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Vor 100 Jahren geboren
Für Mitchum war Schauspielerei ein Job wie jeder andere

Antistar, Antiheld, Außenseiter: Robert Mitchum kam spät zum Film, stieg dann aber schnell zum Superstar auf. Er galt als Spezialist für das Böse, war aber meist als Abenteurer, Detektiv oder Gangster im Einsatz. Vor 100 Jahren wurde er in den USA geboren.

Von Marli Feldvoß | 06.08.2017
    Szene aus dem Film "Die Nacht des Jägers"
    Robert Mitchum sah die Schauspielerei selbst nur als einen Job. (imago/United Archives)
    Der Filmstar Robert Mitchum konnte sich auch als Sänger und Komponist sehen lassen. Mit seiner Filmmusik "The Ballad of Thunder Road" landete er sogar einen kleinen Hit. Richtig aufgedreht wirkt der sonst für seine Coolness geschätzte Schauspieler, der ewige Nonkonformist, der Hollywood immer die kalte Schulter zeigte. Der erklärte Antistar gilt dennoch als der letzte der großen tough guys aus der Traumfabrik. Ein Draufgänger, ein richtiger Kerl mit einer singulären Leinwandpräsenz. Sein NAR – "No acting required" (Spielen nicht gefragt!) – das er oft als Randbemerkung ins Drehbuch schrieb - war Legende. Mitchum wurde lange unterschätzt - in Wirklichkeit war der Autodidakt ein harter Arbeiter. Regisseur John Huston musste es wissen:
    "Mir wurde erzählt, Bob sei schwierig. Keine Spur. Er ist einer der großartigsten Schauspieler, mit denen ich je zu tun hatte. Mit großartig meine ich Schauspieler vom Kaliber eines Olivier, Burton oder Brando. Bobs Ausdruck von Beiläufigkeit, besser gesagt: sein Mangel an Anmaßung, wird als fehlender Ernst ausgelegt. Aber oft marschiert er nur mit halboffenen Augen durch seine Filme, weil das alles ist, was verlangt wird. In Wirklichkeit wäre er in der Lage, King Lear zu spielen."
    Zum Film kam Robert Mitchum zufällig
    Der am 6. August 1917 in Bridgeport, Connecticut, geborene Robert Charles Durman Mitchum verlor schon mit zwei Jahren seinen Vater, trieb sich mit zwölf als Landstreicher herum und wurde mit 14 zu einer Haft als Kettensträfling verurteilt. In seinen Wanderjahren soll er sich als Seemann, Minenarbeiter und Boxer durchgeschlagen haben. Zum Film kam er zufällig; er vertauschte die Nachtschicht bei Lockheed mit dem Rücken der Pferde. "Gorilla pictures" nannte er die vielen gleichgestrickten Filme, in denen er nur auftrat, um den überlegenen Gegner zu besiegen.
    "Es ist ein Job wie jeder andere, kann ich nur wiederholen. Einer der größten Filmstars, die je gelebt haben, war Rin Tin Tin, und das war eine Hündin. Also so schwer kann es dann wohl doch nicht sein."
    Oscar für eine Nebenrolle
    Seine einzige Oscarnominierung erzielte Mitchum mit der Nebenrolle in dem Antikriegsfilm "The Story of G.I. Joe", Regie: William Wellman. Die Rolle des jungen Leutnants, der für die Beileidsbriefe an die Mütter der Gefallenen zuständig war, bescherte ihm den Durchbruch. Fünf Jahre später - 1950 - war Robert Mitchum ein Superstar.
    "Bis zum Krieg hatte ich Schwuchteln und Saufbrüder und andere merkwürdige Rollen gespielt, aber plötzlich kamen die Bösewichter in Mode, damit konnte ich mich profilieren."
    Aber Mitchum war auch "die" Ikone des film noir. Seine zwielichtigen, gebrochenen Helden versuchten sich aus ihren Verstrickungen zu befreien. "Pursued", Regie: Raoul Walsh, 1947 war so ein tiefschwarzer Western, ein Melodram, in dem der Held seinem Schicksal, dem sicheren Tod, zu entkommen versucht, indem er seinem Kindheitstrauma auf die Spur kommt.
    Eine eigene Art, sich eine Rolle zu erschließen
    Robert Mitchum hatte seine ganz eigene Art, sich eine Rolle zu erschließen, er hatte keine Methode, er hatte Lebenserfahrung, davon lebte sein Charisma. Und er war vielseitig, nicht nur als Schauspieler, er spielte auch Saxophon, schrieb Gedichte, sogar ein Oratorium. Zu seinen schönsten Rollen gehört der Ex-Rodeo-Champion in "The Lusty Men" ,1952. Ein Heimkehrer, ein Einzelgänger, ein Verlierer – eine Rolle, die Mitchum viele Male variierte. Auf der anderen Seite die Bösewichter, Meilensteine der Filmgeschichte, sein Max Cady in "Cape Fear",1962, oder der Prediger Harry Powell in "Night of the Hunter", 1955, für viele sein bester Film, ein bigottes Ungeheuer, ein Frauenhasser.
    Ozean als letzte Ruhestätte
    Robert Mitchum saß 54 Jahre im Sattel und arbeitete bis zum Umfallen, zuletzt beim Fernsehen. Er starb am 1. Juli 1997 in Santa Barbara, Kalifornien, an Lungenkrebs. Seine Asche wurde im Pazifik verstreut.