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Vor 25 Jahren
Bundestag billigte Bundeswehr-Einsatz in Somalia

Der Bundestag schickte 1993 erstmals bewaffnete Soldaten ins Bürgerkriegsland Somalia. Sie leisteten humanitäre Hilfe, doch der UNO-Einsatz scheiterte. Die Somalier verloren das Vertrauen in die internationale Gemeinschaft. Der Krieg der Warlords dauerte noch viele Jahre.

Von Ulrike Winkelmann | 02.07.2018
    Menschen suchen am in Mogadischu (Somalia) nach einem Selbstmordanschlag in den Trümmern eines Hauses nach Überlebenden. Über ihnen sind Rauchsäulen ztu sehen.
    Selbstmordanschlag in Mogadischu: Seit Jahrzehnten herrscht Gewalt in Somalia. Die Shabaab-Miliz kontrolliert weite Teile des Landes und will dort einen islamischen Gottesstaat errichten. (AP / Abdi Warsameh)
    "Jetzt sind wir gerufen, anderen zu helfen - so wie wir 20 Jahre lang - das heißt, noch viel länger, unter dem Schutz der NATO, unter dem Schutz der Vereinten Nationen und unter dem Schutz des Rechts in der Welt gestanden sind."
    Bonn, am 2. Juli 1993. Der Bundestag debattiert über die "Beteiligung der Bundeswehr an UNOSOM II", also darüber, ob Deutschland sich am UN-Einsatz in Somalia beteiligen soll, um am Horn von Afrika Frieden zu schaffen.
    "Es geht um den Einstieg in eine neue Sicherheits- und Außenpolitik, deren zentrales Anliegen der Wiedereinstieg Deutschlands in die Weltpolitik, der ständige Sitz im Sicherheitsrat und - als angeblich notwendige Voraussetzung dafür - die militärische Normalisierung Deutschlands ist."
    "Herr Kollege Klose, ich möchte Ihnen vor allem sagen: Es geht der Bundesregierung allein darum, in Somalia bedrängten Menschen zu helfen - und sonst um nichts."
    Nur mit Zustimmung des Parlaments
    Unions-Fraktionsvize Michael Glos, SPD-Fraktionschef Hans-Ulrich Klose, Außenminister Klaus Kinkel und ein gutes Dutzend weiterer Redner haben zwei Stunden: Soviel Zeit ist auf der Tagesordnung an diesem Freitag eingeräumt. Verhandelt wird 1993 ein doppeltes "erstes Mal".
    Erstmals muss die Bundesregierung die Zustimmung des Parlaments einholen, um die Bundeswehr in die Welt zu schicken. So hatte es zehn Tage zuvor das Bundesverfassungsgericht verlangt. Und: Erstmals soll die Bundeswehr in einen bewaffneten Einsatz außerhalb des NATO-Gebiets gesandt werden. So will es die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl.
    Für die Regierung Kohl steht 1993 der Ruf Deutschlands auf dem Spiel: In Somalia will man zeigen, dass das wiedervereinigte Land willens und imstande ist, sich an internationalen Einsätzen unter UNO-Mandat zu beteiligen.
    SPD fordert Grundgesetzänderung
    Die oppositionelle SPD will sich einer neuen Rolle in der Welt einerseits nicht verweigern. Auch müsse im gepeinigten Somalia Hilfe geleistet werden. Aber, sagen die Sozialdemokraten: so nicht. Sie fordern eine Grundgesetzänderung und gehen dafür auch nach Karlsruhe, damit die sicherheitspolitische Neubestimmung Deutschlands rechtlich und demokratisch unterfüttert werde.
    "Logistik für Kampftruppen ist kein humanitärer Einsatz, und deshalb ist dieser Einsatz verfassungsrechtlich nicht in Ordnung."
    "Es wäre fatal, wenn Verlässlichkeit und Bündnistreue unseres Vaterlandes - und damit unsere Glaubwürdigkeit - von der inneren Zerrissenheit und den überholten ideologischen Positionen der Weltmacht SPD abhängen würden."
    "Meiden Sie die Sonne"
    In gewisser Weise ist die Diskussion im Bundestag aber nur das demokratische Nachspiel zu Fakten, die längst geschaffen sind. Denn schon seit Mitte Mai '93 ist ein Erkundungskommando der Bundeswehr in Somalia vor Ort.
    "Kameraden! Denken Sie an eins! Sie sind nicht im Geringsten an diese Temperaturen akklimatisiert. Seien Sie vorsichtig im Umgang mit diesen Temperaturen und meiden Sie die Sonne. Deshalb zuerst einmal unter dieses Zelt, marsch! Weg!"
    Belet Huen: Diese 100.000 Einwohner-Stadt etwa 300 Kilometer nördlich von Mogadischu ist der Stationierungsort für die Deutschen. Hier gebe es, so zählt die Einsatz-Broschüre der Bundeswehr auf, "20 Restaurants mit somalischer Küche, acht Friseure, eine Computerschule" - und eine Videothek. Während in der Hauptstadt Mogadischu Tod und Verheerung herrschen, auch UN-Soldaten sterben, gilt Belet Huen als "sichere Umgebung": Ein "secure environment" für die Bundeswehr, das hat die Bundesregierung mit der UNO verabredet. Wobei zu diesem Zeitpunkt durchaus unklar ist, wie friedlich es in Belet Huen bleibt.
    Grausame Kämpfe nach Siad Barres Flucht
    21 Jahre lang hat der Diktator Mohamed Siad Barre über Somalia geherrscht, als er sich Anfang 1991 absetzen muss. Da toben die Kämpfe zwischen den sogenannten Clans bereits. Nach der Flucht Siad Barres werden sie nur noch heftiger und grausamer.
    "Wir haben einen Hai getötet und damit 1.000 Haie auf die politische Bühne gelassen", zitiert der Deutschlandfunk später einen der Rebellen, die Siad Barre gestürzt haben. Eine Hungersnot bricht aus, Hunderttausende sterben. Die UNO schickt Anfang 1992 humanitäre Hilfe und Blauhelm-Soldaten. Die USA greifen mit einer eigenen militärischen Mission ein. Ab Ende 1992 trommeln die Vereinten Nationen dann Mitglieder für "UNOSOM II" zusammen.
    "Ich weiß ganz genau, daran erinnere ich mich, dass natürlich der Wunsch, dass wir uns daran beteiligen, in erster Linie von draußen, unter anderem von den Vereinten Nationen kam."
    Große Erwartungshaltung gegenüber der Bundesrepublik
    Der Druck, sich an der UNO-Mission zu beteiligen, sei spürbar - wenn auch nicht ausdrücklich formuliert gewesen. So schildert es heute Klaus Kinkel, FDP-Außenminister von `92 bis `98:
    "Es ist doch vollkommen klar, dass die Erwartungshaltung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber - ohne dass das so absolut expressis verbis gesagt wurde - größer war, auch an Friedensmissionen teilzunehmen, an Out-of-area-Einsätzen. Aber es war nicht so, dass man da in besonderer Weise drauf gestoßen werden musste direkt."
    Im Dezember 1992 beschließt die deutsche Bundesregierung, dass 1.700 deutsche Soldaten in Somalia dabei sein sollen.
    "Ich kriegte kurz vor Weihnachten die Anfrage, ob ich bereit bin, die Aufgabe zu übernehmen als erster Kommandeur, und da habe ich am Telefon gesagt ‚ja‘…"
    Mehr als widersprüchliche Ansagen aus der Politik
    Oberst Helmut Harff befehligt eine Fallschirmjägerbrigade in Saarlouis, als er den Auftrag erhält, das Kommando über die deutschen Truppen in Somalia zu übernehmen. Harff hat bereits internationale Erfahrungen bei NATO-Übungen gesammelt.
    "… und wir wurden geimpft, kriegten Erstanweisung. Es wurde gerödelt, wie man so sagt."
    Es gibt zu diesem Zeitpunkt bei der Bundeswehr keinerlei geregelte Verfahren für solch einen Einsatz - woher auch. Die Ansagen aus der Politik sind überdies mehr als widersprüchlich.
    Genaue Stationierung bis kurz vor Abflug unklar
    Darüber, wo die deutschen Truppen überhaupt hin sollen, herrscht noch bis kurz vor Abflug Unklarheit. Ebenso wie über den Zweck der Sache: In der Öffentlichkeit stellt es Verteidigungsminister Volker Rühe so dar, dass der Einsatz ganz überwiegend humanitär sein solle - sozusagen bloß Nahrungsversorgung mit etwas anderen Mitteln. Doch die Soldaten wissen es besser.
    "Es ging um Transportleistung, es ging um sanitätsdienstliche Leistung - letztlich ein Logistikverband - aber auch Sicherung", so lauteten die Aufgaben, die Oberst Harff aufgezählt wurden. Er dachte, schildert er heute:
    "Das wird nicht so einfach."
    Aber: "Glauben Sie im Ernst, dass ich nicht von mir überzeugt war?"
    Das indische Kontingent, das nie kommt
    Nachdem der Bundestag am 2. Juli 1993 seine Zustimmung erteilt, sticht am Tag darauf das erste Schiff mit Material für die deutschen Truppen in See. Die Hauptaufgabe der Deutschen in Somalia lautet nun nach Planung der UNO: Versorgung eines indischen Kontingents.
    Nur: Die Inder lassen auf sich warten. Sie werden nie kommen. Die deutsche Presse berichtet, dass die Soldaten im Camp "Ihr Inderlein kommet" singen. Bei aller Aufregung über Verfassungsfragen und Parteienstreit bemerkt in Deutschland kaum jemand, dass die UNOSOM II-Mission bereits auseinanderzubrechen droht, als die Bundeswehr sich in Belet Huen gerade erst einrichtet. Was Kommandeur Harff nach Bonn meldet, will dort offenbar niemand hören:
    "Ich habe relativ früh von den Absichten der Franzosen und Belgier erfahren, dass sie ihr Kontingent abziehen müssen, den Einsatz beenden müssen, weil Sarajevo brannte, und für die Belgier, weil im Kongo die Tutsi und Hutu sich gegenseitig umbrachten. Ich habe sehr früh auch erfahren, dass die indische Brigade dann wohl kaum nach Belet Huen kommen könnte. Als ich das mit der indischen Brigade mal am Telefon erwähnte, wollte (man) mir das nicht glauben. Und ich hab gesagt: Fragt doch mal nach. Da habe ich nie mehr was von gehört."
    Mission in jedem Aspekt voller Fehler
    Möglicherweise war UNOSOM II eine Mission, die gar nicht gut gehen konnte. Lidwien Kapteijns, Ost-Afrika-Historikerin am Wellesley College, USA, schreibt in einem quellenreichen Aufsatz:
    "Abgesehen davon, dass UNOSOM II von den vorherigen Einsätzen eine hochgefährliche Sicherheitssituation erbte, war die Mission selbst jedoch auch in praktisch jedem Aspekt voller Fehler."
    Die Afrika-Forscherin beschreibt an einem Beispiel, was als Warlord- oder Kriegs-Ökonomie bezeichnet wird: Während die US-Truppen versuchen, den Milizen-Führer Mohammed Farah Aidid zu stellen, mieten sie doch gleichzeitig in Mogadischu das Gelände und die Gebäude, ja sogar Personal von Aidids Leuten - zu höchsten Preisen. Sie füttern die Kriegsmaschine desselben Kriegsfürsten, den sie ab Juni 1993 mit allen Mitteln stoppen wollen.
    Kein Strom für Kühlschränke
    Annette Weber vom außenpolitischen Think Tank SWP in Berlin ist Somalia-Expertin: "Nachdem die Amerikaner sich auf eine Seite geschlagen hatten, war das für die Somalis eben nicht mehr eine neutrale humanitäre Intervention, sondern letztendlich eine Kriegsführung, oder eine Kriegsbeteiligung."
    Das militärische Eingreifen zugunsten einer Seite habe das Vertrauen der Somalis in die internationale Gemeinschaft stark und dauerhaft erschüttert, erklärt Weber. Die Deutschen seien davon in gewisser Weise ausgenommen:
    "Vor Ort ist das diese Geschichte: Die Deutschen haben nach Belet Huen die Kühlschränke gebracht, und die Amerikaner haben nach Mogadischu die Bomben gebracht. Also die Deutschen haben sich quasi um das Wohl der Menschen gesorgt - auch wenn es keinen Strom für diese Kühlschränke gab -, und die Amerikaner waren am Kriegsgeschehen beteiligt. Ich glaube, das ist auch das Bild, das die Deutschen vermitteln wollten. Die waren schon sehr beliebt, aber sie haben sich eben auch in einer relativen Sicherheitszone da am anderen Ende des Landes befunden, waren auch nicht mitten im Geschehen."
    Schwerpunkt humanitärer Einsatz
    Nachdem zunehmend deutlicher wird, dass es keine Inder gibt, die logistisch versorgt werden müssen, verlegt sich die Bundeswehr in Belet Huen auf andere Aufgaben. Brunnen werden repariert, Somalis gesundheitlich versorgt.
    "Wir haben Schwerpunkt dann natürlich humanitären Einsatz gemacht, mit Feldlazarett, mit Wasserversorgung. Und wir haben Ausbildung gemacht: Flagge zeigen vor Ort, Schießausbildung in die Savannen-Wüste hinein."
    Ulrike von Pilar: "Dass dann die deutschen Soldaten, was jeder anständige Mensch tun würde, sich umgeguckt haben und versucht haben zu helfen, wo sie konnten - das ist klar, das finde ich prima und völlig in Ordnung."
    Aber: "Man schickt Soldaten nicht, um Brunnen zu bohren."
    Ulrike von Pilar war viele Jahre lang Chefin der deutschen Sektion von "Ärzte ohne Grenzen". Die "Médecins Sans Frontières" waren als eine der ganz wenigen Organisationen schon Anfang 1991 in Somalia. Viel zu spät habe die Welt auf die Katastrophe dort reagiert, kritisiert von Pilar - und als UNOSOM II endlich eintraf, sei die Hungersnot bereits vorbei gewesen:
    "Das schmälert nicht unbedingt die Freude der Anwohner über die Brunnen und die Schule, aber einen sinnvollen Einsatz stelle ich mir anders vor. Zumal - ein paar Monate später der Völkermord in Ruanda ausbrach, und da hätten selbst Leute wie wir uns eine militärische Intervention zum Schutz der Zivilbevölkerung gewünscht. Und zu der Zeit hat dann überhaupt keiner mehr reagiert - unter anderem weil Somalia so furchtbar schief gegangen war."
    Bei der neuen Weltordnung dabei sein
    Zeitpunkt und Methoden dieses und der nachfolgenden Einsätze würden nach politischen Opportunitäten festgelegt. Von Pilar erklärt, dass "der exzessive Gebrauch des Wortes 'humanitär' als Begründung dieses Einsatzes, dass das zu einem großen Teil heuchlerisch war."
    Ja, es habe entsetzliche Fotos der Hungerkatastrophe gegeben, die ihre eigene politische Wirkung entwickelt hätten. Doch hätten auch die USA erst nach der Wahl 1992 wirklich gehandelt. Und die Europäer - so beschreiben es auch andere Beobachter - seien in Somalia auch eingestiegen, um davon abzulenken, dass ihnen zum auflodernden Konflikt im ehemaligen Jugoslawien nicht viel einfiel. In Deutschland wiederum wurden Somalia und Bosnien oft zeitgleich bloß als Stichworte dafür gehandelt, dass Deutschland bei der Konstruktion einer neuen Weltordnung dabei sein müsse.
    Ulrike von Pilar: "Wir sind durch diesen Militäreinsatz akut in Gefahr gebracht worden - weil die Soldaten immer wieder erklärten, sie seien aus humanitären Gründen da. Für die somalische Bevölkerung war das völlig ununterscheidbar, wer nun wirklich humanitäre Hilfe leistete, oder wer eben militärisch war. Deswegen ist auch Somalia für viele von uns so eine Art Schlüsselerfahrung gewesen, weil es so grausam schief gegangen ist, und einige von uns vermutet haben, dass das durchaus ein sehr gefährliches Muster werden könnte: Nämlich diese Idee, dass man Konflikte in "Drittweltländern" mit militärischer Intervention von außen bezwingen und beenden könnte, - mit der ganzen Rhetorik verbunden, das als sogenannten humanitären Einsatz zu verbrämen. Also diese Vermischung humanitär–Militär, das hat erst kurz im Nord-Irak, aber dann ganz besonders in Somalia begonnen."
    "Black Hawk Down" in Mogadischu
    Die Jagd auf General Aidid mündet für die UNOSOM II-Mission und besonders für die USA im Desaster, das nach dem Titel eines Buches und dessen Verfilmung später als "Black Hawk Down" bekannt wird: Anfang Oktober 1993 schießen Aidids Truppen zwei Hubschrauber ab, 18 US-Soldaten sterben. Geschändete Leichen werden durch die Straßen von Mogadischu geschleift. In derselben Woche kündigt US-Präsident Bill Clinton an, dass die US-Truppen bis Ende März 1994 aus Somalia abziehen werden - damit ist die westliche Beteiligung an UNOSOM II faktisch beendet.
    Im November 1993 steht in einer Reportage über den Somalia-Einsatz in der "Zeit" zu lesen: "Manche Soldaten feixen schon, mit ihren fast 8.000 Mark Monatssold seien sie die 'bestbezahlten Volleyballspieler der Welt'. Denn mit Sport schlagen sie ihre Zeit tot."
    "Da hätten wir helfen können, auch den Amerikanern"
    Helmut Harff übergibt das Kommando über die deutschen Truppen in Somalia im Dezember 1993 an seinen Nachfolger - das zweite Kontingent ist bereits deutlich kleiner. Angesichts der Ereignisse in Mogadischu sagt er heute:
    "Als Soldat habe ich mich furchtbar beschämt gefühlt, weil wir eine Ausstattung hatten, da hätten wir helfen können, auch den Amerikanern - durften es aber nicht."
    Ein anderer Auftrag wäre natürlich innenpolitisch nicht möglich gewesen, sagt er - damals sei es eben ein Einstieg ins internationale Engagement gewesen. Bis heute vermisst Harff in der Politik jedoch klare Zielvorgaben, auch die Vorstellungskraft, was ein Militäreinsatz bewirken könne - und was nicht. Aber: "Wenn der ursprüngliche Auftrag falsch gestellt war, ist das nicht Sache der Soldaten."
    Friedenswille lokaler Akteure unersetzbar
    Annette Weber vom Think Tank SWP bilanziert, dass durch internationale Friedensmissionen bis heute unerfüllbare Erwartungen geweckt würden. Dadurch werde das politische Vertrauen der betroffenen Bevölkerungen enorm beschädigt - sei es in Ruanda, im Südsudan oder Afghanistan:
    "Ich glaube, man kann von außen keinen Frieden erzwingen. Dieses Erwartungsmanagement, zu denken, wir kriegen das hin, wir gehen da rein, dann befrieden wir die Situation, wir beenden die Streitigkeiten dann kann der Staatsaufbau beginnen, das ist eine Selbstüberschätzung."
    Die Verantwortung und der Friedenswille der lokalen Akteure seien nicht zu ersetzen. Das Beispiel Syrien zeige, dass die internationale Gemeinschaft in Teilen vorsichtiger geworden sei:
    "Aber ob das jetzt eine Ernüchterung ist oder einfach ein Aufgeben oder eine Hilflosigkeit, das ist schwer zu beurteilen."
    Kinkel: "Bild nicht absolut und zwingend positiv"
    Der frühere Außenminister Klaus Kinkel hat im Laufe der Jahre seine Ansicht über die Auslandseinsätze geändert:
    "Wenn ich mir die Auslandseinsätze und diese gesamte Friedenspolitik ansehe, dann ist das Bild nicht absolut und zwingend positiv. Auf der anderen Seite sind Situationen da, wo es gar nicht anders geht, als dass man tatsächlich solche Friedensmissionen versucht. Wenn ich mich heute hinstellen würde und müsste bilanzieren, wie das war in Afghanistan, im Kosovo, oder wie es damals in Somalia war, dann kann es sehr gut sein, dass es, insgesamt bewertet, vielleicht nicht alles als erfolgreich angesehen wird."
    Die deutschen Truppen werden ab Februar 1994 auf Fregatten aus dem Hafen von Mogadischu evakuiert. Die Bundeswehr berichtet stolz, dass die Verladung von Soldaten und Material zwar schwierig, aber gelungen sei. In Somalia übernehmen nach Abzug der westlichen Truppen die Warlords wieder die Macht. Bis heute ist Somalia kein befriedeter Staat.