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Vogel des Jahres
Überall Stare am Himmel

Wer jetzt den Blick über die leeren Getreide-Felder schweifen lässt, der kann sie vielleicht beobachten: Starenschwärme. Diese koordiniert-fliegenden Massen lassen nicht vermuten, dass der Bestand der Stare stark zurück gegangen ist. Die Organisation NABU kürt ihn heute jedenfalls zum Vogel des Jahres 2018.

Von Dieter Nürnberger | 13.10.2017
    Unzählige Stare versammeln sich, zum gemeinsamen Aufbruch Richtung Süden
    Sie fliegen wieder: Unzählige Stare versammeln sich am Himmel, um nach Süden zu fliegen (dpa / Karl-Josef Hildenbrand)
    Der Star gilt hierzulande als Allerweltsvogel, weit verbreitet und doch etwas Besonderes. Der Grund ist sein Gesang, denn er ist ein wahrer Imitationskünstler:
    "Er macht zum einen andere Vogelgesänge nach. Die er dann in seinen typischen Gesang mit einbaut. Er ist aber so variable, dass er auch andere Umgebungsgeräusche, die aus dem menschlichen Umfeld zu hören sind, mit aufnimmt. Das geht von Alarmanlagen über Handyklingeln, ebenso bis zu anderen Tieren - wie Schafen oder Fröschen."
    Sagt Eric Neuling, er ist Vogelreferent beim Naturschutzbund Deutschland. Seit 1971 wird hier zusammen mit dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern der Vogel des Jahres ausgelobt. Dank seines Imitationstalents gilt der Star unter den Experten somit als Superstar unter den heimischen Singvögeln.
    "Er ist von den Singvögeln eher eine mittelgroße Art. So etwa 20 Zentimeter - ein wenig kleiner als eine Amsel. Ein glänzendes Federkleid, viele helle Punkte - vor allem die Weibchen im Brutkleid. Er tippelt oft über die Wiesen, das ist eigentlich ziemlich auffällig und wenn er fliegt, dann sieht man den Star meistens in großen Schwärmen."
    Der Starenbestand in Deutschland nimmt ab
    Doch trotz der massenhaften Präsenz im Alltag, haben die Vogelschützer Sorgen. Denn der Starenbestand in Deutschland nimmt ab, kontinuierlich. In nur zwei Jahrzehnten seien eine Million Starenpaare verlorengegangen. Ein "stiller Rückgang", sagt Lars Lachmann, der Vogelschutzexperte des Naturschutzbundes. In Niedersachsen beispielsweise ist der Star inzwischen auf der roten Liste der gefährdeten Brutvögel aufgeführt. Der Grund: Immer mehr gehen hierzulande ursprüngliche Weiden- und Wiesenflächen verloren. Vor allem durch eine intensivierte Landschaft, so Lachmann.

    "Gerade der Star als Insektenfresser leidet darunter, dass er seine Insektennahrung häufig auf Weiden gefunden hat. Dort, wo Kühe auf der Weide standen. Doch da ist es eindeutig und sichtbar, auch für alle, die draußen rumfahren: Die Kühe stehen heutzutage meist im Stall und fressen Mais und Soja aus Südamerika, aber nicht mehr das Gras von der Weide. Somit hat der Star auch seine Hauptnahrungsflächen im Moment ganz drastisch verliert."
    So würden inzwischen häufig beispielsweise Naturhecken fehlen, in denen sich auch eine Vielfalt an Insekten bilden kann. Auch Brut- und Nistplätze des Stars gehen verloren, wenn alte Bäume entfernt werden.
    Weniger naturbelassene Felder bedeutet weniger Stare
    Der Star ist in städtischen Parks und Grünanlagen ebenso anzutreffen, wie auf dem Land. Neben Würmern und Insekten frisst er vor allem auch Beeren und Früchte aller Art. Doch je mehr naturbelassene Flächen durch intensivierte Landwirtschaft oder Bauvorhaben aller Art verschwinden, desto enger werde es für den Star, sagt Nabu-Experte Lars Lachmann. Vogelliebhaber könnten aber auch gegensteuern - auch kleine Flächen seien dafür geeignet:
    "Jeder kann darauf achten, dass der eigene Garten kein steriles Fleckchen Land wird. Besser ist stets eine Art Mini-Naturschutzgebiet, in Form eines Naturgartens. Und gerade der Star ist eine Vogelart, die das schnell und dankend annehmen wird."
    In den kommenden Monaten wird der Naturschutzbund mit seinen regionalen und lokalen Gruppen den Vogel des Jahres 2018 und auch seine Probleme in den Mittelpunkt rücken. Denn noch, so die Experten, sei es einfach ihn zu sichten und vor allem zu hören.