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Vor 375 Jahren
Entdeckung der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean

William Mynors, Kapitän der Britischen Ostindienkompanie, war mit seinem Schiff „Royal Mary“ unterwegs, um Gewürze zu kaufen. Dabei stieß er auf eine kleine Insel vulkanischen Ursprungs. Und weil das am 25. Dezember geschah, gab er ihr den Namen "Weihnachtsinsel".

Von Regina Kusch | 25.12.2018
    Von oben sieht man die langezogene Küste der Weihnachtsinsel
    Zwei Drittel des Eilands wurden zum Nationalpark erklärt (picture alliance / AAP / Mick Tsikas)
    Seit Monaten war der Dreimaster "Royal Mary", ein bewaffnetes Handelsschiff der Britischen Ostindienkompanie, nun schon im indonesischen Archipel auf Expedition. Kapitän William Mynors hatte vermutlich den Auftrag, Gewürze einzukaufen, die in Europa hoch begehrt waren. Etwa 350 Kilometer südlich von Java, mitten im Indischen Ozean, sichtete er am 25. Dezember 1643 eine unbekannte Tropeninsel. Weil Weihnachten war, trug der britische Seefahrer das Eiland als "Weihnachtsinsel" in seine Seekarte ein. Viel mehr weiß man nicht über William Mynors, erzählt der Seefahrtshistoriker Jann Markus Witt vom Deutschen Marinebund.
    "Wir wissen nicht, wann er geboren wurde, wir wissen auch nicht, wann er gestorben ist. Aber aufgrund der Tatsache, dass er Kapitän eines Ostindienfahrers gewesen ist, kann man davon ausgehen, dass er ein sehr erfahrener Seemann gewesen ist. Die haben nur sehr qualifizierte Leute eingesetzt."
    Nicht nur Piraten waren eine Bedrohung für die Handelsschiffe der britischen Krone, auch die Flotte der konkurrierenden Niederländischen Ostindienkompanie. Die kontrollierte den Gewürzhandel im heutigen Indonesien und verteidigte ihr Monopol mit Waffengewalt. Für die Briten gab es deshalb in dieser Gegend nur zwei Handelsplätze.
    "Einmal auf Makassar, das ist eine Stadt auf einer Insel im indonesischen Archipel, wo man noch bis 1667 Gewürznelken einhandelte. Und auf Bantam, westlich auf Java gelegen, gab es bis in die 1680er-Jahre noch die Möglichkeit, Pfeffer zu erwerben. Ansonsten gab es zu diesem Zeitpunkt keine anderen Ziele, die dieses Schiff hätte anlaufen können."
    Als Handelsplatz uninteressant
    Die felsige und unbewohnte Weihnachtsinsel, kaum größer als Sylt, war für die Engländer als Handelsplatz zunächst uninteressant und William Mynors ging gar nicht erst an Land.
    "Die erste Landung, von der wir wissen, die geschah dann auch erst 1688 durch den englischen Seefahrer William Dampier. Das war wohl auch relativ schlecht zugänglich, es gab keine gute Hafenbucht und das hat dann wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass diese Insel relativ lange ein Schattendasein fristete auf den Seekarten."
    200 Jahre später, als man dort Phosphatvorkommen entdeckte, wurde die Weihnachtsinsel von der britischen Krone annektiert und mit Arbeitskräften aus China, Singapur und Malaysia besiedelt, die den Rohstoff abbauten. 1958 entließ Großbritannien seine ehemalige Kolonie in die Unabhängigkeit. Seitdem gehört die Insel zu Australien.
    Naturschauspiel Krabbenwanderung
    Mehr als 20 seltene Vogelarten leben auf der zu großen Teilen mit tropischem Regenwald bewachsenen Weihnachtsinsel. Einige Seevögel und auch Orchideen sind nur dort anzutreffen. Zwei Drittel des Eilands wurden deshalb zum Nationalpark erklärt.
    Jedes Jahr zur Regenzeit findet dort ein einzigartiges Naturschauspiel statt, erzählt der Biologe Mario Ludwig: die Wanderung von über 40 Millionen roten Weihnachtsinsel-Krabben.

    "Im November machen sich alle Krabben auf den Weg an die Küste, um sich fortzupflanzen, weil die befruchteten Weibchen ihre Eier im Meer ablegen. Dieser Marsch der Krabben ist wirklich die allergrößte Krabbenwanderung der Welt, das ist wie ein roter Teppich, der sich über die ganze Insel legt. Und das ist ein Spektakel, das dauert drei Wochen lang."
    Rote Landkrabben an einem Strand auf der Weihnachtsinsel
    Die roten Landkrabben ziehen an die Küste, um sich zu paaren (picture-alliance / dpa / dpaweb)
    Zwischenzeitlich Gefängnis für Bootsflüchtlinge
    Über zehn Jahre befand sich neben dem Nationalpark, gut 2.500 Kilometer vom australischen Festland entfernt, ein Internierungslager für Bootsflüchtlinge, die hier unter verheerenden Haftbedingungen, manchmal jahrelang, auf ihre Asylbescheide warten mussten. Nachdem es zu Unruhen in dem überfüllten Gefängnis und scharfer Kritik von UN und Menschenrechtsorganisationen gekommen war, wurde das Haftzentrum im Oktober 2018 geschlossen.
    Nahezu unberührte Unterwasserwelt
    Die etwa 2.000 Einwohner der Weihnachtsinsel setzen nun neben dem Phosphatabbau, der noch knapp 200 Menschen Arbeit gibt, vor allem auf Tourismus. In der Hauptstadt Flying Fish Cove hat die erste Tauchschule eröffnet. Anders als in weiten Teilen Asiens ist dort die Unterwasserwelt noch nahezu unberührt.
    An den korallenbedeckten Steilwänden, die hunderte von Metern zum Meeresboden abfallen, tummeln sich neben Thunfischen, Barrakudas und Riesen-Makrelen im November, wenn die Weihnachtsinsel-Krabben schlüpfen, auch 12 Meter lange Walhaie. Mit weit geöffnetem Maul schieben sie sich durch das rote Getümmel, um die Jungkrabben in großen Mengen zu verschlingen.