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Vom Hörsaal in den Chefsessel

Seit Jahren boomt die Unternehmensgründung durch Studierende. Spezielle Förderprogramme der Unis unterstützen solchen Unternehmergeist. In Berlin entsteht nun ein Zentrum zur Gründungsförderung, das sich an Künstler und Ingenieure wendet und Technologie und Kreativwirtschaft zusammenbringen möchte.

Von Daniela Siebert | 15.04.2010
    Eine Unternehmensgründung ist immer ein Riesenschritt, selbst wenn man ihn mit Unterstützung der eigenen Uni geht. Das zeigt das Beispiel von Thomas Brandhoff und Matthias Kandeler. Beide sind diesen Schritt erfolgreich gegangen, Brandhoff mit Unterstützung der Universität der Künste (UdK), Kandeler mit Unterstützung der TU Berlin. Trotzdem fällt ihre Bewertung extrem unterschiedlich aus.

    "Es ist leichter als gedacht. Gerade mit kompetenter Unterstützung vonseiten der UdK, vom Career and Transfer Center war es dann doch wesentlich schneller umgesetzt, als wir es ursprünglich mal geplant hatten. Und es macht einfach so viel Spaß, dass ich jedem, der mit dem Gedanken spielt, nur dazu raten kann."

    "Für mich war die gesamte Gründungsphase - ich will nicht sagen schlimmer - aber aufwendiger als gedacht. Ich war da von der Gnade der Unwissenheit beseelt, glücklicherweise, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht gegründet oder diesen Weg eingeschlagen. Das soll jetzt aber nicht abschrecken. Ich kann rückwirkend nur sagen: Das war der richtige Schritt, ja."

    In Zukunft wollen die Technische Universität und die Universität der Künste bei der Gründungsförderung eng zusammenarbeiten. CHIC nennt sich das Projekt: Charlottenburger Innovations-Centrum. Es soll studentischen Firmen ein erstes Zuhause bieten, maximal acht Jahre lang. Federführend dabei ist Florian Seiff, Geschäftsführer der Innovations-Zentrum Berlin Management GmbH, die in Berlin auch schon drei andere Gründerzentren betreibt.

    "Dieses Zentrum wird zum ersten Mal die Kombination aus Technologie und Design, Kreativwirtschaft sein. Wir glauben, das ist ein ganz interessanter Ansatz, den es bislang nirgendwo in Berlin gibt."

    Eigentlich sind die Bedürfnisse von Künstlern und Ingenieuren bei der Unternehmensgründung ziemlich unterschiedlich. Florian Seiff geht aber von einer gegenseitigen Befruchtung aus.

    "Die Bedürfnisse sind vielleicht anders, aber das Problem ist, es richtet sich immer danach, was der Markt braucht. Eine Firma lebt vom Markt und wir haben da auch schon Firmen im Bereich Spieldesign. Das ist sehr viel Informatik, es ist aber genauso Grafik, Design und Ähnliches. Und diese Kombination, dass man da einen künstlerisch Angehauchten hat und einen, der weiß, wie man Vektorgrafiken macht und Ähnliches, das ist das Salz in der Suppe und das wollen wir noch optimieren."

    Sobald der zuständige Berliner Senat endgültig grünes Licht gegeben hat, will Seiff für das Gründerzentrum sogar ein eigenes Gebäude kaufen: mitten in Charlottenburg, keine zehn Minuten von der TU und der UdK entfernt. Das Geld dafür soll aus europäischen Fördertöpfen kommen. Abgesehen vom eigenen Dach wird sich das CHIC-Angebot aber nicht fundamental von der Gründerförderung anderer Unis unterscheiden. Nur soviel ist anders: Hier sollen sich schon die kleinen Studi-Firmen fühlen wie die ganz Großen.

    "Wir haben da beispielsweise einen zentralen Empfang und wir haben Konferenzräume und wir haben eine Kantine - alles, was eine große Firma standardmäßig hat, haben wir auch. Wir nutzen das nur gemeinschaftlich, also dass viele kleine Firmen es nutzen, dadurch sind die Kosten gering und eine kleine Firma kann sich darstellen wie eine große."

    Auch einen Frankierservice für die Firmenpost soll es geben oder technische Ausrüstung - etwa Beamer für Präsentationen.

    Nur beim größten Problem auf dem Weg in die Selbstständigkeit - dem Startkapital - kann auch CHIC nicht helfen. Es stellt nur die Infrastruktur:

    "Wir haben kein Geld zu verteilen. Deshalb haben wir in Berlin Einrichtungen wie die IBB, Investitionsbank Berlin, die Geld verteilen dürfen. Wir können dorthin vermitteln, das können wir machen. Aber wir reden nicht über Geld, was andere in der Kasse haben."

    Die Zuständigen an den beiden Hochschulen setzen große Hoffnungen in das neue Projekt; so zum Beispiel Angelika Bühler, Leiterin des Career and Transfer Service Centers der UdK:

    "Für uns ist jede Art der Erweiterung und der Sichtbarmachung, dass es Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft gibt, einfach eine Chance, dass es wahrgenommen wird. Mit mehr Beispielen gelingt es, die nächste Förderung dafür und die Wahrnehmung anders zu gestalten. Und das bringt uns einfach voran."

    Für Studierende - egal ob an der TU oder der UdK- dürfte sich der Mut zum Schritt in die Selbstständigkeit lohnen. Studentische Unternehmensgründungen sind extrem erfolgreich. Glaubt man Florian Seiff, dann haben sie die Wirtschafts- und Finanzkrise überdurchschnittlich gut überstanden.

    "In unseren drei Zentren haben wir im Prinzip keine Probleme gehabt. Wir haben eine einzige Firma gehabt, die ist Pleite gegangen. Also wir haben nicht viel von der Krise gemerkt."