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Von Hashtags und @-Locators

Von Twitter haben die meisten Internetnutzer natürlich längst etwas gehört. Fragt man dagegen unter Bekannten, wer den Kurznachrichtendienst tatsächlich nutzt, heben oft nur wenige die Hand. "Computer und Kommunikation" erklärt die Unterschiede zu Facebook und erläutert Basisbegriffe wie "Tweet" und "Re-Tweet".

Von Maximilian Schönherr | 13.07.2013
    Manfred Kloiber: Sie werden ja meistens in einem Atemzug genannt, wenn es um die sogenannten sozialen Netzwerke geht: Facebook und Twitter. Zwei Dienste, die scheinbar als Kombi so etwas wie die Grundausstattung für die moderne Kommunikation bedeuten. Doch tatsächlich stehen sie eher nebeneinander als beieinander, und viele Nutzer des einen Dienstes fragen sich, was sie wohl mit dem anderen sollen. Maximilian Schönherr, wie unterscheiden sich denn Twitter und Facebook?

    Maximilian Schönherr: Facebook ist ein symmetrisches Kommunikationssystem. Wenn ich ein Freund von jemand anderem bin, ist der auch mein Freund. Es ist ein soziales Netz von Freunden für Freunde. Wenn ich auf einem Fußballplatz bin, und die blaue Mannschaft ein Tor schießt, kann ich das eben mal in Facebook schreiben, und dann lesen es meine Freunde – zum Beispiel auf ihrem Smartphone direkt woanders, in der U-Bahn. Twitter ist im strengen Sinn kein soziales Netz, um Freundschaften zu pflegen, sondern eher eine private Nachrichtenagentur, asymmetrisch. Ich folge da Menschen, die können auch mir folgen, das kann schon sein. Aber an sich ist das asymmetrisch, das heißt, es geht in eine Richtung. Und wenn ich das Tor bei dem Fußballspiel als Twitter-Nachricht verfasse, dann können es eben alle sehen, und nicht nur ein paar Freunde. Es gibt da keine Eingrenzung. Anders als bei Google+, das ist ja der direkte Konkurrent zu Facebook, hat Twitter andere Qualitäten. Die Nachrichten sind sehr kurz, jeder kann sie lesen, es gibt keine Grüppchen. Alle zweieinhalb Tage werden eine Milliarde Tweets in die Welt gesetzt – Tendenz auch in Deutschland steigend.

    Kloiber: Bleiben wir noch ein bisschen bei diesem Kurznachrichtendienst Twitter und hören uns einmal an, wie der eigentlich im Detail funktioniert.


    Beginn Beitrag:


    Twitter gibt es seit sieben Jahren. Tweets dürfen 140 Zeichen nicht überschreiten, sie haben also die Länge einer SMS. Man spricht von Mikroblogging. Beispiel für einen Tweet aus 60 Zeichen:

    "Wir wünschen unseren muslimischen Followers Ramadan Mubarak!"

    Also eine gesegnete Fastenzeit, Ramadan Mubarak. Das schrieb die Botschaft Israels am Mittwoch um 15.31 Uhr in Twitter. In derselben Minute lasen und gaben das zwei andere Twitter-Mitglieder weiter, nämlich Karin Feltes und Emre Acarer. Weil er 130 und sie 483 Anhänger (Follower) hat, verbreiteten sich die Ramadan-Wünsche der Botschaft weiter.

    Der Tweet ist die Keimzelle, das Re-Tweeting sorgt für den Schneeballeffekt. Wenn ein Aggregator, also jemand, dem Hunderttausende folgen, etwas twittert, twittern das andere weiter und dann lesen es Millionen.

    Der Chef von Twitter, Dick Costolo, will in dem Dienst eine Basisdemokratisierung der Echtzeit-Kommunikation erkennen. Barrieren, die Jahrhunderte lang zwischen den Mächtigen und Machtlosen lagen, seien jetzt zerschlagen:

    Costolos Lieblingsbeispiel ist ein von Millionen gelesener Rüffel eines eingebildeten Hip-Hoppers aus Kanada. Der Musiker Drake gab bei Twitter damit an, dass die erste Million verkaufter Schallplatten ein so beschwerlicher Weg war. Worauf der Öl-Tycoon T-Boone Pickens zurück-tweetete:

    "Die ersten Milliarden sind viel schwerer."

    Wegen der kleinen Datenmengen der Nachrichten spielte Twitter im arabischen Frühling eine gewichtige politische Rolle. Im Juni 2013 wurde der Grimme Online Preis erstmals an eine Kampagne verliehen, die über Twitter lief. Frauen meldeten da unter dem Kürzel #Aufschrei Fälle von Missbrauch und Frauenfeindlichkeit.

    Vor Schlüsselbegriffen in Twitter steht das Doppelkreuz: Doppelkreuz/Aufschrei. Man spricht vom Hashtag. Den hat Twitter nicht erfunden, aber populär gemacht.

    Genau wie den At-Handle, der Klammeraffe vor einem Namen. @DLF_Forschung ist der Name unserer Redaktion, mit #PRISM findet man Inhalte zum US-Überwachungsprogramm, zum Beispiel Aufrufe zu Demonstrationen wie diese - 120 Zeichen lang:

    "Demo in #Hamburg. Schickt mal eure Schild-Ideen! Zum Beispiel: "Bitte schickt mir mein Passwort zu, ich habs vergessen!"