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Vor 500 Jahren geboren
Der Hugenottenführer Gaspard de Coligny

Er war einer der höchstrangigen Militärs und Staatsdiener Frankreichs, zugleich Rebellenführer. In den Konfessionskriegen des 16. Jahrhunderts war Admiral Gaspard de Coligny der Chef der protestantischen Partei und 1572 das prominenteste Opfer des Massakers der Bartholomäusnacht.

Von Winfried Dolderer | 16.02.2019
    Historische Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert, Portrait von Gaspard II. de Coligny, Hugenottenführer
    Gaspard de Coligny war französischer Admiral und Hugenottenführer (picture alliance / imageBROKER)
    Er war Feldherr und Diplomat. Loyaler Staatsdiener und Patriot, aber auch Rebellenführer. Er wurde schließlich zum Märtyrer der protestantischen Sache in Frankreich. Vor allem in dieser Rolle, meint der in Deutschland lehrende französische Historiker Pierre Monnet, sei Gaspard de Coligny in Erinnerung geblieben. "Sein Ende, sein Mord in der Bartholomäusnacht in Paris, hat ihn natürlich zu einem großen Helden als Opfer einer katholischen Repression gemacht."
    Geboren wurde der Spross einer seit dem 13. Jahrhundert begüterten Adelsfamilie am 16. Februar 1519 in konfliktreichen Zeiten. Der äußere Feind war damals aus französischer Sicht das Reich der Habsburger. Sie beherrschten Spanien, die Niederlande und Gebiete an der Ostgrenze Frankreichs, hielten das Land im Zangengriff.
    Der Kampf gegen Spanien war auch ein Lebensthema Colignys. Im Inneren sah die französische Monarchie ihr Selbstverständnis als "älteste Tochter der katholischen Kirche" durch den wachsenden Einfluss der Reformation herausgefordert. Dieser Konflikt eskalierte nach 1560 zum Bürgerkrieg, in dem Coligny als militärischer Führer der protestantischen Partei eine Schlüsselrolle spielte.
    "Der Aufstieg des Protestantismus in Frankreich lief völlig anders als im Heiligen Römischen Reich. Das fing relativ bescheiden an, zunächst mal bei Eliten der städtischen Bevölkerung, aber auch innerhalb des Hofes."
    Colignys Mutter Louise de Montmorency erzog den Sohn im Geist der neuen Lehre. Sie wurde 1530 als Hofdame der Königin nach Paris berufen.
    "Dort findet man schon erste Sympathisanten für (…) die Reform der Kirche (…) mit den Montmorency, mit den Condé, das sind ja große Familien, die waren immer in der Nähe des Königs und sind relativ offen für die neuen Ideen."
    Vom Truppenführer zum Oberbefehlshaber
    Der junge Coligny machte eine steile Karriere im Dienst der Monarchie. Er zeichnete sich als tollkühner Truppenführer im Kampf gegen Spanier und Engländer aus. Leitete diplomatische Missionen in London und Brüssel. Wurde Gouverneur von Paris, später der Picardie und der Normandie. Mit dem Titel eines "Admirals von Frankreich" ernannte ihn der König 1553 zum Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung.
    Bei der Eroberung von Saint Quentin durch die Spanier geriet Coligny 1557 in Kriegsgefangenschaft und saß 20 Monate hinter Gittern in Brügge und Gent. Es war die Wendezeit seines Lebens.
    "Indem Gott Ihnen diese Prüfung geschickt hat, wollte er Sie sozusagen aus dem Verkehr ziehen, damit er von Ihnen besser gehört wird. Es ist, als wollte er Ihnen persönlich ins Ohr sprechen." Das schrieb ihm aus Genf der Reformator Jean Calvin, Johannes Calvin. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft bekannte sich Coligny offen zu dessen Lehre.
    "Das ist der große Unterschied vor 1560 und nach 1560: Coligny bekehrt sich öffentlich zu der protestantischen Reform und wird noch zusätzlich (…) die Verkörperung einer neuen politischen, militärischen protestantischen Partei in Frankreich."
    Mord in der Bartholomäusnacht
    Er wurde damit zum Hauptgegenspieler einer anderen führenden Hochadelsfamilie, der Herzöge von Guise, die als Verfechter einer papsttreuen Orthodoxie vor Gewalt nicht zurückschreckten und zeitweise bestimmenden Einfluss am Hof gewannen.
    Kupferstich der Ermordung von Gaspard de Coligny
    Gaspard de Coligny, französischer Admiral und Hugenottenführer wurde beim Massaker der Bartholomäusnacht umgebracht (picture alliance / akg-images)
    Von außen suchte die katholische Vormacht Spanien die Gegensätze zu verschärfen, drängte auf eine finale Abrechnung mit Frankreichs Protestanten. Bis 1570 erlebte Frankreich drei Konfessionskriege, die jeweils durch königliche Toleranzedikte beendet wurden. Von Dauer war der Friede nie.
    "Das Problem Frankreichs in diesem Jahrhundert (…) ist, dass der König (…) die Einheit dieses französischen Staats verkörpert. (…). Und in diesem einheitlichen Modell stört natürlich die Pluralität der Konfession."
    Die katholische Partei am Hof entschloss sich schließlich zur großen Abrechnung. Eine Gelegenheit fand sich, als im Spätsommer 1572 Frankreichs protestantische Elite zur Feier der Hochzeit ihres Anführers Heinrich von Navarra mit einer Schwester des Königs in Paris versammelt war. In der Nacht zum 24. August, dem Tag des heiligen Bartholomäus, schlugen die Schergen des Herzogs von Guise zu. Eines ihrer ersten Opfer war Gaspard de Coligny.