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Volkswagen
60 Milliarden für die elektrische, digitale Zukunft

Dem Volkswagen-Konzern stehen entscheidendn Jahre bevor. Denn VW ist eine waghalsige Wette eingegangen: Immer mehr E-Autos soll der Konzern bauen - auch wenn der Erfolg bei den Kunden unsicher ist. Der Aufsichtsrat hat heute die geplanten Investitionen für die kommenden fünf Jahre festgezurrt.

Von Alexander Budde | 15.11.2019
Ein Ladestecker am 20.05.2016 in einer Stromtankstelle im Volkswagen-Werk in Wolfsburg (Niedersachsen) in einem Hybrid-Golf
Volkswagen beschleunigt den Wechsel in die Elektromobilität. Bis 2024 will der weltgrößte Autobauer knapp 60 Milliarden Euro in klimafreundliche Antriebe und die Digitalisierung stecken. (dpa / Sebastian Gollnow)
Beim Umbau zum Mobilitätsanbieter mit immer mehr Elektroautos sieht sich Volkswagen in der entscheidenden Phase.
"Ein Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes stammt von den PKWs unserer Konzernmarken. Ohne einen schnellen Wechsel zur Elektromobilität können wir den Kampf gegen den Klimawandle nicht gewinnen", so Herbert Diess nach der Sitzung des Kontrollgremiums in Wolfsburg.
Herbert Diess legt nach: Batterieauto ist die Zukunft
Die EU-Grenzwerte für CO2 in der Flotte werde VW einhalten, verkündet der Konzernchef - und legt noch einmal nach:
"Die irreführende und zum Teil irrationale Diskussion um vermeintliche Alternativen wird sich im Sand verlaufen. Schon in wenigen Monaten wird man nicht mehr über Offenheit bei den Antriebskonzepten sprechen - zumindest nicht mittelfristig und bei Pkw."
Unvorstellbare Summen fließen in den nächsten Jahren
Bei anhaltend guter Ertragslage will Diess VW weiter verschlanken, in der Produktion soll die bewährte Plattformstrategie Synergien heben. Der Großkonzern setzt auf Beschleunigung - und investiert: Die Ausgaben insbesondere für Hybridantreibe, Elektromobilität und Digitalisierung werden im Zeitraum von 2020 bis 2024 noch einmal kräftig aufgestockt.
Konzernweit steigert VW die Investitionen allein für diese so genannten Zukunftsthemen um gut zehn Prozent im Vergleich zur letzten Planungsrunde auf nunmehr kaum noch vorstellbare 60 Milliarden Euro. Rund 33 Milliarden Euro will VW allein für die Elektromobilität ausgeben. Der Konzern hat sich vorgenommen, in den nächsten zehn Jahren bis zu 75 reine E-Modelle auf den Markt zu bringen. Bis dahin sollen dann rund 26 Millionen Stromer vom Band gerollt sein.
VW stärkt heimische Standorte, lobt der Betriebsrat
Nach Zwickau, Emden und Hannover werden nun auch Audi in Deutschland und das VW-Werk in Bratislava von der Elektrifizierung profitieren. Insgesamt sollen rund 20 Milliarden Euro in deutsche VW-Werke fließen. Im Stammwerk Wolfsburg soll die digitale Produktentwicklung gebündelt und ausgebaut werden - drei Milliarden Euro sind allein für den Produktionsstandort von Golf und Tiguan vorgesehen.
Wo bei Wettbewerbern und Zulieferern in immer neuen Sparrunden der Rotstift regiert und ganze Standorte in Frage stehen, bekenne sich VW zu seinen heimischen Standorten, lobt Konzernbetriebsrat Bernd Osterloh:
"Wir haben die Elektromobilität in die Werke nach Deutschland geholt - und wir gehen diesen Weg jetzt weiter. Wir haben schon vor Jahren mit dem Zukunftspakt geregelt, wie diese große Transformation mit den Kolleginnen und Kollegen sozialverträglich gelingt. Wir sorgen dafür, dass die Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung gleichrangige Ziele bleiben."
In Braunschweig werden Batteriesysteme produziert, in Salzgitter die Zellchemie erforscht - Ministerpräsident Stephan Weil beschwört Niedersachsen als künftiges Zentrum der Elektromobilit.
Saubere E-Mobilität braucht Erneuerbare Energien
Doch der SPD-Politiker, der den etwa 20 Prozent umfassenden Anteil des Landes bei VW vertritt, hat auch Sorgen:
"Elektromobilität hat natürlich eine Geschäftsgrundlage: das ist die Umstellung auf Erneuerbare Energien. Und das muss uns miteinander Sorge machen, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland stockt. Es muss auch politische Rahmenbedingungen geben, damit dieser große Prozess zum Erfolg werden kann."
Duesmann wird neuer Audi-Chef
Auf der Tagesordnung stand auch eine Personalie: Die Tochter Audi kämpfte zuletzt mit Absatzproblemen und geringer Auslastung in Ingolstadt und Neckarsulm - um die Probleme bei Audi zu lösen, soll nun der frühere BMW-Manager Markus Duesmann den Vorstandsvorsitz übernehmen, verkündet Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Amtsinhaber Bram Schot, der den Posten erst vor einem Jahr übernommen hatte, scheide nach erfolgreicher Arbeit auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen.