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Von Öl und Ozon
Luftverschmutzung in den USA

In keinem anderen Land der Welt hat es in den vergangenen Jahrzehnten einen vergleichbaren Boom der Öl- und Gasförderung gegeben, wie in den Vereinigten Staaten. Überall werden neue Lagerstätten erschlossen, oft durch das sogenannte Fracking. Neben einer ganzen Reihe anderer Probleme steigt dadurch im Winter die Ozonbelastung der bodennahen Atmosphäre.

Von Monika Seynsche | 11.01.2016
    "Die sommerliche Ozonbelastung ist ein großes Problem in den Vereinigten Staaten und erst vor sechs Wochen haben der Präsident und die staatliche Umweltbehörde EPA beschlossen, die Grenzwerte herabzusetzen, von 75 parts per billion auf 70 ppb. Dadurch weisen noch mehr Regionen der USA zu hohe Belastungen auf."
    Die Grenzwerte seien damit schon überschritten, wenn auf eine Milliarde Moleküle in der Luft 70 Ozonmoleküle kommen, sagt Stuart McKeen vom Erdsystemforschungslabor der NOAA, der Nationalen Organisation für Ozean- und Atmosphärenforschung der USA in Boulder, Colorado. Ozon ist ein giftiges Gas, das die Atemwege angreift. Allerdings ist es gar nicht so leicht, herauszufinden, wo dieses Ozon herkommt. Denn das Gas selbst bildet sich erst in der Atmosphäre aus Vorläuferstoffen. Deren Spur haben Stuart McKeen und seine Kollegen verfolgt.
    "Wir haben in unserer Studie Daten von Messflugzeugen verwendet. So konnten wir über sehr großen Gebieten sehen, welche Chemikalien aus Öl- und Gasförderstätten in die Atmosphäre gelangen. Wir haben uns dafür fünf verschiedene Fördergebiete angeschaut, in Texas, in Arkansas, in der Marcellus-Formation in Pennsylvania sowie im Denver-Julesburg Becken hier in Colorado."
    In diesen fünf Gebieten findet die Hälfte der gesamten Öl- und Gasproduktion der USA statt. Aus den Bohrlöchern selbst entweichen dabei reichlich flüchtige organische Verbindungen. Aus den Abgasen der Verdichter, mit denen das Gas komprimiert wird, sowie der Fahrzeuge, die für die Öl- und Gasförderung gebraucht werden wiederum gelangen große Mengen Stickoxide in die Atmosphäre. Sowohl flüchtige organische Verbindungen als auch Stickoxide gelten als Vorläuferstoffe der Ozonentstehung. Die Forscher speisten ihre Messwerte in ein Modell ein, das die entstehende Ozonbelastung berechnete.
    "Diese Belastung kann sehr groß sein. Im Denver Becken etwa sind es unserem Modell zufolge 10 parts per Billion Ozon täglich, die wir allein auf die Öl- und Gasindustrie zurückführen können. Und dazu kommen ja noch die 70 ppb, die die Stadtbevölkerung in Denver sowieso produziert."
    Die zusätzliche Belastung durch die Öl-und Gasindustrie führt so dazu, dass die Grenzwerte deutlich überschritten werden. Um die Ozonbelastung einer Region abzuschätzen, werden bislang standardmäßig Schätzwerte der amerikanischen Umweltbehörde EPA verwendet. Stuart McKeen und sein Kollege Ravan Ahmadov entdeckten allerdings, dass ihre Messwerte eine wesentlich genauere Abschätzung der Ozonbelastung ermöglichen als die Daten der Umweltbehörde.
    "Die EPA nutzt für ihr Emissionskataster Daten einzelner Verbrennungsmotoren, deren Stickoxid-Emissionen genau vermessen und dann hochgerechnet wurden auf die gesamten Produktionsstätten. Aber das ist nicht sehr genau, denn die Emissionen hängen stark von der Geologie, der Infrastruktur und deren Alter sowie den gesetzlichen Bestimmungen ab, die von Bundesstaat zu Bundesstaat variieren."
    Ravan Ahmadov und Stuart McKeen fordern deshalb ein Umdenken der Behörden. In Zukunft sollten konkrete Messdaten zur Abschätzung der Emissionen herangezogen werden, statt grober Schätzwerte. Das sei nicht nur für die Ozonbelastung wichtig, sagt Stuart McKeen.
    "Wir sollten noch erwähnen, dass wir nicht nur flüchtige organische Verbindungen und Stickoxide messen können. Es gibt auch krebserregende Substanzen, die die Öl- und Gasindustrie emittiert. Und da messen wir wesentlich höhere Emissionen als das Emissionskataster der Umweltbehörde vermuten lassen würde."