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Vom Kristall zum Tropfen

Atmosphärenphysik. - Wolken sind die große Unbekannte in den Klimamodellen. Um sie besser zu fassen, daran arbeiten die Atmosphärenforscher vom Karlsruher Forschungszentrum in einer Wolkenkammer. Sie besteht aus einem Kessel von fünf Metern Durchmesser und acht Metern Höhe leiten sie Wasserdampf. Das wirkliche Geschehen in den Wolken lässt sich so freilich nicht simulieren. Es ist und bleibt ein Laborexperiment. Trotzdem erwarten sich die Karlsruher Experimentalphysiker interessante neue Erkenntnisse.

Von Klaus Herbst | 09.04.2009
    "Wir untersuchen Aerosolprozesse, die auch für die Bildung von Wolken wichtig sind, die im Klimasystem wichtig sind, optische Eigenschaften von Wolken. Die Eigenschaft von Aerosolpartikeln, Wolken zu bilden, das Klima direkt zu beeinflussen durch Streuung und Absorption von Licht. Derartige Prozesse werden in dieser Versuchsanlage untersucht","

    … sagt der Experimentalphysiker Dr. Ottmar Möhler. Am Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Forschungszentrum Karlsruhe untersucht er in einer Wolkenkammer unter Laborbedingungen, welche Temperatur und welche Feuchtigkeit die Luft erreichen muss, damit bestimmte Aerosole zu Eiskristallen mutieren. Dass die chinesische Regierung aber Silberjodid und andere Chemikalien Richtung Himmel feuern will, um im Kampf gegen Dürre Regen zu erzeugen, hält der Karlsruher Wissenschaftler für verfrüht. Obwohl die Mechanismen, Regen zu erzeugen, seit Jahrzehnten bekannt sind.

    ""Das zeigen auch viele Untersuchungen, dass es eben schon möglich ist, die Wolken zu beeinflussen, wenn man größere Mengen an Partikeln hinein gibt. Das ist ja auch die Grundlage dafür, dass sich eine Wolke überhaupt bildet. Wenn man die Menge an Kondensationskeimen oder an Eiskeimen örtlich in der Wolke stark verändert, dann wird man die Wolke schon in ihren Eigenschaften, in ihrer Entwicklung verändern können. Aber vorherzusagen, wie sich das auswirken wird auf die Entwicklung einer Wolke, auf die räumliche, zeitliche Verteilung von Niederschlag aus der Wolke heraus, das ist denke ich heutzutage viel zu früh, um dieses vorherzusagen. Da braucht man noch ein wesentlich besseres Verständnis der einzelnen Prozesse, um wirklich verlässliche Vorhersagen dieser Entwicklung von Niederschlag durch eine künstliche Beeinflussung zu treffen."

    Methoden dafür seien denkbar, sagt Möhler: Zum Beispiel Wolken mit kleinen Mineralienpartikeln zu impfen und so mit Raketen die Bildung von Eiskristallen zu fördern, die sich vervielfachen und später abregnen. Möhler:

    "In sehr vielen Wolken, die kalt sind, also Temperaturen unter Null Grad Celsius haben, entwickelt sich Niederschlag nur über die Eisphase. Und diese Eisphase braucht bestimmte Keime, damit sie sich bei den entsprechenden Temperaturen der Wolken dann auch bildet. Und das ist genau ein möglicher Weg, auch Wolken eben aktiv zu beeinflussen. Wenn sich diese Wolkentröpfchen bilden, diese Tröpfchen bei unter Null Grad Celsius, die wie man das von Wasser normalerweise erwartet, nicht sofort gefrieren, sondern sich zu einer Temperatur von minus 35 Grad Celsius im flüssigen Zustand befinden können. Und es bedarf der besonderen Eigenschaft von zum Beispiel festen Aerosolpartikeln, dieses Gefrieren bei höheren Temperaturen auszulösen."

    Bei wärmeren Wolken könnten auch Staub- und Rußpartikel für Regen sorgen. Noch sei es jedoch viel zu früh, außerhalb des Labormaßstabs, also großflächig in riesigen Gebieten, künstlich für Regen zu sorgen. Es bestehe noch zu viel Forschungsbedarf. Möhler:
    "Wir möchten zunächst einmal diese komplexe Kette der physikalischen Prozesse, die in Wolken abläuft bis zur Niederschlagsentwicklung, besser verstehen. Es ist ja keineswegs so, dass wir heute jedes Glied dieser Kette von physikalischen Prozessen in den Wolken wirklich verstehen. Angefangen von der Kondensation der Wolkentröpfchen über die primäre Entstehung von Eispartikeln, so genannten Sekundärprozessen der Eisvervielfachung in Wolken dadurch, dass Eiskristalle mit Wolkentröpfchen zusammenstoßen, dass durch so genannte Splinter-Effekte dann neue Eiskristalle entstehen, die dann auch im weiteren Verlauf zur Entwicklung der Wolke, zur Entwicklung von Niederschlag eventuell beitragen. All diese Kette von physikalischen Prozessen ist keineswegs im Detail verstanden. Und unser Bestreben ist eben, mehr dazu beizutragen, dass diese Kette besser verstanden wird. Ich denke dass es dann auch mit dem vermehrten Wissen in der Zukunft besser möglich sein wird, auch die Entwicklung von Niederschlägen besser vorherzusagen. Und wenn man die Wolken künstlich in ihrem Angebot an Aerosolen, an Kondensationskeimen, Eiskeimen künstlich verändert. Das sollte schon möglich sein, in der Zukunft."