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Vor 450 Jahren gestorben
Die Leidensgeschichte der Elisabeth von Valois

Vier Frauen hatte Philipp II., König von Spanien. Drei starben jung im Kindbett - so auch Elisabeth von Valois. Das Leben der jungen Frau, bekannt als Stiefmutter und Geliebte Don Carlos’, des tragischen Helden aus Friedrich Schillers gleichnamigem Drama, war kurz und leidvoll.

Von Almut Finck | 03.10.2018
    Der Tenor James King in der Titelrolle als Don Carlos, Infant von Spanien, und die Sopranistin Pilar Lorengar als Elisabeth von Valois in einer Szene der Oper "Don Carlos" des italienischen Komponisten Guiseppe Verdi, aufgenommen am 19.12.1964 während einer Probe in der Deutschen Oper in Berlin. Für die Inszenierung war Gustav Rudolf Sellner zuständig.
    Der Tenor James King in der Titelrolle als Don Carlos, Infant von Spanien, und die Sopranistin Pilar Lorengar als Elisabeth von Valois in einer Szene der Oper "Don Carlos" des italienischen Komponisten Guiseppe Verdi. (picture-alliance / dpa )
    Au revoir – Auf Wiedersehen in einer besseren Welt. Das ergreifende Abschiedsduett der unglücklich Liebenden aus Verdis Großer Oper Don Carlos.
    Zwei Königskinder, 16. Jahrhundert, einander versprochen. Doch dann nimmt der Vater die Braut des Sohnes zur Frau. Das ist historisch belegt. All die Intrigen: heimliche Briefe, verbotene Treffen, giftige Lügen, das ganze Spektrum an Liebesleid drumherum – eher nicht. So wundervoll es bei Verdi 300 Jahre später auch klingt.
    Und die Protagonisten? Philipp II., spanischer König, Herrscher über ein Weltreich, sattsam bekannt. Don Carlos, der Infant und Prinz von Asturien? Zeitgenossen beschreiben ihn als geistig zurückgeblieben, cholerisch und böse – ein rechter Stiefmutterschreck. Schwer vorstellbar, dass die neue Gemahlin seines Vaters Elisabeth von Valois sich eingelassen hätte mit ihm. Schon eher, dass die blutjunge Frau Mitleid mit dem Gleichaltrigen hatte, den der eigene Vater verachtet und wegsperren lässt. Friedrich Schiller macht aus der verqueren Vater-Sohn-Geschichte einen auch politischen Konflikt und den Infanten zum leidenschaftlichen Parteigänger des von Spanien unterdrückten Flandern.
    Verlobung mit spanischem Thronfolger Don Carlos
    Und Elisabeth? Ihr kurzes Leben lang von mächtigen Männern und Frauen umstellt, hat die Historikerzunft sie weitgehend übersehen.
    Elisabeth von Valois wird 1545 geboren. Ihr Vater ist der französische König Heinrich II., die Mutter Katharina eine Medici. "Kaufmannstochter", wird später Maria Stuart spotten. Elisabeth und Maria, im zarten Alten von sechs Tagen schon schottische Königin, mit sechs Monaten Elisabeths Bruder versprochen, werden gemeinsam erzogen. Die Hofquellen verzeichnen nicht, was die beiden zukünftigen Schwägerinnen miteinander spielen, als sie noch nicht ahnen, dass die eine im Kindbett, die andere auf dem Schafott sterben wird.
    1559 schließen nach mehrjährigem Krieg Frankreich und Spanien Frieden. Zur Bekräftigung wird Elisabeth mit dem spanischen Thronfolger Don Carlos verlobt. Doch dann stirbt überraschend die zweite Ehefrau seines Vaters. Philipp II. heiratet nun selbst Elisabeth, zunächst in einer "Handschuhehe", im Juni 1559, vertreten durch den Herzog von Alba. Der Hofbiograph schreibt:
    "Zum symbolischen Beweis dafür, dass sein Herr und Vollmachtgeber Don Philipp das königliche Brautbett in Besitz nahm, legte Alba einen Arm und ein Bein auf das Bett."
    Qualvolle Schwangerschaften und Fehlgeburten
    Wir wissen nicht, wie die 14-jährige Elisabeth das fand. Es sollen aber bittere Tränen geflossen sein, als ein riesiger Tross die Braut in winterlicher Kälte über die Pyrenäen brachte. Was ein mitreisender Geistlicher mit Versen des 45. Psalms quittierte.
    "Vergiss dein Volk und dein Vaterhaus. Der König verlangt nach deiner Schönheit."
    War Liebe vorhanden, in den neun Jahren, die Elisabeth an der Seite Philipps II. verbrachte, des mächtigsten Mannes seiner Zeit?
    "Glauben Sie mir, ich bin die glücklichste Frau auf der Welt", schreibt sie zwei Monate nach der Hochzeit an ihre Mutter. Kummer bereitet allen Beteiligten, man darf den Sinn des Heiratsprojekts nicht vergessen, neben der politischen Allianz: Elisabeth menstruiert noch nicht. Es dauert. Die Mutter empfiehlt Bäder.
    1564 ist Elisabeth 19 und erstmals schwanger, das Kind kommt tot auf die Welt. Für Elisabeth beginnt eine Leidensgeschichte. Sie entwickelt einen grässlichen Ausschlag, eitrig und schmerzhaft, immer wiederkehrend. Böse Zungen meinen, sie habe die Syphilis, von ihrem Mann. Windpocken, legen die Hofärzte sich fest, und traktieren sie mit Aderlässen. Zwischendurch: qualvolle Schwangerschaften, Fehlgeburten, jede eine Tortur. Immerhin, 1566 und ’67 kommen zwei Mädchen gesund auf die Welt, nur die Mutter wird schwächer und blasser und dünner. Schließlich, am 3. Oktober 1568, eine Geburt, die Elisabeth von Valois, 23 Jahre alt, nicht überlebt.