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Vogel des Jahres 2015
Der Habicht - ein verfolgter Räuber

Von Dieter Nürnberger | 17.10.2014
    Bei der Kür des Vogels des Jahres geht es natürlich stets auch um eine gewisse Symbolik. Und die Auslober verbinden damit recht oft den Hinweis auf Vogelarten, die in Deutschland in ihrem Bestand gefährdet sind. Diesmal - beim Habicht also - ist die Sache allerdings nicht ganz so eindeutig. Denn zuallererst ist die Verfolgung von Greifvögeln durch Abschuss, Fang, Vergiftung
    oder das Zerstören von Nestern und Horstbäumen in Deutschland illegal - und das bereits seit den 1970er-Jahren. Allerdings sei dieser gesetzliche Schutz des Habichts eben oft nur auf dem Papier vorhanden, so Lars Lachmann, er ist sozusagen der Chef-Ornithologe beim Naturschutzbund:
    "Die massenhafte Verfolgung hat dadurch natürlich aufgehört. Wir hatten in den 80er- und 90er-Jahren noch Bestandszunahmen des Habichts in Deutschland. Wir müssen aber seitdem eine Stagnation des Bestandes feststellen, in den vergangenen Jahren ist sogar eine rückläufige Tendenz sichtbar. Das führen wir hauptsächlich auf eine latente, illegale Verfolgung zurück, einer weiteren Erholung der Bestände schiebt dies einen Riegel vor."
    Nach aktuellen Erfassungen leben hierzulande rund 16.000 Brutpaare. Der Preisträger 2015 wird oft als edler Greifvogel beschrieben. Von Natur aus jagt er gerne Tauben und Geflügel - und deswegen ist er auch bei Jägern und Taubernzüchtern seit Jahrhunderten nicht sehr beliebt. Eigentlich gilt der Habicht auch als eher scheuer Greifvogel, allerdings hat er sich im Laufe der Zeit etwas angepasst und ist in vielen Städten heimisch geworden. Weil eben hier weniger Verfolgung durch den Menschen droht - etwa durch illegale Jagd. Und gerade hier in Berlin kann man den Habicht inzwischen oft in größeren Parks hören und auch beobachten, so der Naturschutzbund.
    "Ein Greifvogel, wie man ihn sich vorstellt: Sehr kräftig, der auch relativ große Beutetiere schlagen kann - Tauben und Krähen sind in den meisten Regionen Deutschlands die Hauptnahrung. Beim Habicht ist sehr interessant, dass die Weibchen größer sind, als die Männchen - und zwar um ein ganzes Drittel. Die Weibchen können so groß werden wie ein Bussard. Das heißt, wenn sie sitzen sind sie bis zu 60 Zentimeter lang, die Spannweite ist dann bis zu 1,20 Meter."
    Der Nabu will der illegalen Greifvogelverfolgung nun endgültig einen Riegel vorschieben. Gefordert wird, dass speziell geschulte Einheiten bei der Polizei und auch den Naturschutzbehörden der Länder eingerichtet werden. Als Vorbild gilt hier Nordrhein-Westfalen. Nabu-Experte Lars Lachmann:
    "Dort gibt es seit rund zehn Jahren eine Stabsstelle direkt beim Landesumweltminister, die sich nur mit Umweltkriminalität beschäftigt. Und ein großes Feld dieser Umweltkriminalität ist die Greifvogelverfolgung. Dort werden wesentlich mehr Fälle gemeldet, verfolgt und auch bestraft, als in den anderen Bundesländern. Der Nabu fordert, dass eine solche Stabsstelle auch in den anderen Ländern geschaffen wird, damit diese Straftat der illegalen Vogelverfolgung nicht weiterhin oft ungestraft bleibt."
    Im Internet - auf der Homepage des Naturschutzbundes - ist auch eine Telefonnummer veröffentlicht: Hier können sich Bürger grundsätzlich informieren und auch illegal aufgestellte Fallen oder vergiftete oder angeschossene Greifvögel melden.