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Volkskongress tagt
China im Zeichen von Personenkult und Nationalismus

In Peking hat der Nationale Volkskongress mit seiner Jahrestagung begonnen. Rund 3.000 Delegierte sollen in den nächsten zwei Wochen diverse Gesetzesvorlagen der Staats- und Parteiführung abnicken. Dabei geht es vor allem darum, die Macht der derzeitigen Staats- und Parteiführung zu zementieren.

Von Steffen Wurzel | 05.03.2018
    Chinas Ministerpräsident Li Keqiang (05.03.17) bei Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes in Peking
    Chinas Ministerpräsident Li Keqiang bei der Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes in Peking. (dpa picture alliance / Ng Han Guan / AP)
    In Li Keqiangs Rede ging es wie erwartet vor allem um die Wirtschaft. China stehe vor Risiken und Herausforderungen, sagte der Ministerpräsident. Einige dieser Risiken seien vorhersehbar, andere nicht. Ausdrücklich verwies Li auch auf wachsenden Protektionismus weltweit. Auf den Vorwurf ausländischer Firmen in China, dass sich das Land ebenfalls immer mehr abschottet, ging Li nicht ein.
    Grundsätzlich geht es Chinas Wirtschaft gut. Das Problem ist, dass sie vor allem durch immer mehr Schulden angetrieben wird. Die meisten Experten sehen in den schnell wachsenden chinesischen Schulden das größte Risiko für Chinas Wirtschaft – und damit auch eine Gefahr für die Weltwirtschaft. Dazu erklärte Li:
    "Wir reduzieren mit unserer Politik die Risiken im chinesischen Finanzsystem. Wir bekämpfen mögliche Risiken: illegale Schattenbanken etwa oder Finanzbetrügereien. Wir reformieren Gesetze, stärken die Aufsicht und gehen vehement vor gegen gefährliche und überzogene Schulden."
    Nichts Neues in Sachen Wirtschaftspolitik
    Wirklich Neues in Sachen Wirtschaftspolitik gab es zum Auftakt des chinesischen Volkskongresses heute nicht. Die Tagung steht dieses Jahr ohnehin vor allem im Zeichen von immer lauter werdendem Nationalismus und einem in vielerlei Hinsicht bizarren Personenkult, der um Staats- und Parteichef Xi Jinping gemacht wird. Dazu passt die wohl wichtigste Gesetzesvorlage dieses Jahr. Der Volkskongress soll und wird die Verfassung für Xi Jinping ändern, um ihm eine unbegrenzte Amtszeit zu ermöglichen. Bisher ist nach zwei Amtszeiten, also zehn Jahren, Schluss an der Staatsspitze.
    Internationale Kommentatoren sehen China damit auf dem Weg in eine lupenreine Diktatur, mit einem Machthaber an der Spitze, der so stark ist wie vor ihm nur Staatsgründer Mao Zedong.
    Bemerkenswert ist, dass China zunehmend auch Einfluss auf Exil-Chinesen weltweit nimmt. Am Wochenende sorgte eine Aussage des kommunistischen Spitzenfunktionärs Yu Zhengshen für Aufsehen. Alle ethnischen Chinesen im In- und Ausland müssten im nationalen Interesse mobilisiert werden, um den sogenannten "Chinesischen Traum" zu realisieren. Damit erhebt die Staatsführung in Peking auch Anspruch auf das Denken und Handeln von Deutschen, Amerikanern, Kanadiern und so weiter, die zwar chinesische Vorfahren haben, aber einen zum Beispiel europäischen Pass besitzen.
    Auch aufs de facto unabhängige Taiwan übt die Pekinger Führung immer stärkeren Druck aus. Internationale Politologen warnen inzwischen offen davor, dass die Volksrepublik Gewalt anwenden könnte, um sich Taiwan einzuverleiben.
    Aufrüstung geht weiter
    Entsprechend passt ins Bild, dass China militärisch im laufenden Jahr weiter aufrüsten wird. Geplant ist eine Steigerung der Verteidigungsausgaben um 8,1 Prozent. Das ist etwas mehr als vergangenes Jahr. Li Keqiang:
    "Wir sind entschlossen, das Militär nach weiter zu stärken. Wir werden das Training für Kampfeinsätze intensivieren. Wir sind entschlossen, unsere nationale Souveränität und die Sicherheits- und Entwicklungsinteressen zu verteidigen. Wir werden auch weiter das Prinzip verfolgen, dass die Arme einzig durch die Partei geführt wird."
    Insgesamt dauert die Sitzung des chinesischen Volkskongresses gut zwei Wochen. Die allesamt staatlich kontrollierten Medien Chinas sprechen gerne vom größten Parlament der Welt. Mit einem Parlament europäischer Definition hat das Ganze allerdings nichts zu tun. Die rund 3.000 Abgeordneten sind nicht gewählt, sondern von der kommunistischen Parteiführung handverlesen.