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Volleyball-EM in Baku
"Wir sind in einer Umbruchphase"

Die deutschen Volleyballerinnen sind mit einer Niederlage in die EM gestartet. An die Erfolge der EM 2011 und 2013 könne man zurzeit nicht anknüpfen, sagte DVV-Präsident Thomas Krohne im Dlf. Kritik äußerte Krohne auch am Austragungsland Aserbaidschan - ein Boykott von Sportveranstaltungen sei jedoch keine Option.

Thomas Krohne im Gespräch mit Bastian Rudde | 23.09.2017
    Thomas Krohne, Präsident des Deutschen Volleyball Verbands
    Thomas Krohne, Präsident des Deutschen Volleyball Verbands (imago)
    Die Niederlage beim Auftaktspiel der EM in Aserbaidschan und Georgien sei vermeidbar gewesen, sagte Thomas Krohne, Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes. "Ein Start mit einem Sieg wäre deutlich einfacher gewesen – auch für den weiteren Verlauf der EM."
    Das Ziel sei mindestens das Viertelfinale, so Krohne. "Ungarn ist ein Gegner, der sicher zu schlagen sein sollte." Gegner Aserbaidschan werde vor heimischem Publikum jedoch keine leichte Aufgabe.
    "Wir haben viele junge Talente, die wir integrieren wollen"
    An die Erfolge der EM 2011 und 2013, wo die deutschen Damen noch um den Titel spielten, könne man zurzeit nicht anknüpfen. "Wir haben einen gewissen Umbruch. Wir haben viele junge Talente, die wir integrieren wollen und die wir noch integrieren müssen. Wir sind in einer Umbruchphase. Wir müssen schauen, dass die jungen Spielerinnen jetzt schnell an die Mannschaft herangeführt werden, dass sie auch den entsprechenden Erfolg bringen."
    An einen Überraschungserfolg, wie zuletzt bei der WM der Männer, glaubt Krohne allerdings nicht. "Wir haben gestern gesehen, wie fragil das Konstrukt der Frauen-Nationalmannschaft noch ist."
    Die Kulisse in Aserbaidschan sei noch ausbaufähig: "Es waren noch nicht einmal 500 Zuschauer da (...) und das ist natürlich schade. Bei einer EM erwartet man, dass sicherlich auch ein paar tausend Zuschauer bei den Nicht-Heimspielen erscheinen. Das war gestern leider nicht der Fall." Man sei zurzeit in Aserbaidschan dabei, den Sport populär zu machen.
    Kritik am Austragungsort Aserbaidschan
    Im Vorfeld der EM hatte es viel Kritik am Austragungsland Aserbaidschan gegeben. Die Entscheidung habe der europäische Verband getroffen, erklärte Krohne. "Das hat aber auch sicherlich etwas damit zu tun, dass in diesen autokratischen Staaten einzelne Regierungs-Oberhäupter darüber entscheiden können, eine EM oder eine WM ins Land zu holen." Man tue sich natürlich keinen Gefallen, weiterhin solche Veranstaltungen in solche Länder zu geben, denn die Kritik werde immer bleiben. Von Boykotten hält Krohne jedoch nichts. Man müsse vor Ort im Dialog die Missstände diskutieren.
    "Grundsätzlich bin ich der Meinung, Sport und Politik voneinander zu trennen." Andererseits könne man den Sport auch nutzen, um auf bestimmte Dinge hinzuweisen. "Es ist im Zweifel immer besser, Gespräche zu führen als mit dem Finger auf andere zu zeigen."
    Im deutschen Verband sehe man diese Thematik durchaus. "Andererseits tut man auch den Sportlern keinen Gefallen, die sich über Jahre auf so ein Event vorbereiten, wenn man dann aus sportpolitischer Sicht sagt, nein, wir fahren da nicht hin." Die Mannschaft habe sich dazu entschlossen, sich auf den Sport zu konzentrieren und das Thema Sportpolitik und das Thema Aserbaidschan außen vor zu lassen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.