Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Vor 42.000 Jahren
Umkehr des Erdmagnetfeldes löste eine Naturkatastrophe aus

Das Magnetfeld der Erde schützt unseren Planeten vor kosmischer Strahlung. Wenn es schwächelt, hat das oft verheerende Auswirkungen für das Leben. Fossile Bäume aus Neuseeland haben nun dabei geholfen, den Zeitpunkt der jüngsten kompletten Umpolung zu datieren.

Von Dagmar Röhrlich | 19.02.2021
Der Erdkern und das Magnetfeld der Erde in einer künstlerischen Darstellung.
Das Magnetfeld der Erde kehrte sich vor 42.000 Jahren komplett um (imago / Science Photo Library)
Als Douglas Adams Ende der 1970er-Jahre "Per Anhalter durch die Galaxis" schrieb, scheint er eine geradezu prophetische Antwort gegeben zu haben - auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, des Universums und dem ganzen Rest.
"He couldn't have known just how bright he was."
Nur, dass es sich um 42-mal tausend Jahre handelt. So viel Zeit ist seit dem Adams-Ereignis vergangen, einem Ereignis, das Forscher nun aufgrund von Analysen an neuseeländischen Kauri-Bäumen augenzwinkernd nach dem britischen Kult-Autor benannt haben.

Deutliches Isotopensignal

Die Kauri-Bäume wachsen und wuchsen in Sümpfen, und wenn sie umfielen, bleiben viele von ihnen gut erhalten. Das macht sie ideal für Baumringanalysen. Bei Radiokarbondatierungen ihrer Wachstumsringe fiel einer der Bäume besonders auf. In den 1700 Jahren seines Lebens war Ungewöhnliches passiert:
"Wir messen in seinem Holz einen plötzlichen Anstieg im atmosphärischen C-14-Gehalt. Der kommt zustande, wenn das Erdmagnetfeld stark reduziert ist – und das wiederum passiert, wenn die Magnetpole ihre Position wechseln. Denn ohne magnetischen Schutzschild dringt kosmische Strahlung in die obere Atmosphäre ein und ionisiert sie. Dabei entsteht verstärkt Kohlenstoff-14 und Beryllium-10, das Bäume in ihr Holz einbauen."
Die C-14-Daten des Kauri-Baums verbessern die Kalibrierung für Radiokarbondatierung. Deshalb lassen sich diverse Klimaarchive und Fossilien genauer datieren, erklärt Alan Cooper vom South Australian Museum in Adelaide. Der Anstieg im Beryllium-10 erlaubt direkte Vergleiche mit Eisbohrkernen, in denen sich Anomalien dieses Isotops ablesen lassen. So kam heraus, dass das zuvor bekannte, aber schlecht datierte Laschamps-Ereignis, wo sich das Erdmagnetfeld kurzzeitig umpolte, vor 42.000 Jahren stattgefunden hat. Doch damit nicht genug.

Umwälzungen für das Leben auf der Erde

"Sobald wir diese sehr genauen Datierungen und Analysen hatten, konnten wir nach Veränderungen im Klima, in der Biologie, Anthropologie oder Archäologie suchen, die damals stattgefunden haben. Wir sehen unter anderem, dass eine Reihe von Sedimenten Spuren großer Klimaverschiebungen aufgezeichnet haben."
Weil das Erdmagnetfeld seinerzeit schwächelte, 'brutzelte' die ionisierte Atmosphäre sozusagen die Ozonschicht und löste eine Kette von Veränderungen aus. Westwinddrift und Monsunwinde verlagerten sich. Im Inneren Australiens trockneten die großen Seen aus, und auf der Nordhalbkugel wurde es erheblich kälter. Die Naturkatastrophe vor 42.000 Jahren hatte auch Folgen für die Biologie. So verschwand die Megafauna Australiens. Wohl weil die Menschen sich an den letzten Wasserstellen versammelten und den Tieren nichts anderes übrigblieb, als dorthin zu kommen, vermutet Alan Cooper. Und vielleicht, erklärt er weiter, könnten auch die Neandertaler dem Laschamps-Ereignis zum Opfer gefallen sein. Jedenfalls den neu kalibrierten C-14-Daten zufolge.

Die Frage nach dem Leben, dem Universum und einfach allem

"Weil vor 42.000 Jahren viele Arten ausstarben und auch all das andere passierte, benannten wir diese Phase nach Douglas Adams, denn 42 war die Antwort auf das Leben, das Universum und alles."
Das Adams-Ereignis währte nur kurz, etwa 600 Jahre. So lange brauchte der magnetische Nordpol, um nach Süden zu wandern. Während dieser Zeit schwächte sich das Magnetfeld auf sechs bis null Prozent des heutigen Werts ab – und es herrschte Chaos. Weitere 500 Jahre blieben die Pole vertauscht. Doch das Magnetfeld war dann scheinbar schon wieder stark genug, um die Erde vor kosmischer Strahlung zu schützen. Und danach? Danach kehrten sich die Verhältnisse innerhalb von 250 Jahren wieder um – zu jenem relativ stabilen Zustand, den wir bis heute haben. Wie lange er Bestand haben wird, ist ungewiss.