Mittwoch, 24. April 2024

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Verlängerung des Kurzarbeitergeldes
"Wir brauchen diese stabile Brücke, um Arbeitsplätze zu sichern"

Arbeitsminister Hubertus Heil hat die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes gegen Kritik verteidigt. In der „tiefsten Wirtschaftskrise unserer Generation“ sei es vernünftig, mit Kurzarbeit Beschäftigung zu sichern, sagte Heil im Dlf. Gleichzeitig müsste die Wirtschaft angekurbelt und modernisiert werden.

Hubertus Heil im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker | 26.08.2020
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD)
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht im Kurzarbeitergeld ein wichtiges Instrument in der Corona-Krise (dpa/Danny Gohlke)
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD haben sich nach zähen Verhandlungen darauf geeinigt, die Zahlung von Kurzarbeitergeld in der Coronakrise zu verlängern. Sie folgten dem Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Kurzarbeit von regulär 12 Monaten auf bis zu 24 Monate auszuweiten. Die verlängerte Bezugsdauer soll für Betriebe gelten, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Längstens soll das Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2021 verlängert werden. Damit die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Milliardenkosten für Kurzarbeit schultern kann, soll sie durch einen Zuschuss aus Steuergeldern unterstützt werden.
Kommentar: Kurzarbeitergeld ist gut, aber nicht mit der Gießkanne
Die Coronakrise dürfte uns noch einige Zeit begleiten, eine Verlängerung der Kurzarbeit sei daher in vielen Bereichen wichtig, kommentiert Mischa Erhardt. Dennoch: Kurzarbeitgelder sollten nur dorthin fließen, wo die Arbeitsplätze auch eine realistische Zukunft nach der Krise haben.
In Interview mit dem Dlf bezeichnete Arbeitsminister Heil Kurzarbeit als "im Moment die stabilste Brücke über ein tiefes wirtschaftliches Tal". Zwar sei Kurzarbeit "sehr, sehr teuer". Die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit wäre jedoch "wirtschaftlich und sozial um ein Vielfaches teurer", sagte der SPD-Politiker. Daher könne man nicht tatenlos zuschauen, wie Millionen von Arbeitsplätzen wegspült würden.
Es sei wirtschaftlich vernünftig, die Brücke Kurzarbeit zu bauen, um Arbeitsplätze zu erhalten und gleichzeitig die Wirtschaft wieder anzukurbeln, aber auch zu modernisieren. Daher solle die Kurzarbeit im kommenden Jahr auch mit Weiterbildung verknüpft werden, erläuterte Heil. Deutschland müsse nach dieser Krise digitaler, auch ökologischer und sozialer sein.
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Umfrage zur Coronakrise - Firmen rechnen mit monatelangen Einschränkungen
Eine Umfrage lässt aufhorchen: Die deutsche Wirtschaft geht wegen Corona noch lange von Einschränkungen des öffentlichen Lebens aus. Je nach Branche fallen die Einschätzungen, wie lange der Krisenmodus noch dauert, unterschiedlich aus.

Lesen Sie hier das vollständige Interview im Wortlaut.
Ann-Kathrin Büüsker: Herr Heil, das Kurzarbeitergeld, die Bezugsdauer jetzt schon zu verlängern, statt mal abzuwarten, wie sich die Krise entwickelt – war das unter Umständen etwas überstürzt?
Hubertus Heil: Nein! Denn Tatsache ist, dass wir mit der tiefsten Wirtschaftskrise in unserer Generation zu tun haben, und die wird nicht ab 1. Januar vorbei sein. Wir rechnen zwar im Jahresverlauf nächsten Jahres mit einer stückweisen Erholung der deutschen Wirtschaft. Das ist auch die Prognose der Wirtschaftsforschungsinstitute. Und dann kann man irgendwann auch Kurzarbeit zurückfahren. Das ist auch vereinbart. Aber wir brauchen diese stabile Brücke, um Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern, und Kurzarbeit ist im Moment die stabilste Brücke über ein tiefes wirtschaftliches Tal.
"Massenarbeitslosigkeit wäre um ein Vielfaches teurer"
Büüsker: Aber wie stabil ist diese Brücke tatsächlich? Gerade erst gestern kamen neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes, denen zufolge Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen im ersten Halbjahr 2020 51,6 Milliarden mehr ausgegeben haben, als sie eigentlich hatten. Diese Maßnahme, die Sie gerade als Brücke beschreiben, die reißt doch auch ein kräftiges Loch in die Finanzen.
Heil: Ja, Kurzarbeit ist zugegebenermaßen sehr, sehr teuer. Aber die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit wäre wirtschaftlich und sozial für unsere Gesellschaft um ein Vielfaches teurer. Ich mache es mal konkreter. Ich war in den letzten Tagen und Wochen sehr viel unterwegs in Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern, in Nordrhein-Westfalen. Ich habe mit Unternehmen der Gastronomie gesprochen, die gesagt haben, wir haben diese Brücke gebraucht, um tatsächlich aufzuholen. Ich war bei Maschinenbau-Unternehmen, sogar bei modernen Wasserstofftechnologie-Unternehmen, die gesagt haben, wir haben Kurzarbeit genutzt, jetzt geht es Stück für Stück wieder aufwärts. Aber wir haben Branchen, die sind darauf angewiesen, dass wir diese Brücke auch ins nächste Jahr bauen.
Ein lachender Großvater trägt ein Mädchen auf den Schultern. Es hält ihm zwei weiße Blumen vor die Augen.
Brauchen wir das bedingungslose Grundeinkommen?
Die Coronakrise bringt neuen Schwung in die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen. Jede Bürgerin und jeder Bürgerin würde es erhalten. Was spricht also dagegen? Wie soll es finanziert werden? Und welche Erfahrungswerte existieren bereits? Ein Überblick.
Wir haben jetzt dafür gesorgt im Koalitionsausschuss, dass wir das auch solide finanzieren. Die Bundesagentur für Arbeit, die das stemmt, hatte am Beginn der Krise große Rücklagen. Die werden jetzt Stück für Stück aufgebraucht. Und wir werden dann helfen, dass die Bundesagentur für Arbeit Ende nächsten Jahres schuldenfrei ist, indem wir als Bundeshaushalt einspringen, auch mit Zuschüssen. Das ist vereinbart, das ist vernünftig, und Sie haben es ja vorhin erwähnt: Weltweit wird das, was wir in Deutschland machen, eher kopiert und bewundert. Es ist vernünftig, dass man nicht in einer Krise reinspart und sie noch verschlimmert, sondern dass man Wirtschaft ankurbelt, dass man Arbeitsplätze sichert, und genau diesen Weg gehen wir.
Büüsker: Das heißt, durch das Instrument der Kurzarbeit wollen Sie die Menschen lieber in Beschäftigung halten auf Kosten des Sozialstaates, statt sie arbeitslos werden zu lassen auf Kosten des Sozialstaates?
Heil: Ja, wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz, und das ist wirtschaftlich auch vernünftig. Wir reden ja hier über Beschäftigte und Unternehmen, die wirklich was leisten können, die nichts dafür können, dass die Pandemie, dass Corona ihnen das Geschäft verhagelt hat. Und da darf man nicht tatenlos zugucken, wie diese Krise Millionen von Arbeitsplätzen wegspült. Ich kann nicht für jeden Arbeitsplatz als Arbeitsminister garantieren. Wir haben ja leider auch einen leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Aber wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz in Deutschland mit dem Instrument der Kurzarbeit.
"Zuversicht für die Unternehmen und die Beschäftigten"
Büüsker: Aber ist das nicht eigentlich versteckte Arbeitslosigkeit?
Heil: Nein! Denn Tatsache ist - Ökonomen sprechen von automatischen Stabilisatoren -, dass es richtig ist, diese Brücken zu bauen, Beschäftigung zu halten, und gleichzeitig mit den Konjunkturmaßnahmen die Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Wirtschaft auch zu modernisieren. Deshalb setzen wir im nächsten Jahr beispielsweise ja auch einen Anreiz, wo immer das möglich ist, Kurzarbeit mit Qualifizierung, mit Weiterbildung zu verknüpfen. Wir wollen durchaus, dass unsere Wirtschaft in dieser Krise nicht nur wieder anspringt, sondern auch wirtschaftlich modernisiert wird. Deutschland muss nach dieser Krise digitaler, auch ökologischer und sozialer sein, und genau diesen Weg gehen wir.
Büüsker: Sie beschreiben einen Strukturwandel, der vor vielen Unternehmen liegt. Nun sagen aber Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft, unter Umständen könnte dieses Instrument der Kurzarbeit dazu führen, dass Unternehmen am Leben gehalten werden, die eigentlich gar nicht mehr fähig sind, am Markt zu überstehen. Ist da die Kurzarbeit unter Umständen eher auch ein Strukturwandel verhinderndes Instrument in einigen Fällen?
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Heil: Nein, aus der Wirtschaft, aus wirklichen Unternehmen und auch aus den Wirtschaftsverbänden höre ich das nicht. Auch die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften unterstützen ja den Weg der Bundesregierung. Und es geht ja nicht darum, dass wir Kurzarbeit auf immer stellen, sondern wir haben im Koalitionsausschuss gestern gesagt, wir verlängern die Brücke, Kurzarbeit wird von 12 auf 24 Monate verlängert. Wir lassen auch den vereinfachten Zugang, damit Unternehmen unbürokratisch davon Gebrauch machen können. Aber wir haben auch eine Vorstellung davon, wie wir Stück für Stück im Rahmen von wirtschaftlicher Erholung diese Maßnahmen wieder zurückführen.
Die sogenannten Expertinnen und Experten, die befürchten, dass das zur Konservierung führt, mit deren Position kann man eigentlich in der Praxis – ich halte das für eine sehr abstrakte Debatte – im Moment nicht viel anfangen. Es geht um Brücken, die wir bauen, es geht um Zuversicht für die Unternehmen und die Beschäftigten, und genau das braucht Deutschland, um gestärkt aus dieser Krise auch wieder herauskommen zu können.
"Wir wollen eine Arbeitsgesellschaft bleiben"
Büüsker: Der Verband der Deutschen Automobilhersteller warnt aber zum Beispiel schon, dass das Kurzarbeitergeld den Stellenabbau eigentlich nur verzögern wird, weil da ohnehin geplant war, viele Stellen ins Ausland zu verlagern.
Heil: Dieser Verband müsste sich mit seinen Mitgliedsunternehmen mal unterhalten, die ja durchaus sagen, wir brauchen diese veränderten Regeln zur Kurzarbeit, zum Beispiel auch in der Zulieferindustrie. Und ich will auch noch mal sagen, dass gerade im Bereich der Automobilwirtschaft, die ja durch Digitalisierung und auch durch den Weg zu neuen Antrieben vor erheblichem Strukturwandel steht, wir auch einen Instrumentenkasten haben, um Qualifizierung, Strukturwandel zu unterstützen. Damit die Beschäftigten von heute auch die Chance haben, die Arbeit von morgen in Deutschland zu machen. Denn wir wollen ja Automobilstandort auch bleiben mit neuen Antrieben und Digitalisierung. Da, finde ich, wenn ich in Unternehmen bin, der Zulieferindustrie oder auch bei den großen Automobilherstellern, zwischen Arbeitgebern und Unternehmen viel mehr Pragmatismus als in einigen Verbandsbüros in Berlin.
Johannes Vogel (FDP) spricht bei einer Sitzung des Bundestages.
Vogel (FDP): Echtes Wachstum bleibt außen vor
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP, Johannes Vogel, hält die Pläne von Union und SPD, das Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 zu verlängern, für nicht zielführend. Zwar sei das Kurzarbeitergeld ein erfolgreiches Kriseninstrument, aber neue Jobs, die zu mehr Wachstum führen, entstünden dadurch nicht, kritisierte Vogel im Dlf.
Büüsker: Sie sehen nicht die Aussage einiger Beobachterinnen und Beobachter, dass die Krise uns eigentlich gerade zeigt, welche Jobs gebraucht werden und welche wir wegrationalisieren könnten?
Heil: Nein, das ist zu holzschnittartig. Wir brauchen sowohl Industrie-Arbeitsplätze in Deutschland als auch Dienstleistungs-Arbeitsplätze. Was die Krise gelehrt hat ist, dass wir stärker die Menschen unterstützen müssen, die tatsächlich den Laden am Laufen halten und zu niedrig verdienen. Das sind die Menschen zum Beispiel in der Pflege oder an der Einkaufskasse. Aber wir wollen auch ein modernes Industrieland bleiben. Das heißt nicht, Strukturwandel aufzuhalten, sondern auf neue Technologien zu setzen, zum Beispiel auf Wasserstofftechnologien, um mit Qualifizierung mitzuhelfen, dass die Beschäftigten den Anschluss in diesen Wandel auch nicht verlieren. Es geht um Chancen und Schutz im Wandel. So verstehe ich mein Amt als Bundesarbeitsminister. Wir wollen eine Arbeitsgesellschaft bleiben. Dafür brauchen wir eine funktionierende Wirtschaft und einen starken Sozialstaat.
Büüsker: Geringverdiener ist ein gutes Stichwort. Linken-Chef Dietmar Bartsch hat ins Gespräch gebracht, bei Geringverdienern das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent aufzustocken. Ist das aus Ihrer Sicht denkbar?
Heil: Wir haben vor allen Dingen jetzt erst mal dafür gesorgt, was wir in der Koalition vereinbart haben, und da bin ich froh, weil die Union hat sich da nicht leicht getan, zu verlängern, nämlich zu sagen, dass die, die ganz lange in Kurzarbeit sind, tatsächlich die Chance haben, nicht nur 60, 67 Prozent zu bekommen, sondern nach vier Monaten auf 70/77 beziehungsweise auf 80/87 Prozent zu kommen. Das federt nicht alle Einkommenseinbußen ab, aber es hilft vielen ganz konkret dafür zu sorgen, dass wenn sie länger in Kurzarbeit sind sie auch über die Runden kommen können. Und wir haben dafür gesorgt, wenn Unternehmen auf 100 Prozent aufstocken, dass das auch weiterhin steuerfrei gestellt ist. Das ist, glaube ich, vernünftig und mit Augenmaß und übrigens auch finanzierbar.
Konzept basiert auf plausiblen Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung
Büüsker: Nun kann keiner von uns, Stand heute, absehen, wie sich die Corona-Pandemie entwickeln wird. Was, wenn es nicht zu den von Ihnen gehofften Erholungseffekten in der Wirtschaft kommt, die Wirtschaftskrise andauert? Wird das Instrument des Kurzarbeitergeldes dann noch mal verlängert?
Heil: Sie haben vollkommen recht, wir haben keine Gewissheiten. Aber wir können mit ein paar plausiblen Annahmen arbeiten. Unser Konzept basiert auf der Annahme, dass wir wie gesagt, wie die meisten prognostizieren, eine langsame Erholung im nächsten Jahr, eine Aufholjagd starten können. Wir müssen davon ausgehen, dass wir noch keinen Impfstoff haben bis Ende nächsten Jahres und dass weltweit das Pandemie-Geschehen auch den Export dämpft. Das ist unterlegt.
Nun wissen wir aber alle nicht genau, was passiert, und deshalb ist es richtig, dass wir uns Verordnungsermächtigungen auch geben im Gesetz, um im Zweifelsfall dann noch mal neu zu überlegen und auch flexibel zu entscheiden. Aber erst mal gehen wir jetzt diesen Weg auf Basis der plausiblen Annahmen der Wirtschaftsforschungsinstitute und auch der Frühjahrsprognose der Bundesregierung. Das ist ein ökonomisches Szenario, was wir unterlegt haben mit diesen Maßnahmen, und ich bin froh, dass der Koalitionsausschuss meinen Vorschlägen gestern auch gefolgt ist.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institutes fur Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin
DIW-Präsident Fratzscher: "Signal des Vertrauens" addon
DIW-Chef Marcel Fratzscher sieht die verlängerten Corona-Krisenhilfen als Signal des Vertrauens. Es gelte weiterhin die Unternehmen am Leben zu halten. Das Paket der Bundesregierung sei ein kluges. Die Wirtschaft und die Beschäftigten brauchten noch für einige Zeit die Unterstützung. Es gehe um das Überleben und um die kurzfristige Stabilisierung. Dass die Krise vorbei sei, sei eine Illusion. Man werde mit Sicherheit einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen erleben und damit einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Die Kritik, dass ein notwendiger Strukturwandel verhindert würde, wertet er als falsch, weil gerade die jungen, innovativen Unternehmen gestützt würden. Die Solo-Selbstständigen sollten allerdings mehr Unterstützung erhalten.
Büüsker: Heißt aber, wenn es hart auf hart kommt, würden Sie gerne verlängern?
Heil: Ich will nicht darüber spekulieren. Aber ich will, dass wir flexibel sind, dann über Verordnungsermächtigungen – und einige haben wir übrigens auch im Gesetz schon – notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Erst mal setze ich aber darauf, dass dieser Mix, den wir gestern geschaffen haben, Kurzarbeit als Instrument zu verlängern und dann Stück für Stück im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung auch wieder zurückzufahren, der richtige Weg ist.
Weg offen für grundlegende Wahlrechtsreform
Büüsker: Der Koalitionsausschuss hat sich ja gestern Abend auch darauf verständigt, eine Wahlrechtsreform auf den Weg zu bringen. Jetzt haben wir heute Morgen schon mit Britta Haßelmann gesprochen, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, also Opposition. Sie hat diese Reform kräftig kritisiert. Das sei gar keine Reform, ein fauler Kompromiss, und der Bundestag werde dadurch überhaupt nicht kleiner. Wie beurteilen Sie das, was da gestern beschlossen wurde?
Heil: Erst mal muss ich sagen, dass ich froh bin – da haben ja viele nicht mehr mit gerechnet -, dass man den Knoten da gestern durchschlagen hat. Es hat sehr, sehr lange gedauert. Das hat Frau Haßelmann, glaube ich, auch in Ihrem Interview zurecht gesagt. Das lag daran, dass die Union lange nicht aus dem Quark gekommen ist, auch zwischen CDU und CSU. Aber jetzt haben wir deutlich gemacht, diese Koalition ist handlungsfähig, wir haben eine gemeinsame Lösung in zwei Schritten.
Im ersten Schritt gibt es Maßnahmen, die greifen bei der nächsten Bundestagswahl, um tatsächlich ein Aufblähen des Bundestages zu bremsen. Der Weg ist offen für eine grundlegende Reform, die ja noch ein paar andere Fragen zu beantworten hat. Und ich finde es wichtig im Übrigen, dass gerade mit Blick auf das, was wir in den USA gerade erleben, wo das Wahlrecht zur politischen Waffe in einem Wahlkampf gemacht wird, wir versuchen, das in Deutschland anders zu machen, dass wir nicht das Wahlrecht parteipolitisieren. Jetzt ist der Weg offen und das sollten wir eigentlich auch umsetzen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.