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Vom bröckelnden Putz zum strahlenden Kulturzentrum

2008 begann der Abriss des Altbaus des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kultur in Münster, unter anderem, weil Statik und Klimatechnik veraltet waren. Der Berliner Architekt Volker Staab hat am prominenten Domplatz einen Neubau realisiert, der unaufgeregten Modernismus ausstrahlt.

Von Michael Köhler | 09.08.2013
    "Der Neubau ist quasi fertig, wird uns am 30. August (2013) feierlich übergeben. Unabhängig davon kommt jetzt schon die Kunst an. Die Kunst zieht ein, in einigen Räumen haben wir schon großformatige Skulpturen. Die Farben sind an den Wänden und man sieht schon richtig was."

    Nicht nur die steinernen Portalskulpturen, die die Wiedertäufer von der Überwasserkirche abgeschlagen hatten, sind großformatig. Sie stehen erstmals als Akteure frei im Raum wie Personen. Sie sind Darsteller in einer Art "théâre sacré", heiligem Theater. Der Museumsneubau als stille Bühne und "story telling house", ist selbst großformatig mit seinen fünfzig Räumen, ohne bullig zu wirken. Drinnen wird noch gearbeitet und draußen fehlt noch die terrassenförmige Treppenanlage zum Museums-Straßencafé. Die Passantinnen, Studentinnen der Sozialarbeit, wissen noch nicht so recht, was das ist.

    Einziger Wermutstropfen bislang: Die Eröffnung verzögerte sich durch Probleme beim Innenausbau. Landrätin und Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Thale kann jetzt wieder lachen:

    "Schwierig fand ich einfach schon, halt, als der Putz von der Wand fiel. Das fand ich sehr schwierig, das muss ich wirklich sagen. Als ich in das Museum gegangen bin, dachte ich, das kann nicht sein, da ist was mit meinen Augen, und als dann der Putz runter fiel, fand ich das wirklich nicht schön."

    Stolz ist sie darauf, dass die Gesamtinvestition im geplanten Kostenrahmen geblieben ist. Immerhin handelt es sich um ein Volumen von 48 Millionen Euro, darin dem Folkwang Museumsneubau in Essen vergleichbar.

    "Wir haben nicht die Kosten überschritten."

    Städtebaulich erschließt eine Passage den großen Museumskomplex. Die Bibliothek ist von der Straße einsehbar. Große Fensterfronten und Ruheräume im Innern sorgen für Durchblick und Besinnung.

    "Ich finde, wir haben mit Volker Staab einen sehr guten Architekten ausgewählt, der es verstanden hat, ein Bauwerk in die Stadt zu setzen, was eben kein gelandetes UFO ist, was sich hervorragend in die Altstadt integriert, was aber trotzdem solche Akzente setzt, dass es nicht aussieht wie so ein Fake, dass man sagt, man baut irgendwas Altes hin, so ein Disneyland, sondern es hat moderne Aspekt. Trotzdem fügt es sich würdig in die Stadt hinein."

    Es ist aber nicht nur die Wertigkeit in und für die Stadt, sondern für das Oberzentrum in Westfalen, einem Bevölkerungsgebiet für rund acht Millionen Menschen. Museumschef Arnold:

    "Das ist natürlich an dieser Stelle - ich denke mal, ohne Übertreibung - der größte Kunst- und Kulturort in Münster, und nicht nur in Münster, wenn Sie so wollen, werden wir allein von der Größe her, die wir ja jetzt mit Inhalt füllen, mit großen Ausstellungen hinterher, zählen wir mit zu den großen Museen in NRW und darüber hinaus."

    Vor Gemälden niederländischer Meister des 16. Jahrhunderts am Vorabend des 30-jährigen Krieges kann man im Raum zur Kulturgeschichte von Krieg und Frieden nicht nur was über den Westfälischen Frieden von gestern lernen, sondern auch über Konflikte von heute. Es geht aber nicht nur um ausreichend Platz und neue Ausstellungskonzepte. Kamine und Tapisserien können erstmals aufgestellt werden, weil es Räume gibt, die über acht Meter hoch sind und das erlauben. Barbara Rüschoff-Thale fügt noch einen kulturpolitischen Aspekt an, der den ungelenken Namen - LWL Museum für Kunst und Kultur – erklärt.

    "Dem Landschaftsverband ist es zum Beispiel wichtig und auch Höxter und Bielefeld, dass sie sagen, das ist nicht ein Museum der Stadt Münster oder des Landes NRW, sondern das ist aus kommunalen Geldern finanziert worden und deshalb ist der Name halt auch wichtig."

    Jetzt gibt es nicht nur Terrazzo Böden, die viel erlauben und strapazierbar sind. Es gibt auch ein wunderbar großes Tageslicht-Atrium, das allein schon eine Museums-, Konzert-, Theater- oder Kongresshalle sein könnte. Diese neuen Nutzungen zeigen, der Radius soll künftig über Westfalen hinaus gespannt werden. Direktor Hermann Arnhold lässt keinen Zweifel: Die Seele ist und bleibt die Sammlung.

    "Ich hoffe, das wird ein Museum sein, das in der Verbindung von Kunst und von Architektur neue Maßstäbe setzen wird."