Donnerstag, 28. März 2024

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Viehof-Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen
Gigantische Schau der Gegensätze

Die Kunstsammlung der Gebrüder Viehof stellt eine beeindruckende Kollektion von nahezu 1000 Kunstwerken der vergangenen 50 Jahre dar. Erstmals sind annähernd zwei Drittel dieser Sammlung in einer wahren Mammutschau komplett ausgebreitet worden: Beuys, Kippenberger, Richter, Baselitz, Polke, Trockel sind nur einige der gezeigten prominenten Künstler.

Von Carsten Probst | 03.10.2016
    Eine Frau schaut sich am 30.09.2016 in Hamburg in den Deichtorhallen in der Ausstellung «Sammlung Viehof - Internationale Kunst der Gegenwart» während eines Pressetermins das Werk «Männer mit Flugzeugen» des Künstlers Neo Rauch an. Die Sammlung Viehof, eine der bedeutendsten deutschen Privatsammlungen, wird vom 01.10.2017 bis 22.01.2017 in den Hamburger Deichtorhallen ausgestellt.
    Sammlung Viehof ausgestellt in den Deichtorhallen (dpa / picture alliance / Daniel Bockwoldt)
    Es ist eine Schau der Gegensätze, die sich in den Hamburger Deichtorhallen bietet: Georg Baselitz, pathetisch-ausladend mit einigen Großformaten aus seiner Remix-Serie platziert, findet sich plötzlich den pictogrammartig reduzierten Porträts von Julian Opie gegenüber, während im Saal nebenan große geometrisch strenge Malereien von Günter Förg eine völlig andere Sprache sprechen. Der Weitläufigkeit und der lichten Höhe der Hamburger Deichtorhalle ist es vor allem zu verdanken, dass die zum Teil ziemlich wild gehängten Werke den Betrachter nicht erschlagen – im Gegenteil ergeben sie da und dort tatsächlich den Eindruck einer abwechslungsreichen Bilderlandschaft, der man allerdings anmerkt, dass sie aus mehreren höchst unterschiedlichen Teilen zusammengefügt wurde.
    Da ist zum einen das Konvolut des passionierten Kölner Kunstsammlers und Arztes Reinhold Speck, der den Gebrüdern Viehof im Jahr 2008 seine vor allem einem konzeptuellen Ansatz verpflichtete Kollektion verkauft hat. Speck hatte diese seit den 60er-Jahren angelegt, als zahlreiche der von ihm gesammelten Künstler noch keinen internationalen Namen hatten. Ganz anders verhält es sich mit der sogenannten Sammlung Rheingold, die 2001 den Gebrüdern Viehof von Helge Achenbach als Projekt vorgeschlagen wurde, um eine im Düsseldorfer Hafen geplante Kunsthalle mit hochrangiger Gegenwartskunst zu bestücken. Eugen Viehof, der älteste der vier Viehof-Brüder, erinnert sich:
    "Natürlich waren wir interessiert. Aber man ist nie, ich sag mal, mit nem Sammlerblick jetzt mal an die Sache rangegangen. Das hat sich wirklich, ja, über den Weg Helge Achenbach, durch den persönlichen Kontakt - mein Bruder war mit ihm befreundet. Und er hat die Idee einfach mal rübergebracht und uns dafür gewinnen können, mal das auch strategisch zu sammeln."
    Bis dahin hatten die Viehofs, die durch den Verkauf ihrer Allkauf-Supermarktkette zu einem Milliardenvermögen gekommen waren, eher wenig mit Kunst zu tun gehabt. Der inzwischen wegen Betrugs verurteilte, ehemalige Düsseldorfer Kunstvermittler Achenbach konnte sie offenkundig für das strategische Sammeln begeistern, auch als das Kunsthallen-Vorhaben sich zerschlug. Danach verlagerte sich die damalige Sammlung Rheingold auf teils umfangreiche Ausleihen vor allem an Museen im Rheinland, zunehmend auch darüber hinaus. Nicht wenige Kritiker, durch Fälle wie einst die Sammlung Grothe in Nordrhein-Westfahlen hinreichend sensibilisiert, sehen darin ein klassisches Steuersparmodell der Marke Achenbach: Spekulative Geldanlage in hochpreisiger Kunst, die dann an Museen verliehen wird und dadurch sowohl als steuerfrei gilt als auch im Wert gesteigert wird. Der Hamburger Kunstsammler Harald Falckenberg, in dessen Räumen ein zweiter großer Teil der Ausstellung zu sehen ist, hat das Vorgehen stets leidenschaftlich verteidigt:
    "Erst einmal ist es überhaupt nach meiner Ansicht völlig legal. Erst mal, steuerlich. Ist nix Illegales bei. Wenn ein Sammler oder irgendeine Gruppe Werke öffentlich zur Verfügung stellt über einen großen Zeitraum, verpflichtend, dass dann Steuervorteile eintreten, dann ist es eine Förderung! Ich weiß zum Beispiel, in Frankreich wird das nicht gemacht, da wird nichts davon gemacht. Und das heißt, weil die hundert Prozent zu versteuern sind, verstecken alle Sammler ihre Sammlungen unter ihrem Kopfkissen oder in Depots, kommen nie raus. Ist doch auch ne Katastrophe, wenn die nicht öffentlich gezeigt werden, nur weil das Steuersystem da ist."
    2014 haben die Viehof-Brüder Helge Achenbach wegen gefälschter Rechnungen ebenfalls verklagt. Das Vertrauensverhältnis gilt als zerstört. Doch die Entflechtung des Eigentum an der Sammlung Rheingold ist nicht ganz einfach. Achenbach selbst gehörte ein Anteil an dieser Sammlung, hatte diesen jedoch zwischenzeitlich einem der Viehof-Brüder als Sicherheit für andere Deals übereignet. Wem was gehört und welche Werke aus der Sammlung Rheingold möglicherweise Teil von weiteren Machenschaften sind, ist noch nicht abschließend. Der ehemalige Achenbach-Anteil an der Sammlung Rheingold wird in Hamburg nicht gezeigt. Eugen Viehof deutet am Rande der Eröffnung an, dass ein Großteil dieser Werke demnächst versteigert wird.