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Vermögen von Flüchtlingen
Noch fehlt der Überblick

Dass bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen nach möglichen Vermögen gefragt wird, ist nicht neu, sondern steht so schon im geltenden Asylbewerberleistungsgesetz. Ob die Menschen, die sich nach Deutschland geflüchtet haben, aber noch viel Geld haben, ist fraglich. Die Behörden sind gerade dabei, sich einen Überblick zu verschaffen.

Von Volker Finthammer | 21.01.2016
    Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Berlin im Oktober 2015
    Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Berlin im Oktober 2015 (imago stock & people / Christian Thiel)
    Wenn an der Meldung, dass Flüchtlinge auch in Deutschland ihr Bargeld abgeben müssen, etwas überraschend ist, dann ist dies allenfalls die Tatsache, dass in Baden-Württemberg im vergangenen Dezember im Durchschnitt vierstellige Beträge von jedem Flüchtenden eingenommen wurden, bevor sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch nehmen konnten. Nach dieser Rechnung müssten da am Ende nicht unerhebliche Beträge stehen. Doch davon kann überhaupt keine Rede sein, wie eine kurze telefonische Abfrage in Berlin, Bayern und Baden-Württemberg ergab.
    Nach dem geltenden Asylbewerberleistungsgesetz müssen die Behörden bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge diesen Anspruch geltend machen. Das Gesetz enthält in Paragraph 7 klare Regelungen dazu. Da heißt es etwa gleich im ersten Satz: "Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen."
    Zuständig für die Kontrolle sind die jeweiligen Erstaufnahmestellen in den Bundesländern und nicht die Polizisten an der Grenze. Bei der Erstaufnahme sollen die möglichen Guthaben der Flüchtenden geprüft werden. Das ist auch der Grund dafür, dass die einbehaltenen Beträge zwischen den Bundesländer variieren, da jeweils andere Kostengrößen für Unterkunft und Verpflegung angesetzt werden. Die Telefonabfrage unter den zuständigen Landesbehörden in Berlin, Bayern und Baden-Württemberg ergab kein einheitliches Bild. Auch konnte kaum eine Stelle kurzfristig Auskunft darüber geben, wieviel Bargeld in den zurückliegenden Monaten eingenommen wurde.
    Der bereits genannte vierstellige Betrag, der da durchschnittlich eingenommen werde, erscheint recht hoch. Vor dem Hintergrund, dass viele Flüchtlinge bereits Tausende Euro für Schlepper Organisationen ausgegeben haben, erscheint er auch nicht ganz unwahrscheinlich. Doch die Realität sieht offenbar ganz anders aus. Angesichts der Debatte sind die zuständigen Landesbehörden derzeit dabei, sich da einen Überblick zu verschaffen.
    Im Regierungsbezirk Stuttgart gab es nach den Angaben einer Sprecherin bislang keinen Fall bei dem Vermögen eingezogen wurde. Das gleiche gilt für den Regierungsbezirk Tübingen. Damit stehen bereits zwei der vier Regierungsbezirke in Baden Württemberg ohne solche Einnahmen da. Für Bayern und Berlin gibt es noch keine konkreten Angaben. Soll heißen: Die Regelung existiert und es mag den einen oder anderen Zufallsfund geben, aber von wirklichen Größenordnungen kann keine Rede sein, zumal auch unter den Flüchtenden der elektronische Zahlungsverkehr über Western Union oder andere internationale Finanzdienstleister keine Unbekannte sein dürfte. Letztlich dürften es bundesweit recht wenige Fälle sein, in denen diese Regelung aus dem Asylbewerberleistungsgesetz überhaupt greift.