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Neue Hepatitis-C-Medikamente - gut, aber teuer

Etwa 50 bis 70 Prozent der Patienten, die an einer Hepatitis-C-Infektion erkrankt sind, konnten bislang erfolgreich behandelt werden. Mit neuartigen Medikamenten werden nun Heilungsraten von über 90 Prozent erreicht. Allerdings lassen sich die Pharmafirmen das auch teuer bezahlen.

Von Michael Engel | 29.07.2014
    Tabletten liegen in einem Glas.
    Sechs Monate dauert die Behandlung mit den neuartigen Protease- und Polymerase-Hemmern. Neuerdings sogar nur noch zwölf Wochen. (dpa)
    Seit 1995 weiß Peter Möbius von seiner Hepatitis-C-Infektion. Es folgten drei Therapieversuche im Abstand von fünf Jahren. Immer ohne Erfolg. Seit März nimmt er Präparate mit neuartigen Wirkstoffen: "Sofosbuvir" – zugelassen im Januar. Für "Daclatasvir" gibt es diese Zulassung noch nicht.
    "Das ist jetzt die vorletzte Packung mit 28 Tabletten. Anfang August fange ich die letzte Komplettpackung mit 28 an. Also Ende August werde ich durch sein."
    Schon wenige Wochen nach Therapiebeginn war der 55-Jährige Studienteilnehmer bereits frei von Hepatitis-C-Viren. Bis auf eine Müdigkeit gab es keine Nebenwirkungen. Neben den geringen Nebenwirkungen ist es die hohe Effizienz und die kurze Therapiedauer, die sein behandelnder Arzt, Dr. Markus Cornberg von der Medizinischen Hochschule Hannover hervorhebt.
    "Also gegenüber der alten Therapie haben wir jetzt eine viel höhere Erfolgsquote. Weit über 90 Prozent Heilungsrate. Heilung heißt, das Virus ist weg, kommt auch nicht wieder. Das war mit der alten Therapie deutlich niedriger. Peg-Interferon, Ribavirin: 50 Prozent, aber schwere Nebenwirkungen. Anämien, Hautausschläge, Depression – das ist jetzt alles vorbei. Also wir haben wirklich eine Therapie, die kaum mehr Nebenwirkungen macht, hohe Effizienz hat und eine kurze Therapiedauer."
    Auch bei fortgeschrittener Leberzirrhose bestehen noch Heilungschancen
    Sechs Monate dauert die Behandlung mit den neuartigen Protease- und Polymerase-Hemmern. Neuerdings sogar nur noch zwölf Wochen. Gegenüber den zwölf Monaten wie bisher ein deutlicher Zeitgewinn. Selbst wenn die Medikamente bei fortgeschrittener Leberzirrhose verabreicht werden, besteht noch Hoffnung auf Heilung. So etwas gab es bisher noch nie, sagt der Leberexperte.
    "Mit der alten Therapie – Interferon, Ribavirin – war es teilweise schwierig, Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose zu behandeln, weil die Patienten bereits zum Beispiel Bauchwasser hatten oder eine Blutung hatten. Dann ist das Interferon gefährlich. Man kann damit die Lebersynthese noch verschlechtern. Und Patienten sind dekompensiert unter dieser Therapie. Jetzt mit dieser neuen Therapie können wir diese Patienten behandeln – interferonfrei – und wir merken, und wir sehen das bereits, dass die Patienten profitieren. Die Patienten werden sehr schnell virusnegativ. Und wir hoffen, dass wir damit auch die Transplantationszahlen für Hepatitis C reduzieren können."
    Dem Erfolg stehen allerdings auch sehr hohe Behandlungskosten gegenüber. Rund 65.000 Euro pro Patient. Doch mit 30.000 bis 50.000 Euro war auch die bisherige Behandlung nicht gerade preiswert, und das bei einer Heilungsrate von nur 50 Prozent, hält Markus Cornberg entgegen. Folgekosten wie Lebertransplantation und Berufsunfähigkeit nicht eingerechnet. Der Wissenschaftler hofft gleichwohl noch auf einen erheblichen Preisverfall, da mehrere Pharmafirmen an der Entwicklung weiterer Präparate arbeiten.
    "Die neuen Medikamente – die Buvirs, Asvirs und Previrs – da wird es dann viele von geben, sodass wir dann auch kombinieren können. Und das wird unheimliche Möglichkeiten eröffnen, auch für den Patienten die richtige Therapie auszuwählen."
    Einige Studien wurden bereits abgeschlossen. Sie berichten von Heilungsraten weit über 90 Prozent. Doch so wie schon bei HIV geschehen, könnten auch die Hepatitis-Viren eines Tages resistent werden, befürchten die Forscher. Peter Möbius, den Patienten aus Lehrte bei Hannover, kümmert das wenig. Er ist virenfrei, das erste Mal seit 20 Jahren, und es geht ihm gut. Ohne Sofosbuvir hätte er heute eine Leberzirrhose, Ausgang offen, weil Spenderorgane fehlen.
    "Also ich bin erstmal sehr zuversichtlich, dass der Virus auch nicht wieder kommt. Und alles weitere, denke ich, wird sich ergeben. Dass ich auch wieder kraftvoller, etwas kraftvoller dann wieder auch werde."