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Vor 500 Jahren
Als Hernán Cortés Mexiko erreichte

Der Spanier Hernán Cortés ist als Eroberer in die Geschichte eingegangen. Am 21. April 1519 erreichte er mit seinen rund 550 Begleitern die mexikanische Ostküste. Der mächtige Herrscher der Azteken, Moctezuma II., begegnete den Spaniern friedlich. Das entpuppte sich als fataler Fehler.

Von Irene Meichsner | 21.04.2019
    Gemälde von Hernán Cortés
    Von Kuba aus erreichten Hernán Cortés und seine Mannschaft am 21. April 1519 die mexikanische Küste (Index / Heritage-Images)
    "Wir lagen noch keine halbe Stunde vor Anker, da kamen zwei große Kanus mit vielen Indianern auf uns zu. Sie nahmen Richtung auf das Schiff von Cortés, kamen ohne alle Umstände an Bord und fragten nach dem Tatuan, nach dem Gebieter."
    Es waren bange Minuten für Hernán Cortés und seine rund 550 Begleiter - darunter der Chronist Bernal Díaz del Castillo -, als sie am 21. April 1519 die mexikanische Ostküste in Höhe von San Juan de Ulúa erreichten. Im Februar waren die Spanier von Kuba aus aufgebrochen. Unterwegs waren sie von kriegerischen Maya angegriffen worden und aus dem Kampf nur mit knapper Not als Sieger hervorgegangen. Doch dieses Mal ging alles gut. Die Männer, die an Bord kamen, waren offenbar friedlich gestimmt.
    Das erste Aufeinandertreffen
    "Sie zeigten gegenüber dem Generalkapitän auf ihre Weise große Ehrerbietung und hießen ihn willkommen. Cortés ließ ihnen zu essen vorsetzen und ihnen blaue Glasperlen schenken. Er sagte, dass wir nur gekommen seien, um sie kennenzulernen und mit ihnen Handel zu treiben. Sie sollten deshalb ganz ohne Sorge sein."
    Am nächsten Tag gingen die Spanier an Land. Mithilfe der Eingeborenen bauten sie sich aus Baumzweigen provisorische Hütten. Cortés holte Erkundigungen ein. Er hörte von Moctezuma II., dem Herrscher der Azteken, dessen Reich sich von der Pazifikküste bis zum Atlantik erstreckte. Warum dieser König, der wie ein Halbgott regierte, die Spanier überhaupt ins Land ließ statt sie anzugreifen, zu töten oder zumindest wieder davonzujagen, was ein Leichtes für ihn gewesen wäre, ist ein bis heute ungelöstes Rätsel.
    "Ein Erklärungsversuch ist die Legende der ‚Weißen Götter’. Dass also Moctezuma geglaubt hat, dass Cortés und seine Leute der wiederkehrende Quetzalcoatl sei, also ein Ahnen-Gott der Azteken", sagt die Ethnologin Inés de Castro, Direktorin des Stuttgarter Linden-Museums. Gut möglich aber auch, dass Moctezuma erst einmal abwarten wollte.
    "Vielleicht konnte er sich nicht vorstellen, dass diese Schar von Spaniern ihm so gefährlich werden würde."
    Eine falsche Entscheidung
    Moctezuma schickte einige seiner engsten Vertrauten in das Lager der Spanier. Sie brachten Geschenke, darunter Gold, Silber und andere Kostbarkeiten. Einen Helm, der den Spaniern als Kopfschutz diente, füllten die Azteken bis zum Rand mit Goldkörnern.
    "Sie waren mindestens 3.000 Piaster wert. Aber selbst der zehnfache Wert wäre für uns weniger gewesen als die Gewissheit, dass es in diesem Land reiche Gold- und Silbergruben geben musste."
    Cortés trat selbstbewusst auf. Und er wusste Eindruck zu schinden: Mit seinen Kanonen und seinen Pferden, die er aus Kuba mitgebracht hatte; solche Tiere hatte man im alten Mexiko noch nie gesehen.
    "Cortés befahl den Reitern, aufzusitzen und in voller Karriere an den Leuten des Moctezuma vorbeizureiten. Die Indianer wurden von dem Donner des Geschützes und den übrigen Vorführungen sehr beeindruckt."
    Der Plan des Cortés
    Insgeheim hatte Cortés längst beschlossen, das Reich der Azteken der spanischen Krone zu unterwerfen. Ihm war klar, dass er dafür Verbündete brauchte. Er führte lange Gespräche mit dem Häuptling der Totonaken, die erst wenige Jahre zuvor von den Azteken unterworfen und zu Tributzahlungen gezwungen worden waren. Cortés konnte ihn schließlich dazu bewegen, Moctezuma seinen Gehorsam aufzukündigen und mit den Spaniern gemeinsame Sache zu machen. Als Hilfe von unschätzbarem Wert erwies sich Malinche, eine junge Aztekin, die Sklavin bei den Maya gewesen und Cortés als Kriegsbeute in die Hände gefallen war. Volker Matthies, Politikwissenschaftler aus Hamburg:
    "Diese Aztekin namens Malinche war ein Sprachgenie. Sie konnte Aztekisch oder Nahuatl, wie man das nennt, und sie konnte auch Maya und lernte ganz schnell Spanisch. Und wurde sozusagen die Chef-Dolmetscherin des Konquistadors Cortés. Man muss wohl sagen, dass ohne ihre Dolmetscherkünste und ihr Verhandlungsgeschick, dass die Eroberung Mexikos sehr viel schwieriger und langwieriger geworden wäre."
    Viele Mexikaner sehen in Malinche, die später auch Cortés Geliebte wurde, heute noch eine Verräterin an der Sache ihres Volkes. Und das nicht ganz zu Unrecht. Denn sie trug tatsächlich eine Mitschuld an dem blutigen Feldzug der Spanier, der das Ende des Aztekenreichs besiegeln – und Abertausende von Angehörigen der indigenen Bevölkerung das Leben kosten sollte.