Donnerstag, 28. März 2024

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Verkehrsverband
"Solidaritätspakt für unsere Infrastruktur "

Der Erhalt und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sei eine nationale Aufgabe, sagte Jürgen Fenske, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, im DLF. Statt eine "etwas ärgerliche" PKW-Maut-Debatte zu führen, müsse diskutiert werden, ob der Solidaritätszuschlag nicht für die Infrastruktur verwendet werden sollte.

Jürgen Fenske im Gespräch mit Matthias von Hellfeld | 13.09.2014
    Matthias von Hellfeld: Geld wird dringend benötigt für die Verkehrsinfrastruktur. Wer könnte das besser beurteilen als der Präsident des Verbandes der Verkehrsunternehmen, Jürgen Fenske. Was wird uns der Erhalt der bestehenden Infrastruktur in den kommenden Jahren wirklich kosten?
    Fenske: Das ist durch verschiedene hochkarätige Kommissionen, Daehre- und Bodewig-Kommission, mehrfach gerechnet, von den Verkehrsministern geprüft, für alle Verkehrsträger: Schiene, Straße und Wasserwege 7,2 Milliarden Euro pro Jahr.
    von Hellfeld: Das ist nur der Erhalt des bestehenden Systems. Was müssten wir investieren, um das erhöhte Verkehrsaufkommen einigermaßen vernünftig abwickeln zu können?
    Fenske: Die 7,2 sind ausschließlich für den Erhalt. Für den Neubau und für den Ausbau, für Lückenschlüsse brauchen wir weitere zusätzliche Milliarden, die ich jetzt aber konkret nicht beziffern kann. Da gibt es eine Projektliste, die in den Bundesländern beim Bundesverkehrsminister zusammengeführt wird. Aber für den Ausbau werden wir weitere sechs bis sieben Milliarden Euro pro Jahr brauchen.
    Eine etwas ärgerliche PKW-Maut-Debatte
    von Hellfeld: Was wäre Ihr Vorschlag, wo das Geld herkommen soll?
    Fenske: Es gibt einen sehr konkreten Vorschlag, den diese zitierte Bodewig-Kommission gemacht hat, um den Erhaltungsinvestitionsaufwand zu finanzieren. Der hat folgende Bausteine, dass 2,7 Milliarden Euro mehr aus Steuermitteln kommen, dass die LKW-Maut auf die Bundesstraßen erweitert wird und damit weitere drei Milliarden Euro in einen solchen Fonds einspeist, und dass die LKW-Maut auf LKW unter 7,5 Tonnen ausgeweitet wird. Dieses Konzept liegt auch schon ein gutes halbes Jahr vor. Insofern brauchen wir, ehrlich gesagt, nicht eine etwas ärgerliche PKW-Maut-Debatte, die wir im Augenblick in Deutschland führen.
    Im Übrigen möchte ich auch angesichts der aktuellen Diskussion über die Zukunft des Solidaritätszuschlages folgendes sagen: Wir freuen uns schon, dass in der Politik das Thema Verkehrsinfrastruktur angekommen ist, auch wenn deutlich noch keine Ergebnisse in der Finanzierung erzielt worden sind. Wenn aber Infrastruktur eine nationale Aufgabe ist, dann wäre es doch eigentlich nur logisch und folgerichtig, wenn man sich darüber unterhalten würde, ob der Solidaritätspakt künftig ein Solidaritätspakt für unsere Infrastruktur ist. Auf Fachebene sind wir uns alle einig: Verkehr, wir sind im Stau, wir stehen im Stau, das ist volkswirtschaftlich unglaublich teuer. Deswegen ist das richtig und gut angelegtes Geld.
    von Hellfeld: Noch mal so eine Basisfrage: Wem gehört eigentlich die Infrastruktur?
    Fenske: Das ist in Deutschland geschichtlich gewachsen und sehr unterschiedlich. Wir haben die Bundesautobahnen zum Beispiel oder das Bundesschienenwegenetz. Da macht ja der Begriff schon deutlich, dass der Bund der Eigentümer ist. Dann gibt es Kommunalstraßen, es gibt Landesstraßen, es gibt die Schienennetze der kommunalen ÖPNV-Unternehmen wie beispielsweise meines, Kölner Verkehrsbetriebe. Das gehört am Ende des Tages der Stadt. Es gibt sogenannte nicht bundeseigene Eisenbahnen; das sind die Hafenbahnen, also zum Beispiel der Hafen Hamburg, aber auch der Hafen Köln. Die betreiben einige Schienennetze. Das geht also querbeet.
    Keine Ideologischen Debatten führen
    von Hellfeld: Was halten Sie denn, jetzt auch im Zusammenhang von all diesen Besitzern sozusagen gesprochen, von privaten Investoren bei der Verbesserung der Infrastruktur?
    Fenske: Private Investoren sind zum einen deshalb interessant, weil wenn der Haushalt aktuell in diesem, im nächsten, im übernächsten Jahr die notwendige Finanzierung nicht sicherstellen kann und es private Investoren gibt, die da bereitstehen, dann sollte das willkommen sein. Erstens.
    Zweitens: Man wird sicherlich jedes Projekt langfristig sich angucken müssen, rechnen müssen, ist das eine Rechnung, die für den öffentlichen Haushalt aufgeht, oder zahlt der öffentliche Haushalt drauf, weil natürlich der Bund beispielsweise bessere Finanzierungskonditionen auf dem Kreditmarkt hat als private Investoren. Ich bin da nicht für einfache Antworten. Es gibt ja Positionen des Bundesfinanzministers, es gibt Positionen des Bundesrechnungshofes. Ich meine, man muss sich jedes Projekt ganz genau in den Zahlen angucken, und ich würde keine ideologische Debatte führen, die da lautet, ÖPP oder Public Private Partnership geht nicht, sondern man muss sich jedes Projekt angucken.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.