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Volle Fahrt voraus!

Die weltweite Wirtschaftskrise beutelt auch Hafen- und Schifffahrtsbetriebe. Von Auftragseinbrüchen und Entlassungen ist in den Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen zu lesen. Entgegen diesem Trend wird in Elsfleth an der Unterweser ein moderner maritimer Campus vollendet - hochqualifizierte Seefahrer werden immer gebraucht.

Von Brigitte Lehnhoff | 14.04.2009
    Stadthalle Elsfleth, dichtes Gedränge: Kontaktmesse des Fachbereichs Seefahrt der gemeinsamen Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven. Reedereien stellen sich vor, Hafen- und Lagerhausgesellschaften, Logistikunternehmen, Bundeswehr und Bundespolizei. An allen Ständen lassen Studierende sich beraten. Ihre Stimmung ist verhalten zuversichtlich.

    "Ich denke, dass die Perspektive soweit gut ist, weil, der Arbeitsmarkt ist zwar schlecht, aber hochqualifizierte Kräfte werden immer gesucht, ob nun im Bereich Logistik, Luftfahrt oder eben überhaupt Transport, man hört jetzt zwar immer in den Nachrichten, ja, Bremerhaven baut 1000 Stellen ab, das sind nicht die hochqualifizierten Stellen die abgebaut werden."

    Das sehen die Aussteller durchweg genauso. Sie erwarten gute Berufsaussichten für die Absolventen aller in Elsfleth angebotenen Studiengänge. Dies sind Nautik, Seeverkehrs- und Hafenwirtschaft sowie Internationales Transportmanagement.

    Warum akademischer Nachwuchs gefragt ist, begründet Alexandra Brockmann, Personalreferentin beim weltweit tätigen Handelskonzern Tchibo.

    "Wenn man studiert hat, ist man wissenschaftliches Arbeiten gewöhnt. Und das ist vonnöten, um die komplexen Themen, die zu bearbeiten sind, aufbereiten zu können und dann die Menge an Daten, mit der man konfrontiert wird, in konzeptionelle Bahnen zu lenken."

    Günstig für die Absolventen dürfte zudem der bevorstehende Generationenwechsel sein. Viele Kapitäne, Schiffsoffiziere und Lotsen gehen demnächst aus Altersgründen von Bord. Personalbedarf besteht aber weit darüber hinaus, meint Claas Bartels von der Hamburger Hafen und Logistik AG.

    "Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass diese Krise überwunden wird. Prognostiziert sind ja bis 2015/2018 eine Verdoppelung des weltweiten Verkehrsaufkommens und wir werden uns nicht lösen können von der Globalisierung. Ums anders auszudrücken: Wir werden nicht anfangen, unsere T-Shirts wieder hier zuhause produzieren zu lassen."

    Auf den internationalen Arbeitsmarkt werden die Studierenden mit Auslandssemestern und mehrsprachigen Vorlesungen vorbereitet - und mit praxisnahem Lernen, etwa im modernen Schiffsführungssimulator.

    "So, dann will ich mir mal ihre Reiseplanung angucken. Wer war hier nochmal Kaptän?"

    "Kapitän bin ich."

    "Sehr schön, sehr schön. Wie machen Sie das dann mit der Navigation? Welche Verfahren setzen Sie ein, primär und sekundär?"

    "Also wir setzen anfangs auf Radarnavigation, dass wir Radarpeilung nehmen, an der Mole zum Beispiel, dass wir diverse Tonnen anpeilen werden."

    Weil einige große Ausbildungsreedereien Wert auf handwerkliche Erfahrungen legen, kann Nautik ab dem kommenden Wintersemester auch dual studiert werden, sprich: kombiniert mit einer verkürzten Berufsausbildung zum Schiffsmechaniker. Neu ist auf dem Campus auch das Zentrum für Maritime Forschung. In diesen Wochen mieten sich dort die ersten Unternehmen ein, um nach innovativen Lösungen für die Schifffahrt zu suchen. Geschäftsführerin Brigitte Behrends:

    "Ein ganz großer Bereich, der bei uns am Entstehen ist, ist der Einsatz von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in der Maritimen Industrie und zwar aus dem Grunde, dass wir uns nicht weiter auf fossile Brennstoffe verlassen können und uns rechtzeitig auf Alternativen konzentrieren müssen, in diesem Fall Wasserstoff als Treibstoff, bei dem als Abgas eigentlich nur noch Wasser entsteht."

    Studierende können im Forschungszentrum Themen für ihre Bachelor-Arbeit finden und Kontakt zu potentiellen Arbeitgebern knüpfen. Das Interesse daran sei schon jetzt sehr groß, berichtet Klaus-Jürgen Windeck, Dekan des mit knapp 700 Studierenden größten Fachbereichs Seefahrt in Deutschland. Nicht ohne Stolz verweist er auf den hohen Frauenanteil unter den Studierenden.

    "Der Frauenanteil ist im Studiengang Internationales Transportmanagement rund 50 Prozent, er beträgt in dem Studiengang Seeverkehrs- und Hafenwirtschaft 35 Prozent und er liegt im Nautikstudiengang knapp unter 20 Prozent, im internationalen Vergleich ist das der höchste Frauenanteil im Nautikstudiengang weltweit."