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Von gut auf befriedigend

In Spanien hat die Arbeitslosigkeit ein neues Rekordniveau erreicht. Die neuen Zahlen sind ein weiterer schwerer Schlag für die konservative Regierung von Mariano Rajoy, nachdem Standard & Poor's Spanien am Donnerstagabend als erste der drei großen Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit "A" entzogen hatte.

Von Michael Braun | 27.04.2012
    Die Nachrichten aus Spanien sind alles andere als gut. Die Arbeitslosigkeit ist im ersten Quartal auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Knapp 5,7 Millionen Erwerbsfähige haben keine Stelle. Die Arbeitslosenquote stieg seit Ende vorigen Jahres um zwei Prozentpunkte auf 24,4 Prozent. Auch dies ahnend, hatte die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Spaniens herabgestuft. Dies gleich um zwei Punkte von A auf BBB plus. In Schulnoten übersetzt heißt das: von gut auf befriedigend. Es ist also mehr die Bewegung nach unten, die stört, nicht so sehr das erreichte Niveau. Ulrich Rathfelder, bei der Landesbank Hessen-Thüringen zuständig für Spanien, stimmt deshalb auch nicht mit Standard Poor’s überein, wenn die Agentur bezweifelt, die Arbeitsmarktreformen würden unter dem Strich in absehbarer Zeit neue Stellen schaffen. Ihm macht anderes mehr Sorgen:

    "Die Sorgen, was die Arbeitsmarktreformen angeht, sind bei mir nicht so strak. Ich glaube schon, dass die Regierung den Willen hat und auch den Mut, das umzusetzen. Die größeren Probleme sind halt die Refinanzierungsrisiken der Regierung und die Unsicherheit über den spanischen Bankensektor."

    An den Finanzmärkten ließen die ersten Sorgen wegen der Abwertung Spaniens auch nach. Der Deutsche Aktienindex etwa drehte aus einem kräftigen Minus ins Plus. Auch der Euro erholte sich von weniger als 1,32 Dollar auf deutlich mehr als 1,32 Dollar. Die Renditen spanischer Staatsanleihen aber stiegen auf 5,93 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit, haben aber das Tageshoch auch wieder verlassen. Doch Anleger werden immer wieder Gelegenheit haben, ihre Meinung zur Kreditwürdigkeit Spaniens zu überprüfen und in ihre Spekulation einfließen zu lassen, meint Rathfelder:

    "Man muss eben Geduld haben. Positiv ist ja durchaus, was eben die Realwirtschaft angeht, die spanischen Exporte sich erfreulich entwickelt haben und auch die Leistungsbilanz sich deutlich reduziert hat. Und jetzt ist halt die andere Frage, wie machen wir das mit der Finanzierung und der Refinanzierung der Staatsschulden. Da sind eben aufgrund der hohen Fälligkeiten, die ständig refinanziert werden müssen, natürlich Unsicherheiten in den nächsten Monaten zwangsläufig da."

    Größte Sorge macht die spanische Bankenbranche. Zu teure Immobilien, die nun billig verkauft werden müssen, lassen Kredite platzen. Immer wieder wird spekuliert, Spanien müsse auf Hilfsgelder seiner Partner zurückgreifen. Der Internationale Währungsfonds beschwichtigt, sagt, die angeschlagenen Banken hätten ausreichend Kapital, um die Rezession auszuhalten. Doch das wird in Frankfurt bezweifelt. Es gibt auch die Debatte, Spaniens Banken sollten sich direkt beim Rettungsfonds ESM Kredite besorgen. Doch das trifft zum Beispiel auf deutschen Widerstand. Denn bislang ist verabredet, nicht Banken, sondern Staaten sollten Kredite vom ESM bekommen, dies aber unter Auflagen. Direkte Kredite an Banken würden diese Auflagen umgehen - zulasten der größten Gläubiger des Rettungsfonds. Und zulasten des Vertrauens in den Euro.