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Vor 50 Jahren
Gründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)

Mitte der 1950er-Jahre wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) vom Bundesverfassungsgericht verboten: Die Partei aus der Zeit der Weimarer Republik lehnte das Grundgesetz ab. Das Ringen um eine bundesdeutsche Nachfolgepartei sollte bis 1968 dauern - und geriet zum Politikum im Kalten Krieg.

Von Wolfgang Stenke | 26.09.2018
    DKP-Logo auf roter Fahne
    Die DKP trat die Nachfolge der grundgesetzwidrigen KPD an (dpa / picture alliance / imageBROKER)
    Pressekonferenz in den Räumen eines Frankfurter Weinlokals: Vor rund 60 Journalisten verkündete ein Sprecher des Gründungsausschusses am 26. September 1968 die Geburt einer neuen politischen Vereinigung: der "Deutschen Kommunistischen Partei" - kurz: DKP.
    "Die neukonstituierte Partei betont ihre Selbständigkeit hinsichtlich Programm, organisatorischem Aufbau und bekennt sich zum Grundgesetz, indem sie erklärt: 'Wir achten das Grundgesetz, wir verteidigen die darin verkündeten demokratischen Grundrechte und Grundsätze.'"
    Anders als die "Kommunistische Partei Deutschlands", die KPD, die 1949 unter ihrem Vorsitzenden Max Reimann das Grundgesetz abgelehnt hatte, weil es die Spaltung Deutschlands befördere, bekannte die DKP sich ausdrücklich zur Verfassung der Bundesrepublik. Es blieb ihr auch keine andere Wahl nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1956.
    "Im Namen des Volkes: Erstens: Die Kommunistische Partei Deutschlands ist verfassungswidrig. Zweitens: Die Kommunistische Partei Deutschlands wird aufgelöst. Drittens: Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen."
    "Wir haben doch Parteienfreiheit!"
    Mitten im Kalten Krieg erließen die Verfassungsrichter 1956 auf Antrag der Bundesregierung das Verbot der KPD, da sie in ihr eine von der SED gesteuerte marxistisch-leninistische Kaderpartei sahen, die mit revolutionären Mitteln die Diktatur des Proletariats errichten wollte. Auf das umstrittene Urteil folgte eine Welle von Verfahren gegen KP-Mitglieder, die zum Teil schon unter Hitler im Gefängnis gesessen hatten. Gesinnungsjustiz, wie liberale Kritiker anmerkten. Die Führungskader mit dem Vorsitzenden Max Reimann wichen nach Ost-Berlin aus. 1967 propagierten prominente Alt-Kommunisten in einem "Initiativausschuss" die "Wiederzulassung der KPD" - eine illusorische Forderung, das Verbot hatte Gesetzescharakter. Zugleich aber war die SPD - mittlerweile Regierungspartei in einer Großen Koalition mit CDU/CSU - dabei, ihre neue Ostpolitik zu formulieren. Das KPD-Verbot passte so gar nicht zu den Bemühungen um Entspannung. Aus diesem Dilemma half ein Hinweis von Bundesjustizminister Gustav Heinemann (SPD). Der spätere Bundespräsident 1967 in einem Telefoninterview:
    "Wir haben doch Parteienfreiheit! Es bedarf die Gründung einer Partei keiner Genehmigung, keiner Konzessionen."
    Neugründung nur unter Anerkennung des Grundgesetzes
    Das KPD-Verbot hätte nach Heinemanns Auffassung nur durch Änderung des Grundgesetzes aufgehoben werden können. Dafür gab es im Bundestag keine Mehrheit. In dieser Situation baute der Bundesjustizminister, der an einer Strafrechtsreform arbeitete, den Kommunisten eine "Eselsbrücke". Man traf sich zu einem Gespräch in der Botschaft der UdSSR in Rolandseck, dem weitere folgen sollten, unter anderem mit Staatssekretär Horst Ehmke. Er war es vermutlich, der Ende Mai '68 nach einer Konferenz der Innenminister in einer Aktennotiz festhielt:
    "Es gibt keine Einwände gegen die Wiedergründung, Neugründung mit altem Namen, alten Mitgliedern, wobei es darauf ankäme, aus formalen Gründen das Grundgesetz anzuerkennen."
    Auch die SED billigte die Gründung einer neuen kommunistischen Partei in der Bundesrepublik. Ende Mai 1968 erklärte Walter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR, den alten KPD-Genossen:
    "Nach meiner Meinung müsst ihr euch 'KP der Bundesrepublik' nennen. Was ist denn dabei? Damit seid ihr in Westdeutschland vollständig legalisiert, seid ihr keine Partei, die von Berlin aus importiert wurde."
    Der Gründung der DKP stand damit nichts mehr im Wege.
    Geringe Bedeutung in der Bunderepublik
    Die DKP blieb jedoch eine Splitterpartei, von der Bundesregierung toleriert und aus der DDR finanziert. Trotz anfänglicher Attraktivität für linke Gewerkschafter, Künstler und Intellektuelle, erreichte sie bei Bundestagswahlen nie mehr als 0,3 Prozent. Ihre Wirkung beschränkte sich auf die Organisation von Bündnissen, etwa im Rahmen der Friedensbewegung der 1980er Jahre. Mit der Auflösung der DDR fielen auch die Zahlungen aus Ost-Berlin weg - 1989 immerhin 75 Millionen DM. Die DKP musste ihre rund 500 hauptamtlichen Funktionäre entlassen, verlor die meisten ihrer Mitglieder und führt seither eine Kümmerexistenz im Schatten der Partei "Die Linke".