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Vor 225 Jahren
Die Meuterei auf der "Bounty"

In der Geschichte der Seefahrt hat es immer wieder Meutereien gegeben, aber keine wurde so häufig beschrieben, erzählt und verfilmt wie die Vorfälle auf dem englischen Marineschiff "Bounty". Am 28. April 1789 kam es an Bord zum Aufstand.

Von Hartmut Goege | 28.04.2014
    Auf diesem Windjammer wurde der Filmklassiker "Meuterei auf der Bounty" mit Marlon Brando gedreht.
    Auf diesem Windjammer wurde der Filmklassiker "Meuterei auf der Bounty" mit Marlon Brando gedreht. (dpa / pa / Wagner)
    "Die ganze Nacht segelten wir bei schwachem Wind nordwärts. Soweit war nun unsere Reise mit ununterbrochen gutem Glück vor sich gegangen. Jetzt aber sollten wir etwas gänzlich anderes erfahren. Es hatte sich eine Verschwörung angesponnen, so geheim verabredet, dass auch nicht das geringste Anzeichen einen Verdacht in uns erregen konnte."
    So Kapitän William Bligh in seinen Erinnerungen an die Meuterei auf dem englischen Schiff "Bounty" am Morgen des 28. April 1789 im Südpazifik. Blighs Schilderungen zeigen den Wendepunkt einer Reise, die Seegeschichte schrieb und Gegenstand von Romanen, Theaterstücken und Hollywood-Filmen wurde:
    "He, wacht auf, zieht euch an, und zwar ein bisschen plötzlich meine Herren!"
    - "Was ist los, was ist passiert, greift man uns an?"
    - "Nein, wir haben das Schiff genommen, der Käpt'n ist unser Gefangener!"
    - "Meuterei?
    Auf der Leinwand meist als peitschender Tyrann dargestellt, war der 33-jährige William Bligh nicht besser oder schlechter als andere damalige Schiffskommandanten. Die Mannschaften waren oft ein zum Dienst gepresstes Volk, das auf den Schiffen der britischen Marine leben und sterben musste. Geringste Verfehlungen wurden hart bestraft und Fahnenflucht oder Meuterei sogar mit dem Tod. Bligh galt als besonnener Kommandant. Was also war geschehen?
    Aus Kostengründen wurde auf vieles verzichtet
    Die Bounty hatte den Auftrag Ableger der Brotfruchtpflanzen von Tahiti in die Karibik zu transportieren. Denn seit der amerikanischen Unabhängigkeit waren Getreidelieferungen aus den nordamerikanischen Kolonien ausgefallen. Nun fehlten auf den Zuckerrohrplantagen der Kronkolonie Jamaika billige Grundnahrungsmittel für die Sklaven. Joseph Banks, Präsident der einflussreichen Royal Society - der britischen Akademie der Wissenschaften - hatte sich für die Brotfrucht begeistert seit James Cook sie in der Südsee entdeckt hatte. William Bligh wiederum war Cooks Navigator und kannte sich in den Gewässern gut aus. Banks aber stellte ihm aus Kostengründen mit der Bounty nur ein kleines Schiff mit 46 Mann Besatzung zur Verfügung. Joseph Banks:
    "Da die Regierung allein das Ziel verfolgt, Westindien mit der Brotfrucht und anderen nützlichen Produkten des Ostens zu beliefern, dürfen Kapitän und Besatzung es nicht als Anlass zur Klage betrachten, wenn ihre Räumlichkeiten zum größten Teil diesem Zweck geopfert werden."
    Selbst auf Seesoldaten - zur Aufrechterhaltung der Disziplin unentbehrlich - wurde verzichtet. Das aber sollte sich rächen. Nach einer zehnmonatigen schweren Seereise erreichte man endlich Tahiti. William Bligh:
    "Unter den Eingeborenen bemerkten wir große Freude über unsere Ankunft. Bald erschienen auch zwei Boten. Jeder von ihnen überbrachte ein kleines Ferkel und einen jungen Pisamstamm als Zeichen der Freundschaft."
    Stimmung war gereizt, Disziplin am Boden
    Der Aufenthalt nahm für die Mannschaft paradiesische Züge an. Sie genossen das süße Nichtstun und den Kontakt zu den freundlichen Einheimischen. Einige gingen Liebesbeziehungen ein, andere erlagen ihrer Trunksucht. Nach fünf Monaten, am 4. April 1789, verließ die Bounty Tahiti wieder - mit über 1000 Jungpflanzen an Bord. Entsprechend eng ging es auf dem Schiff zu, die Stimmung war gereizt, die Disziplin am Boden. Vier Tage vor der Meuterei kam es zum Streit zwischen Bligh und seinem Offizier Fletcher Christian, den Bligh für fehlende Ausrüstung verantwortlich machte. Und am Vorabend der Meuterei beschuldigte Bligh ihn, Schiffsvorräte gestohlen zu haben. In der Nacht geschah dann die Katastrophe. William Bligh:
    "Kurz vor Sonnenaufgang, als ich noch schlief, kamen Herr Christian und drei seiner Kumpane in meine Kajüte, ergriffen mich, banden mir die Hände auf den Rücken und drohten, mich augenblicklich zu töten, wenn ich nur den geringsten Lärm machen würde."
    Mit 18 ihm ergebenen Männern wurde Bligh in das Beiboot verfrachtet, mit etwas Proviant versorgt und in den scheinbar sicheren Tod geschickt. Doch in einer nautischen Meisterleistung navigierte Bligh in knapp zwei Monaten das überfüllte Boot 6000 Kilometer bis nach Timor, dem heutigen Indonesien. In London feierte man ihn. Der "English Chronicle" schrieb 1790:
    "Dass er ein kleines Skiff durch ein so gefährliches Meer gesteuert hat, beweist ein seemännisches Können, das so unvergleichlich ist, wie das Unternehmen selbst jenseits des Vorstellbaren zu liegen scheint."
    Die meisten Meuterer wurden zwei Jahre später gefangen. Vier von ihnen aber war die Flucht geglückt. Deren Nachkommen leben noch heute auf der einsamen kleinen Insel Pitcairn, dem letzten britischen Überseegebiet im Südpazifik.