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Vor 100 Jahren geboren
Herbert Zimmermann: Die Stimme von Bern

Vor 100 Jahren wurde Herbert Zimmermann, berühmter Reporter des WM-Endspiels 1954, geboren. Seine Schilderung des 3:2 durch Helmut Rahn gegen Ungarn ist bis heute legendär. Er hinterließ dem Radio auch die Konferenzschaltung. Eine Karriere im Spiegel der Hörfunkgeschichte.

Von Erik Eggers | 28.11.2017
    Der Sportreporter Herbert Zimmermann (r), interviewt Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger
    Fußball: Herbert Zimmermann und Sepp Herberger ( dpa - Sportreport, Lothar Heidtmann)
    Die Reportage vom Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 zählt bis heute, da sie immer über die Filmaufnahmen des Finales gelegt wird, zu den berühmtesten Tondokumenten deutscher Rundfunkgeschichte. "… und Bozsik, immer wieder Bozsik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor!"
    Mit Wortschöpfungen wie "Fußballgott" und emotionalen Ausbrüchen traf der Sprecher Herbert Zimmermann in diesem großen Straßenfeger den Nerv seiner Zeit. In diesen 90 Minuten wurde Herbert Zimmermann, der vor 100 Jahren, am 29. November 1917, in Alsdorf bei Aachen geboren wurde, zur "Stimme von Bern". Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius hat diesen 90 Minuten später, 1994, mit seiner Erzählung "Der Tag, an dem ich Weltmeister wurde" eine grandiose Liebeserklärung gewidmet. Darüber kann man sich heute wundern. Schließlich grummelte bei Zimmermann "von Ferne der Sound von Stuka, Führergeburtstag und Fliegeralarm", wie einer seiner Nachfolger, der WDR-Kommentator Manni Breuckmann, einmal urteilte.
    Diesen Sound hatte Zimmermann, als er in der Nazi-Zeit ausgebildet wurde, von seinem großen Idol Rolf Wernicke übernommen, der seinerzeit die Reportagen bei Reichsparteitagen sprach. Aber das verhinderte Zimmermanns Aufstieg nach 1945 nicht. Schon 1948 berichtete der vielseitig Begabte von den Olympischen Spielen in St. Moritz und London. Neben Wintersport und Leichtathletik kommentierte er auch Boxen, Tennis und Feldhandball. Über allem aber stand schon der Fußball.
    Zimmermann kommentierte auch das "Wembley-Tor"
    Ein weiteres Erbe Zimmermanns ist, neben dem WM-Finale von 1954, die Konferenzschaltung im Hörfunk, die er im Herbst 1952 initiierte. Auch kommentierte er 1966 im Hörfunk das berühmte "Wembley-Tor": "… da kommt eine Flanke nach innen, die Engländer haben eine Schusschance und… kein Tor! Kein Tor! Der Linienrichter hat die Fahne nicht hoch, der Ball prallt von der Querlatte ab. Das war wieder Glück. Hurst hatte geschossen. Und der Ball schien im Netz …Nein! Der Linienrichter gibt Tor. Der Linienrichter gibt Tor. Er hat den Ball im Netz gesehen."
    Doch das ist vergessen. Die Erinnerung an diese Szene wird in Deutschland dominiert durch den TV-Kommentar Rudi Michels. Die Blüte des Radios, sie war vorbei. Kurz darauf, am 16. Dezember 1966, starb Zimmermann an den Folgen eines Verkehrsunfalls.