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Vor 75 Jahren
Der "Alaska Highway" wird eröffnet

Mitten im Krieg und in nur acht Monaten wurde der Alaska Highway unter härtesten Wetterbedingungen gebaut. US-Präsident Roosevelt fürchtete eine Invasion der Japaner im hohen Norden des amerikanischen Kontinents. Rund 11.000 Soldaten und 16.000 zivile Arbeiter pflasterten die Strecke – einige erfroren dabei.

Von Philipp Eins | 21.11.2017
    Susitna River Bridge auf dem Alaska Highway, dem Landweg zwischen den USA und ihrem nördlichsten Bundesstaat
    Susitna River Bridge auf dem Alaska Highway, dem Landweg zwischen den USA und ihrem nördlichsten Bundesstaat (imago/UIG)
    Der Boden ist noch gefroren, als die ersten US-Soldaten mit einem Sonderzug in Dawson Creek eintreffen, einer Kleinstadt im Nordosten der kanadischen Provinz British Columbia. Es ist der 9. März 1942.
    Während die Männer aus den Waggons steigen, können sie nur erahnen, welche Strapazen auf sie zukommen. Auf Befehl von US-Präsident Franklin D. Roosevelt sollen sie eine 2446 Kilometer lange Fernstraße errichten, von Dawson Creek durch die Wildnis bis hinauf nach Fairbanks, im nördlichsten US-Bundesstaat Alaska. Ein Gebiet mit über 6000 Meter hohen, eisgepanzerten Bergen und Gletschern. Der Zeitplan ist stramm. Noch bevor der nächste Winter einbricht, soll die Strecke fertig sein.
    Drei Monate zuvor, in den frühen Morgenstunden des 7. Dezember 1941, griffen japanische Luftstreitkräfte das Hauptquartier der US-Pazifikflotte in Pearl Harbour auf Hawaii an. Völlig überraschend, ohne Kriegserklärung. Knapp 2500 US-Soldaten kamen ums Leben, die Amerikaner waren im Pazifikraum empfindlich geschwächt. Vor dem Kongress aber gab sich Präsident Roosevelt kämpferisch und erklärte:
    "Egal wie lange es dauert, Amerika wird diesen vorsätzlichen Anschlag überwinden. Und am Ende wird sein gerechtes Wesen siegen!"
    Strategische Bedeutung Alaskas
    Mehr denn je sorgt sich die US-Regierung seither um die mehr als 10.000 Meilen Pazifikküste, die ohne Schutz im hohen Nordosten liegen. Norbert Finzsch, emeritierter Professor für nordamerikanische Geschichte am Historischen Institut der Universität zu Köln:
    "Alaska wäre so eine Art Landbrücke gewesen vom Norden des Kontinents durch Kanada durch zu den Vereinigten Staaten. Und darin liegt seine strategische Bedeutung. Es kommt außerdem hinzu, dass bekannt war – zumindest in Ansätzen bekannt war –, dass Alaska sehr rohstoffreich ist."
    Der große Goldrausch war zwar Anfang des 20. Jahrhunderts vorbei. Doch in Alaska gibt es auch Erdöl und Kohle. Bislang ist das Territorium nur auf dem Seeweg oder per Flugzeug zu erreichen. Um Alaska militärisch zu sichern, braucht es eine Landverbindung. Am 11. Februar 1942 erteilt Roosevelt dem Pioniergeneral Crawford Order den Auftrag, eine Fernstraße von Kanada bis Fairbanks zu bauen.
    "Im Einsatz waren sieben Regimenter, also ungefähr 11.000 Soldaten. Die wussten gar nicht, was auf sie zukam. Denen wurde gesagt, lasst eure Gewehre zurück und findet euch mit Schlafsack dort ein. Ihr werdet dann abtransportiert. Und dann kamen sie in ein Gebiet, in dem Dauerfrost herrschte, in einigen Gebieten, in denen der Boden nie auftaute, also der Permafrost. In anderen Gebieten war ein säurehaltiger Sumpf das Haupthindernis."
    Pferde transportierten Holz, Traktoren wären eingesunken
    Im Sumpf versinken einfache Traktoren und Bulldozer. Begleitet von Mückenschwärmen bauen die Soldaten und rund 16.000 zivilen Arbeiter zunächst unter einfachsten Bedingungen. Wilfred Grondine diente damals in einem der Regimenter:
    "Wir hatten Pferde, die das Holz transportierten, weil die Traktoren an den Stellen, wo wir Bäume fällten, eingesunken wären! Das Fällen des Holzes übernahmen die Kollegen mit den Fuchsschwänzen."
    Am härtesten ist der Straßenbau im Norden, zwischen der kanadischen Kleinstadt Whitehorse und dem Ziel in Alaska. Hier zieht sich der Winter bis in den Mai. Bei Temperaturen von 40 Grad unter Null wird selbst Stahl spröde und bricht wie Glas. Immer wieder mangelt es an Nachschub von Lebensmitteln. Einige Soldaten erfrieren.
    Als die Japaner im Juni 1942 zwei Inseln der Aleutenkette vor Alaska besetzen, wird der Bau der Fernstraße immer dringlicher.
    Etwa acht Kilometer pro Tag
    Um den engen Zeitplan erfüllen zu können, schafft die Armeeführung schweres Gerät heran: Bulldozer mit 180 PS, mit denen sich die Soldaten eine Schneise durch die Wildnis walzen. Etwa acht Kilometer pro Tag kommen sie voran. Das Projekt fesselt die US-Bürger vor Radiogeräten und Zeitungen wie kaum ein anderes Ereignis in den dunklen Kriegsjahren.
    Nach nur acht Monaten Bauzeit, am 21. November 1942, wird der Alaska Highway feierlich eröffnet. Militärisch genutzt wird er kaum. Nach Erfolgen der US-Armee im Pazifikkrieg unterzeichnet die japanische Staatsführung im August 1945 die bedingungslose Kapitulation. Heute ist die Straße asphaltiert und wird vor allem von Truckern und Touristen befahren. Im kollektiven Bewusstsein der Amerikaner ist der Alaska Highway aber noch immer verankert.