wagen pro Stunde in jede Richtung fahren, damit werden wir dieselbe Kapazität haben, wie im Moment 150 Busse."
    120.000 Fahrgäste sollen in der Endausbaustufe täglich die Straßenbahn nutzen. Und der Infrastrukturminister ist sich sicher, dass er die Leute zum Umsteigen bewegen kann. Francois Bausch:
    "Das Angebot ist sehr attraktiv. Wir haben in Luxemburg den billigsten öffentlichen Transport in ganz Europa. Es gibt kein Land in der Europäischen Union, wo die Preise so attraktiv sind wie in Luxemburg. Und das wird auch so bleiben. Und wir haben vor allen Dingen den Vorteil, wir haben einen Preis für sämtliche Verkehrsmittel und man kann mit einem Ticket alles nutzen. Das heißt, es ist sehr unkompliziert."
    Mit einem Ticket durchs ganze Land
    Um Tarifzonen - wie sie Nutzer von Bussen und Bahnen in Deutschland kennen - müssen sich die Fahrgäste in Luxemburg nicht kümmern. Sie fahren mit einem Ticket durchs ganze Land, ganz gleich ob sie im Zug sitzen, im Bus, in der Straßenbahn oder ob sie in die Standseilbahn steigen. Ein Jahresabonnement gibt es zu 440 Euro, die Tageskarte kostet vier Euro und wer in zwei Stunden alles erledigen kann, zahlt die Hälfte, also zwei Euro. Am Preis kann es von daher nicht liegen, sollten die Menschen wider Erwarten nicht einsteigen. Doch wichtiger noch als der Preis, ist die Frage: Bringt der Umstieg den Menschen den erhofften Zeitgewinn? Fahrgäste der Trambahn reagieren positiv.
    "Ich gewinne etwa fünf bis zehn Minuten damit. Aber am Anfang hat es nicht reibungslos funktioniert. Aber wenn es sich mal eingespielt hat, bringt es mir einen kleinen Zeitvorteil."
    "Ich arbeite auf Kirchberg und benutze die Bahn, um zwischen den verschiedenen Büros hin und her zu fahren, ich selbst kann leider von meinem Heimatort zu meiner Arbeitsstelle nicht profitieren, aber ich werde die Tram benutzen, wenn sie in die Stadt fährt."
    Pendler fahren etwa 28.000 Kilometer pro Jahr
    An der Straßenbahnhaltestelle vor dem Europaparlament in Luxemburg warten zwei Fahrgäste auf die Bahn. Eingefleischte Autofahrer, seit drei Tagen erst testen sie das neue Angebot.
    "Es viel weniger stressig. Wir probieren es und wir sind ganz zufrieden, denn für die 20 Kilometer, die wir zurücklegen müssen, brauchen wir mitunter anderthalb Stunden, manchmal sogar zwei. Es hängt am Verkehr, ob es einen Unfall gibt und mit dem Zug, wenn du einen verpasst, nimmst du den nächsten, es ist viel sicherer und weniger ermüdend."
    Anderthalb Stunden dauere auch die Fahrt mit dem Zug, der Seilbahn und der Straßenbahn, um von zu Hause zum Arbeitsplatz zu kommen, ein wirklicher Zeitvorteil sei die öffentliche Alternative daher nicht.
    "Nein, leider nicht, nur einen Nervenvorteil und mit dem Auto ist es sehr, sehr nervig."
    Im Schnitt legen die Pendler mit dem Auto pro Jahr bis zu 28.000 Kilometer zurück. Gerade wegen der hohen Kilometerleistung wurde daher die Nutzung von Dieselfahrzeugen in Luxemburg über steuerliche Anreize jahrelang gefördert. Bis Anfang des vergangenen Jahres, dann wurde die Förderpraxis radikal umgestellt von der steuerlichen Entlastung hin zur steuerlichen Belastung. Seitdem werden weniger Dieselfahrzeuge verkauft, aber das bedeutet nicht weniger Individualverkehr. Neueste Zahlen belegen das. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge um 4,4 Prozent auf einen neuen Rekord.
    Nur 19 Prozent der Pendler nutzen Zug oder Bus
    Lediglich 19 Prozent der Bewegungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz werden mit Zug oder Bus zurückgelegt. Aufgrund bestehender Strukturen kommen viele französische Pendler mit dem Zug oder nutzen beides, Zug und Bus. Fahrwege von 40 bis 60 oder mehr Kilometern sind dabei keine Seltenheit.
    "Ich komme aus Longwy und brauche für eine Strecke etwa eine Stunde und 30. Es ist weit. Ich fahre mit der Bahn bis zur Seilbahn Pfaffentahl, weiter mit dem Zug zum Bahnhof, da steige ich erneut um bis Rodange, ja und dann steige ich in mein Auto und fahre heim. Das sind nette Tage, ich schlafe gut abends."
    "Ich bin aus Audun Le Tiche. Ich nehme den Bus und brauche etwa eine Stunde und30, eine Stunde 45 Minuten für eine Strecke. Na ja, zusammen drei bis vier Stunden täglich."
    Das Angebot an Beförderungskapazität in den grenzüberschreitenden Regionalzügen, kann mit der Nachfrage nicht mithalten. Die Bahn hat daher ein umfangreiches Investitionsprogramm aufgelegt, erläutert der luxemburgische Bahn-Chef Marc Wengler.
    "Das Gesamtvolumen zwischen 2013 und 2023 beläuft sich auf 3,8 Milliarden Euro. Das ist ungefähr das Dreifache dessen, was wir die zehn Jahre zuvor hatten."
    Passagierzahlen für die Bahn steigen sprunghaft
    Pro Kopf gerechnet hat die luxemburgische Bahngesellschaft 2016 über 500 Euro in die Verbesserung der Infrastruktur gesteckt, ein Vielfaches dessen, was in Deutschland bereitgestellt wurde. Hierzulande wurden nach Berechnungen des Interessenverbandes Allianz -Pro-Schiene lediglich 64 Euro für die Infrastruktur ausgegeben.
    Luxemburg reagiert damit auf das veränderte Passagieraufkommen. Bis 2005 stagnierten die Passagierzahlen bei etwa 14 Millionen. Seitdem steigen sie sprunghaft, sagt Bahn-Chef Wengler.
    "Bis heute kamen 60 Prozent dazu; wir sind heute über 22, 5 Millionen Passagiere."
    In Richtung Frankreich verkehren die Regionalzüge zu den Stoßzeiten im Zehn-Minuten-Takt. Das reicht nicht aus. Deshalb wurde in Richtung der französischen Grenze eine neue Strecke gebaut. Auch nach Deutschland wird zweigleisig ausgebaut, um die Frequenzen zu erhöhen. Und schließlich hat die Politik Ende des vergangenen Jahres beschlossen, den Bahnhof Luxemburg um vier zusätzliche Gleise zu erweitern. Die luxemburgische Bahn ist auf Wachstumskurs. Bahn-Chef Wengler:
    "Wir haben in all unseren Sparten sehr viel Wachstum. Wir haben den Umsatz in zehn Jahren verdoppelt. Wir haben in diesem Jahr schon wieder eine neue Ausschreibung gemacht, um neue Züge zu kaufen. Da sprechen wir von 34 zusätzlichen Zügen. Unser Park umfasst im Moment 82. Und wir stellen die letzten zwei drei Jahren jedes Jahr 300 Leute ein. Im Moment sind wir 4.500 und dieser Rhythmus wird in den nächsten Jahren auch so weitergehen."
    Stand mit einer Reihe Miet-Fahrrädern in Luxemburg-Stadt. Das Projekt "veloh!" erlaubt es, gegen eine kleine Gebühr, die Fahrräder zu benutzen und anschliessend an einem anderen Stand wieder abzustellen.
    Die Konzepte, die die Straßen entlasten sollen, umfassen auch Miet-Fahrräder (dpa / Romain Fellens)
    Die vier Kabinen der beiden nebeneinander liegenden Standseilbahnen bewegen sich vollautomatisch. Zu ihrer Einweihung am 10. Dezember gab sich nicht nur ein Chor die Ehre, sondern auch ein Schneegestöber. Aber die Kabinen, Schweizer Fabrikate, funktionierten so präzise wie ihre berühmten Vorbilder in den Alpen. Sie schaufeln im Normalbetrieb stündlich 6.000 Fahrgäste vom Tal auf den Berg, das heißt vom Bahnhof Pfaffenthal auf den Kirchberg. Auch mit dieser Maßnahme hofft Infrastrukturminister Francois Bausch seinem großen Ziel einen Schritt näher zu kommen.
    "Mein Ziel ist es, das zu erreichen, was man in der Schweiz zum Beispiel erreicht hat. In Städten wie Zürich, oder Ballungsgebieten wie Zürich, gibt es längst durch ein gutes Angebot an öffentlichem Verkehr, gute Fußgängerwege, gute Fahrradwege, gibt es einen öffentlichen Anteil an Fahrrädern, Fußgängern und öffentlichem Verkehr von 60 Prozent ungefähr gegenüber 40 Prozent Individualverkehr. Also Ziel ist es schon, durch diese riesigen Ausgaben, die wir zurzeit tätigen, die Qualität so zu steigern, dass wir das erreichen können."
    Vorschlag zur Rettung: Heimarbeit
    Angesichts eines wirtschaftlichen Wachstums zwischen jährlich 3,5 bis 5 Prozent und 10.000 zusätzlicher Arbeitsplätze pro Jahr, wird ein großer Teil des erzielten Mobilitätsfortschritts durch die Wachstumsdynamik wieder aufgefressen. Der Wirtschaftsminister des Landes, Etienne Schneider, denkt daher über ganz andere Lösungsansätze nach: Heimarbeit gegen den Stau.
    "Meine Idee, wenn ich das mal ganz banal darstellen kann, wenn jeder im Schnitt einen Tag die Woche von zu Hause arbeiten würde, würde das das Verkehrsaufkommen hier um 20 Prozent verringern. Das würde uns schon sehr viel helfen und es wäre auch eine Maßnahme, die relativ schnell funktionieren könnte. Und deshalb bin ich wirklich der Meinung, dass man versuchen soll, so viel wie möglich auf diese Heimarbeit in Zukunft zu setzten, die halt möglich wird durch diese Digitalisierung, die natürlich nicht in jedem Berufszweig möglich ist, das ist ganz klar. Aber prinzipiell denke ich, dass das eine sehr gute Maßnahme sein könnte."
    Für den Gesundheitssektor zum Beispiel, der fast vollständig von ausländischen Arbeitskräften getragen wird oder für den Handel, der ebenfalls auf ausländische Arbeitnehmer setzt, wäre das sicherlich keine Option, weil Mitarbeiter Präsenzpflicht haben. Aber nicht jeder Bankangestellte oder jeder Berater muss jeden Tag ins Büro.
    Steuerliche Tücken für Grenzgänger
    Insofern wäre dieser Vorschlag für einen großen Teil der Grenzgänger machbar. Aber er hat steuerliche Tücken. Das deutsch-luxemburgischen Doppelbesteuerungsabkommen von 2012 bildet solche Überlegungen ganz und gar nicht ab, erläutert Patrick Freichel vom luxemburgischen Gewerkschaftsbund OGBL.
    Das heißt also, wenn ich an mehr als 19 Tagen pro Jahr für meinen luxemburgischen Arbeitgeber in Deutschland arbeite, dann muss ich ab dem ersten Tag in Deutschland Steuern zahlen für diese Arbeit und das Problem dabei ist der riesige administrative Aufwand."
    Schon jetzt könnten die Betroffenen, im Moment überwiegend Handwerker und Service-Techniker, die mit dieser Regel verbundenen Dokumentationspflichten kaum noch bewältigen, so Freichel. Die Steuersätze stellten hingegen kein Problem dar, weil sie zwischen Deutschland und Luxemburg kaum differierten, dafür aber bereite die Sozialversicherung Sorgen, so der Gewerkschafter.
    "Die besagt, dass, wenn ich mehr als 25 Prozent von meiner vertraglichen Arbeitszeit außerhalb Luxemburgs in meinem Wohnsitzland arbeite, dass ich dann kein Anrecht mehr habe, in der luxemburgischen Sozialversicherung zu bleiben. Das heißt, wenn ich eine Ausweitung haben will, dann muss ich das mit berücksichtigen."
    Die Frage nach der Versteuerung: Lösungen gesucht
    Der Wirtschaftsminister weiß, dass sich für die Grenzgänger keine wirtschaftlichen Nachteile ergeben dürfen, wenn sie auf das Heimarbeitsmodell eingehen sollen und es ist ihm auch bewusst, dass die an das Großherzogtum Luxemburg angrenzenden Staaten nicht geneigt sind, auf Steuergroschen zu verzichten.
    "Ich bin der Meinung, dass es da zwei Wege gibt. Entweder wir finden Abkommen mit den jeweiligen Nachbarstaaten um halt zu sagen: Okay, wenn diese Heimarbeit gemacht wird, ab einer gewissen Anzahl von Stunden oder Tagen in denen diese Heimarbeit gemacht wird, sind wir bereit, das Steueraufkommen zu teilen, mit dem jeweiligen Nachbarland. Da muss man dann verhandeln, wie das genau aussehen soll. Es muss aber allerdings so sein, dass die Leute weiterhin in Luxemburg besteuert werden, dass auch die Sozialversicherung weiter in Luxemburg bezahlt wird, weil es ansonsten für die Mitarbeiter uninteressant wird, auf diese Heimarbeit einzugehen."
    Schneider hat bereits mit französischen Abgeordneten und auch mit der Wirtschaftsministerin des Saarlands gesprochen. Man zeige Offenheit gegenüber dem Vorschlag, sagt Schneider. Allerdings möchte er das Doppelbesteuerungsabkommen nur ungern ändern.
    "Es muss auch so sein, dass dieses Geld, das dann in die Nachbarregionen fließt, das es dann auch in den Regionen bleibt, dass es nicht nach Berlin geht, dass es nicht nach Paris geht, dass es nicht nach Brüssel geht, aber das es wirklich in der Region investiert werden kann."
    Heimarbeitsproblematik angestrebt
    Grenzgänger, die in Luxemburg arbeiten, versteuern grundsätzlich am Arbeitsort, also in Luxemburg. Grenzgänger die in Deutschland beschäftigt sind - zum Beispiel etwa 18.000 Franzosen, die ins Saarland pendeln - versteuern ihre Einkommen am Wohnort, also in Frankreich. Die unterschiedliche steuerliche Veranlagung ist jeweils das Ergebnis bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Die gelebte Wirklichkeit im grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt bilden die Abkommen nur unzureichend ab. Immerhin zahlt der französische Staat seit kurzem einen finanziellen Ausgleich an Deutschland wegen entgangener Steuereinnahmen. Vergleichbare Abkommen mit Luxemburg bestehen nicht. Deshalb ist die vom luxemburgischen Wirtschaftsminister genannte zweite Möglichkeit zur Lösung der angestrebten Heimarbeitsproblematik wohl die wahrscheinlichste.
    "Wenn wir es nicht fertig bringen, ein korrektes Abkommen mit unseren Nachbarstaaten zu finden, dann müssen wir überlegen, ob wir auf den Weg gehen, dass halt, okay, der Grenzgänger in seinem Land für diese Tage besteuert wird und dass wir da einen Ausgleich zahlen von Luxemburger Seite her. Das ist die zweite Möglichkeit, es wäre in dem Sinne die einfachere, weil sie halt schneller umsetzbar wäre."
    Höchste Pkw-Dichte in ganz Europa
    Auch die Stadt Luxemburg versucht Verkehrsströme zu lenken. Sie hat den Bebauungsplan geändert und verknappt damit das Parkplatzangebot. Firmen, die zum Beispiel Büros planen, müssen für 175 Quadratmeter Fläche nur noch einen Parkplatz einkalkulieren. Und wer in Luxemburg den Streit um den Parkplatz leid ist, der reagiert so wie Yvonne. Sie hat ihr Fahrzeug auf einem Park and Ride - Platzplatz auf deutscher Seite abstellt und steigt zu einer Kollegin ins Auto.
    "Wir arbeiten in der gleichen Firma und dann wechseln uns jeden Tag ab. Wir haben zu viele Mitarbeiter halt und dann zu wenige Parkplätze."
    All das hält die Luxemburger aber nicht davon ab, weiterhin in großem Stil Autos zu kaufen. Auf 1.000 Einwohner kommen in Luxemburg 661 Pkw, höher ist die Pkw-Dichte nirgendwo in Europa.