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Vor 25 Jahren
Schutz der antarktischen Bodenschätze beschlossen

Antarktika war der letzte vom Menschen entdeckte Kontinent. Schon 1959 einigte sich die Staatengemeinschaft darauf, ihn zu schützen. Am 4. Oktober 1991 wurde der "Antarktisvertrag" um ein Umweltschutzprotokoll erweitert und der Abbau von Bodenschätzen verboten.

Von Monika Seynsche | 04.10.2016
    Die Mayrkette (norwegisch: Jutulsessen), ein Gebirge in der Antarktis
    Die Antarktis ist ein Naturreservat, das dem Frieden und der Wissenschaft gewidmet ist. (picture alliance / dpa / Heiko Junge)
    Temperaturen bis minus 80 Grad, endlose Weiten und trockene Eiswüsten charakterisieren die Antarktis. Ein Kontinent, größer als Europa, begraben unter bis zu vier Kilometer dickem Eis. Hier ist die Luft sauberer, das Wasser reiner als an jedem anderen Fleck der Erde. Eine Kostbarkeit, deren Wert schon früh ins Bewusstsein der Menschheit drang.
    "1957 und 1958 gab es ein internationales Forschungsjahr in der Antarktis. Und basierend auf diesem geophysikalischen Forschungsjahr, da hat man sich gesagt, die Staaten, die in der Antarktis Interesse haben - und das waren zwölf Staaten - , die haben sich zusammengesetzt und haben gesagt, wir müssen die Antarktis als ein Naturreservat, das dem Frieden und der Wissenschaft gewidmet ist, etablieren. Und so kam dieser Gedanke des Antarktisvertrags zustande."
    1959 - Mitten im Kalten Krieg - setzten sich dann die Ost- und Westmächte an einen Tisch, um ein einzigartiges Vertragswerk auszuhandeln. Und damit nicht genug: in den folgenden Jahrzehnten kamen Übereinkommen zum Schutz der antarktischen Robben und der lebenden Meeresschätze der Antarktis hinzu.
    Keine Überfischung, kein Militär, kein radioaktiver Abfall
    Die größte Wildnis der Erde sollte so intakt wie irgend möglich erhalten bleiben. Keine Überfischung, kein Militär, kein radioaktiver Abfall. Nur Forschern und Touristen ist ein Besuch in der Antarktis erlaubt. Eine Frage aber blieb lange ungeklärt, erzählt Stefan Hain vom Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung: was soll mit den Bodenschätzen der Antarktis passieren?
    "Was unter diesem kilometerdicken Eispanzer liegt, wissen wir noch nicht. Aber wir können von den umliegenden Kontinenten schon schließen: es gibt Ressourcen in der Antarktis, aber die sind zurzeit also noch nicht zugänglich und werden auch in der nächsten Zukunft nicht zugänglich sein."
    Ergänzung zum Antarktisvertrag
    In der Antarktis finden sich Lagerstätten von Eisenerz und Kohle. Ihr Abbau allerdings wäre durch das kilometerdicke Eis extrem aufwendig und damit unwirtschaftlich. Daneben vermuten Forscher Bodenschätze wie Nickel, Kupfer, Platin sowie geringe Mengen Molybdän und Gold. Sechs Jahre lang diskutierte die Staatengemeinschaft über ein Abkommen zur Nutzung dieser Bodenschätze. Ohne Erfolg. Immer strengere Umweltauflagen wurden gefordert und irgendwann war klar: es würde kein Abkommen geben, auf das sich alle Beteiligten einigen können. Stattdessen fassten die Verhandlungspartner die Schutzmaßnahmen zusammen. Am 4. Oktober 1991 wurde dieses Umweltschutzprotokoll als Ergänzung zum Antarktisvertrag beschlossen. Darin heißt es unter anderem:
    "Artikel 7: Jede Tätigkeit im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen - mit Ausnahme wissenschaftlicher Forschung - ist verboten."
    Das Protokoll formuliert die strengsten Regelungen zum Umweltschutz, die jemals für eine Weltregion in einem internationalen Abkommen vereinbart wurden. So regelt es nicht nur den Umgang mit Bodenschätzen, sondern auch den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt, des Meeres und besonderer Gebiete. Es enthält genaue Bestimmungen zur Abfallbehandlung und -beseitigung und schreibt die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen vor. Stefan Hain leitet beim Alfred-Wegener-Institut die Stabsstelle Umweltpolitik. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt prüfen er und seine Kollegen jeden deutschen Forschungsantrag darauf hin, ob er den Anforderungen entspricht.
    "Jedes Jahr treffen sich die Vertragsstaaten zum Antarktisvertrag und auch gleichzeitig parallel dazu, am selben Ort, die Mitgliedsstaaten des Umweltschutzprotokolls. Derzeit gibt es 39 Mitgliedsstaaten, und Deutschland ist von Anfang an Mitglied dabei. Und da werden halt jedes Jahr spezielle Maßnahmen beschlossen, um den Umweltschutz in der Antarktis durchzusetzen."
    Die strengsten Regelungen zum Umweltschutz
    Diskussionen gebe es jedes Mal wieder, aber an den Grundsätzen des Protokolls ändere sich dabei nichts.
    "Wenn Sie zum Beispiel als Staat eine neue Station aufbauen möchten da unten oder eine Landebahn errichten möchten, dann wird das der internationalen Staatengemeinschaft des Antarktisvertrags vorgelegt, da wird drüber diskutiert, man hilft sich gegenseitig, man gibt sich gegenseitig Tipps."
    Das Umweltschutzprotokoll ist zunächst auf 50 Jahre begrenzt. Erst im Jahr 2048 kann neu darüber diskutiert werden. Dass es dann hinfällig werden und die Staaten der Welt sich auf die Rohstoffe in der Antarktis stürzen könnten, glaubt Stefan Hain allerdings nicht.
    "Nein, da waren die Väter des Umweltschutzprotokolls sehr, sehr clever. Das Umweltschutzprotokoll und auch dieses Verbot des Abbaus der mineralischen Ressourcen läuft nicht automatisch aus. Sondern ab 2048 kann unter gewissen Umständen über eine Veränderung des Protokolls verhandelt werden. Aber da müssen verschiedene Voraussetzungen für gegeben sein. Und die Chancen dafür sind äußerst gering."