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Vor 600 Jahren entdeckt
Als die Portugiesen auf Madeira landeten

Die "Insel des ewigen Frühlings": So beschrieb einst Winston Churchill Madeira. Wegen ihres milden Klimas und ihrer einzigartigen Natur lockte sie bereits Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Touristen an. "Holzinsel" nannten die portugiesischen Seefahrer Madeira, als sie vor 600 Jahren dort landeten.

Von Regina Kusch | 01.07.2019
    Blick auf das Bergdorf Ribeiro Frio auf Madeira: Winston Churchill verbrachte auf der Atlantik-Insel 1950 seinen Urlaub, um dort Landschaftsaquarelle zu malen.
    Das Bergdorf Ribeiro Frio auf Madeira: Winston Churchill verbrachte auf der Atlantik-Insel 1950 seinen Urlaub, um in Ruhe an seinen Kriegsmemoiren zu arbeiten (imago images / blickwinkel)
    "Verstohlen lugten die ersten Strahlen der aufgehenden Oktobersonne über den Atlantik, während im Norden die Felseninsel Madeira im geheimnisvollen Licht ihre Farbe änderte, von einem gespenstischen Grau zu lebendigem Grün. In einer Bucht im Süden lag, weiß im Morgenleuchten, die Stadt Funchal, vor der sich, wie ein hoher Wachposten, ein großer Fels in den Himmel reckte, gekrönt mit einem Fort, das an den Turm in einem Schachspiel erinnerte."
    So beschrieb Winston Churchill in einer Kurzgeschichte die "Insel des ewigen Frühlings", auf der er 1950 seinen Urlaub verbrachte, um dort in Ruhe an seinen Kriegsmemoiren zu arbeiten und Landschaftsaquarelle zu malen. Seinem Beispiel folgten viele wohlhabende Nordeuropäer, die auf Madeira den Winter verbringen wollten. Sie brachten der hungernden Bevölkerung, die großenteils vom Tourismus lebte, nach dem Zweiten Weltkrieg endlich wieder Einkünfte, erzählt der Historiker Alberto Vieira vom Zentrum für Atlantik-Studien in Funchal.
    "Madeiras Naturschönheiten lockten bereits im 19. Jahrhundert Touristen an. Es gibt nicht viele Badestrände, unser Reichtum ist die Natur: Madeira ist ein verstecktes Paradies. Wir haben hier die größten Vorkommnisse von Lorbeerwäldern weltweit. Entlang der Levadas, das sind unsere Bewässerungskanäle aus dem 15. Jahrhundert, kann man über die ganze Insel wandern."
    Schon im 14. Jahrhundert auf Seekarten verzeichnet
    Madeira war schon im 14. Jahrhundert auf Seekarten verzeichnet. Doch erst hundert Jahre später landeten portugiesische Seeleute auf der etwa 740 Quadratkilometer großen, mit tropischen Wäldern bedeckten Vulkaninsel, um sie im Auftrag von Heinrich dem Seefahrer zu besiedeln.
    "João Gonçalves Zarco und Tristão Vaz Teixeira gelten als die Entdecker Madeiras. Man sagt, dass sie hier am 1. Juli 1419 an Land gingen, um dem Königreich Kastilien zuvorzukommen. Bis dahin waren nur Schiffbrüchige gestrandet oder Händler auf die Insel gekommen, die aus den Drachenbäumen den purpurroten Farbstoff gewannen, der damals sehr gefragt war. Auf der Nachbarinsel Porto Santo landeten die Seeleute bereits am 1. November 1418 und bauten die ersten Siedlungen."
    Jahrelang ließ João Gonçalves Zarco die Wälder Madeiras, das übersetzt "Holzinsel" bedeutet, brandroden und vernichtete damit die ursprüngliche Vegetation. Dann begannen Siedler vom portugiesischen Festland und Sklaven aus den Kolonien, Terrassenfelder anzulegen. Dort pflanzten sie Weizen, um Portugal damit zu versorgen. Der Anbau von Zuckerrohr und die Entwicklung einer Zuckerindustrie brachte den Insulanern bald hohe Steuereinnahmen ein, denn sie exportierten das "weiße Gold" in die europäischen Handelszentren.
    Ein weiterer populärer Exportartikel war Likörwein aus der Malvasia-Rebe, den man in England bereits Ende des 16. Jahrhunderts trank.
    Die madeirische Tradition in der Welt verbreitet
    Doch Mitte des 19. Jahrhunderts wurden große Teile der madeirischen Weinanbaugebiete durch Mehltau und Reblausbefall vernichtet, viele Winzer verloren ihre Lebensgrundlage.
    Tausende Madeirer verließen im 19. und 20. Jahrhundert ihre Heimat, um in Venezuela, Südafrika, Brasilien, den USA oder Australien ihr Glück zu suchen.
    "Diejenigen, die auswanderten, haben ihre Traditionen mitgenommen und in der Welt verbreitet. Es war ein Madeirer, der das Zuckerrohr nach Brasilien exportierte. Auf unserer Insel entstanden wichtige Kulturtechniken, die wir an verschiedene Orte der Welt gebracht haben."
    Diejenigen, die blieben, entwickelten neue Überlebensstrategien. Etwa 60 000 Frauen bauten sich auf Madeira eine berufliche Existenz als Stickerinnen auf, nachdem ihre traditionellen Handarbeiten auf der Weltausstellung 1851 in London große Nachfrage ausgelöst hatten. Der Fremdenverkehr ist jetzt wieder die Haupteinnahmequelle Madeiras. Die einstige "Holzinsel" hat sich in einen exotischen Blumengarten verwandelt, in dem mehr als 2000 Arten aus allen Kontinenten blühen.