Freitag, 19. April 2024

Archiv


Von Jutetasche bis Bio-Espresso

Fair gehandelter Kaffee - viele Leute wissen, was das ist, und manche kaufen ihn auch. Das ist unter anderem das Verdienst von gepa. Gepa, die "Gesellschaft zur Partnerschaft mit der Dritten Welt". In den siebziger Jahren kümmerten sich kirchliche Jugendgruppen darum, wie der Handel mit diesen Ländern funktioniert. Solidarität war ihnen damals wichtig: Solidarität mit den armen Kaffeebauern zum Beispiel. Daraus entwickelte sich eine wirtschaftliche Initiative. Gepa, das Fair Handelshaus. Es wird jetzt dreißig Jahre alt. Inzwischen ist nicht nur die Solidarität wichtig, sondern auch die Qualität.

Von Britta Demmer | 13.05.2005
    Schon lange rieche es nicht mehr nach Jute und starkem Kaffee im Zentrallager der Gepa, erklärt Karl Lennartz, Einkaufsleiter des Fair Handelshaus in Wuppertal. Seit 29 Jahren arbeitet er für den Fairen Handel:

    "1976, als ich angefangen habe, da waren wir in zwei gemieteten Wohnungen untergebracht: eine Wohnung war Büro, eine Wohnung Lager. Das waren vielleicht hundert Quadratmeter maximal. Die ersten Produkte waren in erster Linie Tansania Tee, Guatemalakaffee und alles Mögliche, was es damals als Handwerk gab."

    Heute lagern auf 5000 Quadratmetern Fläche Instant Cappuccino, Nugatcreme, Quinoa-Nudeln oder Eistee in dekorativer, umweltfreundlicher Verpackung. 225 verschiedene Nahrungsmittel- und über 1000 Handwerksprodukte aus aller Welt sind in den sechs Meter hohen Regalreihen verstaut:

    " Wir haben ca. 35.000 Paletten im Jahr, die rein und raus gehen und ca. 15000 Postlieferungen. Unsere umsatzstärksten Produkte sind die verschiedenen Kaffeesorten, danach kommen andere Foodprodukte wie Wein, wie Honig, wie Tee. Immer mehr auch Schokolade, die hier in Deutschland hergestellt wird."

    Rund drei Millionen Menschen kaufen gelegentlich oder regelmäßig fair ein. Die meisten von ihnen Kaffee, den es heute in 25 Variationen gibt: vom Espresso bis zum Bio Cappuccino. Auch den Nicaragua Kaffee, die legendäre "Sandino Dröhnung" gebe es noch, schmunzelt Lennartz, aber heute schmecke er viel besser als damals. Seit Anfang der 90er Jahre hat die Gepa konsequent die Qualität der Produkte in den Vordergrund gerückt, erklärt Geschäftsführer Thomas Speck. Insbesondere die Bioprodukte haben heute einen sehr hohen Stellenwert im Gepa Programm:

    " Hier stehen wir beispielsweise vor einer Palette, da sieht man die Bio Gepa Orange Schokolade, 100 Gramm Tafel, das ist ‚ne sehr, sehr gute Schokolade, die sehr gut angekommen ist und die bei der Biofach auch Produkt des Jahres geworden ist. Das ist beim Kaffee auch der Fall. Ganz viele Kaffees kommen aus dem Bioanbau und die Bioprodukte boomen überdurchschnittlich."

    Heute sind 60 Prozent aller Lebensmittel aus biologischem Anbau. Die Kombination aus "fair" und "bio" werde immer beliebter bei den Konsumenten, erklärt Geschäftsführer Speck. Und auch für den Produzenten zahle sich der ökologische Anbau aus. Für Bioqualität bei Kaffeebohnen gibt es für rund 100 amerikanische Pfund - das sind etwas mehr als 45 Kilo - 15 US Dollar extra. Ohnehin erhalten die Gepa-Kooperativen zur Zeit für Kaffee das Doppelte vom regulären Weltmarktpreis. Außerdem profitieren sie von den Gewinnen des Gepa Geschäfts. Sie fließen nämlich zu 100 Prozent in den Fairen Handel zurück. Durch sie werden Kredite, Fortbildungen und Beratungen für Produzenten im Süden finanziert. Aber nicht nur durch eine verbesserte Qualität, auch durch neue Vertriebswege hat der faire Handel mehr Kunden gewonnen:

    " Ende der 80er/Anfang der 90er haben wir eine Handelsausweitung beschlossen. Wir haben beschlossen nicht nur an Weltläden und Aktionsgruppen zu verkaufen, sondern auch in jeden Markt zu gehen, den wir finden können in Deutschland, auch in die Naturkostläden, in die Supermärkte, in Versandunternehmen in Firmenkantinen usw. Damit sind wir sehr stark gewachsen. Interessanterweise nicht nur in den Supermärkten, sondern vor allen Dingen auch parallel dazu weiter in den Weltläden."

    Entgegen dem allgemeinen Trend im Einzelhandel, konnte das Faire Handelshaus im vergangenen Jahr auf ein Wachstum von drei Prozent verweisen, erklärt Speck stolz. In den Supermärkten nahm der Umsatz sogar um 16 Prozent zu. Mit 37 Millionen Euro Umsatz ist die Gepa das größte Fairhandelshaus in Europa. Bald sei das Lager - Umschlagplatz für die Waren aus dem Süden - ausgelastet, ergänzt Einkaufsleiter Lennartz, dann stehe ein neuer Umzug bevor.