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Vor 275 Jahren: Der Frieden von Dresden
Als Schlesien preußisch und Franz Kaiser wurde

Preußens König Friedrich II hatte gerade erst den Thron bestiegen, als er einen Krieg gegen Österreich um die Vorherrschaft in Schlesien anzettelte. Für ihn ging dieser Zweite Schlesische Krieg nach hohem Blutzoll glücklich aus. Er endete am ersten Weihnachtstag 1745 mit dem Frieden von Dresden.

Von Winfried Dolderer | 25.12.2020
    Preußens König war geradezu weihnachtlich gestimmt.
    "Ich segne den Himmel für diese gute Nachricht."
    So kommentierte Friedrich II. im Dezember 1745 die Unterschrift seines Außenministers Heinrich von Podewils unter ein Dokument, das den zweiten seiner Schlesischen Kriege beendete und ihm einen erklecklichen Gebietsgewinn sicherte.
    "Ich hoffe und ich glaube, dass das Werk von Dauer sein wird."
    Fünf Jahre zuvor hatte Friedrich sich noch anders angehört. Heroischer. Den Offizieren der Berliner Garnison hatte er eingeschärft:
    "Wir werden Truppen gegenübertreten, die unter dem Prinzen Eugen die Bewunderung der Welt errungen haben. Die Ehre wird umso größer sein, sich mit tapferen Soldaten zu messen. Leben Sie wohl! Brechen Sie auf zum Rendezvous des Ruhms."

    Nur vermeintlich leichtes Spiel gegen Maria Theresia

    Friedrich saß damals, im Dezember 1740, gerade ein halbes Jahr auf dem Thron und hatte die erste Gelegenheit ergriffen, militärisch die Muskeln spielen zu lassen. Im Oktober war der Kaiser gestorben, der Habsburger Karl VI., ohne einen Sohn zu hinterlassen. Mit Karls 23-jähriger Tochter Maria Theresia glaubte der Preußen-Monarch leichtes Spiel zu haben. Friedrich verlangte die Abtretung Schlesiens.
    Porträt Friedrich II. von Preußen als Kronprinz mit 27 Jahren auf einem Gemälde von Antoine Pesne aus dem Jahr 1739
    Friedrich II. ( der Große) noch als Kronprinz von Preußen auf einem Gemälde Antoine Pesnes von 1739 . Ein Jahr später bestieg Friedrich den Thron (picture-alliance / dpa | Bifab)
    Als Maria Theresia das Ansinnen empört zurückwies, setzte er seine Armee in Marsch. Er löste damit eine Serie von Kriegen aus, die ihn mit Unterbrechungen über zwei Jahrzehnte in Atem halten sollten. Eine heroische Figur machte er dabei nicht immer. In der Schlacht bei Mollwitz am 10. April 1741 nahm er zunächst Reißaus, um später zu erfahren, dass seine Truppen in seiner Abwesenheit einen glänzenden Sieg erfochten hatten. Danach erging er sich in melancholischen Betrachtungen:
    "Der Schmerz um gefallene Freunde ist der Wermutbecher, den die Vorsehung allen Kriegstriumphen beigesellt hat, um die übermäßige Freude am Siege herabzumindern."
    Maria Theresia von Österreich auf einer zeitgenössischen Darstellung.
    Maria Theresia Regentin voller Widersprüche
    Sie hat in 19 Jahren 16 Kinder bekommen, nebenher Kriege geführt und ein Riesenreich regiert – und modernisiert: Heute vor 300 Jahren wurde Kaiserin Maria Theresia geboren. Das 19. Jahrhundert stilisierte die Habsburgerin zur nationalen Ikone. Heute erscheint sie als Gestalt voller Widersprüche – und als eine uns fremde Frau.
    Die österreichische Niederlage bei Mollwitz hatte den Appetit weiterer europäischer Mächte auf Maria Theresias Erbe angeregt. Im Juni 1741 trat Frankeich an Preußens Seite in den Krieg ein. Auch Sachsen, Bayern und Spanien schlossen sich an. Die Verbündeten installierten den bayerischen Kurfürsten als Karl VII. auf dem Kaiserthron. Der Wittelsbacher war seit 300 Jahren der erste Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, und er blieb auch der letzte, der nicht dem Haus Habsburg entstammte.

    Schlacht bei Kesselsdorf als Gamechanger

    Für Preußen endete der Krieg bis auf weiteres im Sommer 1742 mit dem Breslauer Frieden, der Friedrich im Besitz seiner Eroberungen bestätigte. Doch zwei Jahre später, im August 1744, schlug er wieder los, beunruhigt durch militärische Erfolge der verbündeten Österreicher und Briten.
    Bei Kesselsdorf westlich von Dresden standen die Gegner einander am 15. Dezember 1745 ein letztes Mal gegenüber. Berühmt geworden ist das Stoßgebet, das der preußische Oberbefehlshaber, der 69-jährige Leopold Fürst von Anhalt-Dessau, vor der Schlacht gen Himmel schickte.
    "Lieber Gott, steh mir heut gnädig bei. Oder willst du nit, so hilf wenigstens den Schurken, den Feinden, nit, sondern sieh zu, wie's kommt."

    Friderizianische Gemetzel

    Wie sich ein friderizianisches Gemetzel aus Sicht der gemeinen Soldaten ausnahm, schildert der Schweizer Ulrich Bräker, der im Siebenjährigen Krieg die Schlacht bei Lobositz erlebte.
    "Da mussten wir über Hügel von Toten und Verwundeten hinstolpern, und wo sich einer von diesen letzteren noch regte, wurde er mit der Kolbe vor den Kopf geschlagen oder ihm ein Bajonett durch den Leib gestoßen. Aber wer wird das beschreiben wollen, wo es krachte und donnerte, das Rufen so vieler Kommandeurs und das Brüllen ihrer Adjutanten, das Zeter- und Mordiogeheul so vieler tausend elenden, zerquetschten, halbtoten Opfer."

    Deal von Dresden: Schlesien gegen Kaiserwürde

    Nach dem Sieg bei Kesselsdorf fürchtete Friedrich eine russische Intervention und schlug Friedensgespräche vor. In Dresden saßen die Bevollmächtigten der Kriegsparteien eine Woche lang beisammen.
    Am ersten Weihnachtstag, dem 25. Dezember 1745, waren sie sich einig. Friedrich behielt Schlesien und erkannte im Gegenzug Maria Theresias Gatten Franz von Lothringen als Nachfolger des mittlerweile verstorbenen wittelsbachischen Kaisers an. Der Österreichische Erbfolgekrieg, den er mit seinem Überfall auf Schlesien ausgelöst hatte, endete indes erst 1748 mit dem Aachener Frieden.