Vor 425 Jahren starb Giuseppe Arcimboldo

Kaiserlicher Hof- und Gemüsemaler

Giuseppe Arcimboldo (1526 - 1593): Vertumnus. Porträt des Kaisers Rudolf II. (1590-1591). Im Bild sind verschiedene Gemüse und Obst so angeordnet, dass sie das Porträt des Herrschers ergeben.
Giuseppe Arcimboldo (1526 - 1593): Vertumnus. Porträt des Kaisers Rudolf II. (1590-1591). Vertumnus war der römische Gott der Jahreszeiten. © imago/United Archives International
Von Carmela Thiele · 11.07.2018
Eine Birne als Nase, Wangen aus Äpfeln: Mit ungewöhnlichen Porträts wie das des Kaisers Rudolf II. wurde Giuseppe Arcimboldo berühmt. Er starb vor 425 Jahren in Mailand.
"Äußerst vortrefflich und fortdauernder Erinnerung würdig ist das Museum seiner kaiserlichen Majestät Maximilian II. Um dieses zu vergrößern und zu nobilitieren, rief er den großen Maler Giuseppe Arcimboldo, damit er es mit der Größe seiner Begabung und namentlich mit seinen kapriziösen Einfällen, in denen er einzigartig in der Welt ist, bereichere."
Schrieb Gian Paolo Lomazzo 1590 über seinen Freund Giuseppe Arcimboldo, der zunächst Kaiser Maximilian II. und dann Rudolf II. als Hofmaler diente. Geboren wurde der Künstler 1527 in Mailand, seine Ausbildung erhielt er in der Werkstatt seines Vaters.
Wie Arcimboldo jedoch an den Hof des deutschen Kaisers nach Wien gelangte, ist nicht überliefert. Vielleicht wegen seiner "kapriziösen Einfälle", auf die Lomazzo anspielt. Damit waren seine berühmten Bilderfolgen gemeint, Köpfe, die aus den Formen verschiedener Obst- oder Gemüsesorten, Pflanzen- oder Tierarten gestaltet sind.
Der Kunsthistoriker Andreas Beyer zu den so genannten Kompositbildern Arcimboldos:
"Also zunächst einmal ruhen oder stützen sie sich auf Empirie. Das heißt also, das Naturstudium in ganz besonderem Maße, wenn man an die Kompositköpfe denkt, die die Jahreszeiten darstellen, wo die Pflanzen, die Flora, aber auch die Fauna sehr akribisch, en detail ins Bild findet, um dann in einem Kompositgemälde wieder zu einer ganz eigenen, neuen Figur zu finden."

Sinnbild, Stillleben und Figur in einem

Pfirsiche als Wangen, eine Gurke als Nase, eine Kirsche als Auge. Eine aufgeplatzte Erbsenschote wird zur Zahnreihe, ein Maiskolben zum Ohr. Das Bild "Der Sommer" besteht aus Früchten, die die Jahreszeit hervorbringt. Es ist also Sinnbild, Stillleben und Figur in einem. Aber was soll es bedeuten? Und warum hängte sich Maximilian II. diese exzentrischen Bilder in seine privaten Gemächer?
"Man darf nicht vergessen, dass das eine Zeit ist, diese Epoche, die wir auch Manierismus nennen, die späte Renaissance, in der gerade die Verrätselung, das Geheimnis etwas ist, das auch einen Herrschaftsanspruch artikulieren kann. Der Herrscher ist im Besitz des Geheimnisses."
Der Kaiser überhöhte seinen Machtanspruch durch Prachtentfaltung. Arcimboldo gestaltete auch Festumzüge, die zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder Friedensschlüssen abgehalten wurden. Er entwarf fantasievolle Wagen, Kostüme und Dekorationen, ließ Drachen, Einhörner und Göttinnen aufmarschieren. Die Inszenierung des Wundersamen sollte die überirdische Macht des Kaisers sinnfällig machen.
Museumsbesucher läuft an einem Arcimboldo-Bild vorbei
Pfirsiche als Wangen, eine Gurke als Nase, eine Kirsche als Auge - oder einfach nur Blumen: Arcimboldos kapriziöse Einfälle.© imago
Arcimboldo war also Teil einer Art PR-Maschinerie, was ihm offenbar gefiel. So stellte er ohne Auftrag Kaiser Rudolf II. in einem Kompositbild als Vertumnus dar, als Gott des Wandels und der Fruchtbarkeit.
"Im Falle des Vertumnus kann man davon ausgehen, dass Rudolf II. dort als Gott der ewigen Fruchtbarkeit erscheint, zusammengesetzt aus Früchten und Blüten sämtlicher Gewächse der Habsburger Lande. Dass sich also diese Figur addiert, das Erscheinungsbild, also der Kopf, das Porträt, ist addiert aus der Summe der Pflanzen der blühenden Landschaften der Habsburger."

Von den Surrealisten wiederentdeckt

Auch wenn Arcimboldo es ins Zentrum der Macht geschafft hatte, war ihm der Nachruhm nicht garantiert. Seine Zeitgenossen Vasari und Karel van Mander hatten ihn in ihren Künstlerbiographien nicht erwähnt.
Nach seiner Befreiung vom Hofdienst 1587 versammelte der alternde Maler in Mailand Gelehrte wie Lomazzo um sich. Sechs Jahre später, am 11. Juli 1593, starb Giuseppe Arcimboldo in seiner Heimatstadt. Sein Werk geriet in Vergessenheit und wurde erst in den Dreißiger-Jahren des 20. Jahrhunderts von den Surrealisten wiederentdeckt.
"Ich glaube, dass er seitdem eine nicht mehr wegzudenkende Größe der europäischen Kunstgeschichte geblieben ist. Es gab immer wieder Ausstellungen zu Arcimboldo. Da interessiert dieser spielerische Charakter. Es gibt ja auch die Gemälde, die auf den Kopf gestellt werden, und wieder etwas anderes zeigen, als wenn man sie andersherum sieht. Dafür ist er berühmt, da ist er ingeniös, in der Erfindung. Und wenn ich sage, er ist kein Maler in dem Sinne eines unverwechselbaren Pinsels, eines Pinselduktus, er ist ein Maler der geistreichen Kombination."
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