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Versicherungen
Branche wächst trotz Mini-Zinsen

Obwohl die aktuellen Mini-Zinsen derzeit den Abschluss neuer Lebensversicherungsverträge unattraktiver erscheinen lassen, haben die Versicherer selbst hier ein Plus verzeichnen können. Insgesamt geht es der Branche gut, wie die Zahlen für 2014 des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigen.

Von Michael Castritius | 13.03.2015
    Ein Taschenrechner und Münzen liegen auf einem Blatt Papier, auf dem Lebensversicherung steht
    Niedrige Zinsen bei der Kapitallebensversicherung. (dpa/picture alliance/Arno Burgi)
    Man kann die erschwerte Branchenlage mit den extrem niedrigen Zinsen auch sportlich nehmen - wie Alexander Erdland, der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft:
    "Wenn wir gut durch diese Zinswüste kommen wollen und das Vertrauen unserer Kunden rechtfertigen wollen, dann müssen wir uns nicht auf einen Sprint einstellen, sondern es geht um einen Langstreckenlauf. Wir machen keinen 100-Meter-Lauf, sondern wir sind auf einer Langstrecke unter erschwerten Witterungsbedingungen. Ich will mich nicht lange über das Wetter und die EZB-Politik beschweren. Wir als Branche müssen uns darauf einstellen, dass die Dürre an den Märkten für uns Realität ist. Die Zahlen für 2014 sind dabei eine Ermutigung."
    Für diesen Langstreckenlauf durch die Zinswüste haben die Versicherungsunternehmen offenbar noch mal aufgetankt. Über 192 Milliarden Euro überwiesen die Deutschen im letzten Jahr an Beiträgen, 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Da gleichzeitig erheblich weniger Schäden auszugleichen waren - 2013 hatte es noch Flut, Hagel und Stürme gegeben - erwarten allein die Schaden- und Unfallversicherer einen Gewinn von drei Milliarden Euro.
    "Ein gutes Geschäftsjahr 2014 ist den Versicherern gelungen, in einem zum Teil schwierigen Umfeld."
    Deutsche sind Versicherungsweltmeister
    Vieles ist auch alles andere als schwierig, schließlich sind die Deutsche Versicherungsweltmeister. Über 450 Millionen Verträge laufen hier, wir decken uns gegen alle Unwägbarkeiten des Lebens ab: Unfall, Unwetter, Alter oder Tod.
    Die Haftpflicht- und die Autoversicherung halten die Deutschen für die wichtigsten Policen, gefolgt von Hausrat-, Gebäude- und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
    Entgegen allen Unkenrufen – auch aus der Branche selber – wächst selbst der Markt für Lebensversicherungen noch. Das Neugeschäft stieg um 3,8 Prozent. Gefragt waren vor allem Verträge gegen einen Einmalbetrag. Beitragsanstieg insgesamt: gut drei Prozent. Trotz der niedrigen Zinsen.
    "Wir beschönigen nicht die Herausforderungen und die Problemstellung, in der wir sind durch die niedrigen Zinsen. Die Lebensversicherungen bleiben extrem gefordert, ganz wesentlich im Interesse der Kunden."
    GDV sieht Nachholbedarf bei der Altersvorsorge
    Erheblichen Nachholbedarf – und damit Geschäftsmöglichkeiten - sieht Verbandspräsident Alexander Erdland bei der Altersvorsorge.
    Für die Mittelschicht, nicht die sozial Schwachen.
    "Dort wo Menschen nicht oder nur unregelmäßig in Arbeit waren, da ist der Sozialstaat gefordert. Wir adressieren die Leute, die die Möglichkeit hätten, mit Unterstützung des Staates zusätzlich zur gesetzlichen Rente privat weitere Vorsorge zu treffen. Hier sollte der Staat die Fördersätze von vor mehr als zehn Jahren anpassen, zumal der Staat ja auch der ganz wesentliche Profiteur dieser niedrigen Zinsen ist. Also hier einen Teil diesen Menschen für ihre Altersvorsorge zurückgeben."
    Eine wichtige Baustelle der Deutschen Versicherungswirtschaft bleibt der schlechte Ruf vieler seiner Mitarbeiter vor Ort: der Makler, der Versicherungsvertreter, die Unnötiges aufschwatzen, um möglichst hohe Provisionen einzustreichen. Seinen Verhaltenskodex hat der GDV bereits überarbeitet, jetzt soll er unabhängig überprüft werden.