Archiv


Von exzellenten Gewinnern und Verlierern

Anders als im Fußball ist Köln in der Bildung jetzt erstklassig: Nachdem die Uni Köln gestern zur Eliteuni gekürt wurde, ist die Freude in der Domstadt groß. Regelrecht abgeräumt bei der Exzellenzvergabe haben Bayerns Hochschulen. Wunden lecken, hieß es dagegen in Karlsruhe und Göttingen.

Von Henning Hübert | 16.06.2012
    Mit einem strahlenden Gesicht hat Nordrhein-Westfalens Forschungsministerin Svenja Schulze (SPD) das Bonner Wissenschaftszentrum verlassen. Sie saß im Bewilligungsausschuss von Wissenschaft und Politik, der gestern insgesamt 2,7 Milliarden Euro Forschungsgelder an bundesweit 39 Universitäten verteilt hat. Was der Jury im Vergleich zu 2006 und 2007 besonders wichtig war: Dass bei all den Förderanträgen für Doktorandenschmieden, Forschungsverbünde und den zusätzlichen Eliteuni-Geldtopf die Lehre nicht vergessen wird. Svenja Schulze freut sich da besonders, dass das Zukunftskonzept des NRW-Aufsteigers in die Eliteliga, der Universität zu Köln, überzeugt hat -das Konzept einer Massenuni mit knapp 40000 Studierenden:

    "Lehre muss sowieso laufen. Man sieht das in Köln. Die haben auch ein hervorragendes Konzept zur Weiterentwicklung der Lehre hier mit in dem Antrag drin gehabt. Und das ist auch sehr gewürdigt worden, dass auch dort wir neue Konzepte brauchen. Das, was hier entsteht, das muss wirklich auch die Struktur nachhaltig verändern an den Hochschulen. Und das wird die Herausforderung sein, das wirklich sicherzustellen."

    Überraschend: der Abstieg Karlsruhes aus der Eliteliga. Das Karlsruher Institut für Technologie ist eine Fusion aus Helmholtz-Institut und Technischer Universität. Ein Markenzeichen für gelungene Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich der Forschung. Karlsruhe hatte laut Bundesforschungsministerin Annette Schavan zwar ein exzellentes Zukunftskonzept, aber bei einem Baustein in dem Wettbewerb versagt: Karlsruhe hat kein Exzellenzluster durchgebracht – also einen fächerübergreifenden Forschungsverbund, der aber nötig ist, um auch den Extra-Eliteunizuschlag zu bekommen. Annette Schavan hat aber einen Lösungsvorschlag parat:

    "Die Wissenschaft hat der Politik ausdrücklich mit auf den Weg gegeben die Empfehlung, das Zukunftskonzept, die Fusion weiter zu begleiten und zu fördern. Die Fusion, das Zukunftskonzept des Karlsruher Instituts für Technologie ist außerordentlich positiv bewertet worden. Und nach Rücksprache mit der Wissenschaftsministerin von Baden-Württemberg, Frau Bauer, kann ich Ihnen mitteilen, dass der Bund und auch das Land dieser Empfehlung der Wissenschaft folgen wird."

    Als Vertreterin der CDU-geführten Bundesländer saß Niedersachsens Wissenschaftsministerin Johanna Wanka auf dem Bonner Podium bei der Ergebnisanalyse. Bei ihr war Enttäuschung zu spüren. Denn die Universität Göttingen muss in Zukunft auf Elite-Status und -Gelder verzichten. Rund 30 Millionen Euro aus der Kasse des Bundes fließen jetzt nicht nach Göttingen. Doch laut Johanna Wanka wird Niedersachsen helfen:

    "Das Land sichert und lässt die Universität jetzt in keiner Weise irgendwas abbrechen. Weil die Entwicklung der Universität ist großartig in den letzten Jahren. Da müssen wir dafür Sorge tragen von Seiten des Landes, dass praktisch dieser Schwung aufgenommen wird und sich in den nächsten Jahren fortsetzt."

    Richtig abgeräumt haben die bayerischen Hochschulen, LMU und TU München bleiben Elite und die Ludwig-Maximilians-Universität bundesweiter Krösus: Sie hat alle ihre neun Förderanträge mit einem Antragsvolumen von 300 Millionen Euro bewilligt bekommen. Ein ähnlicher Schwerpunkt findet sich nun in Berlin: Dort sind nun Freie und Humboldt-Universität Elite. Der Humboldt-Uni-Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz zählt sich gemeinsam mit der TU Dresden zur ostdeutschen Fraktion in der Hochschullandschaft und erwartet nun im Wettstreit um die besten Köpfe in der Wissenschaft eine richtige Sogwirkung Richtung Hauptstadt. In den Vertretungen der Studierendenschaft gab es auch Enttäuschung: Der AstA der FU hatte gehofft, dass der Spuk nach fünf Jahren endlich vorbei sei und kritisierte antidemokratische Elemente in dem Wettbewerb. Der Freiburger AstA befürchtet nun, dass nun die einstigen Elite-Flagschiffe weiter Geld bekommen – und zwar auf Kosten kleinerer, unauffälligerer Fächer.