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Vor 75 Jahren gestorben
Thomas "Fats" Waller - ein Gigant des Jazz

Ein unfehlbares Timing, die perfekte Koordination beider Hände, die Intensität seines Swings und sein Sinn fürs Melodische – sie machten ihn zu einem Giganten des Jazz der 1930er- und frühen 1940er-Jahre: Thomas „Fats" Waller wurde zwar nur 39 Jahre alt, aber dem Jazz hinterließ er ein unschätzbares Erbe.

Von Karl Lippegaus | 15.12.2018
    Schwarzweiss Foto des Jazzmusikers Thomas Wright Waller im Jahr 1943.
    Privat war er extrem ordentlich, im Job galt Thomas "Fats" Waller als sprunghaftes, unpünktliches Musikgenie (picture alliance / 20th Century Fox)
    Ein Journalist fragte Fats Waller einmal, wie er Swing definieren würde und der Pianist meinte:
    "Zwei Drittel Rhythmus und ein Drittel Soul. Man könnte es auch gut erzogenen Jazz nennen."
    Nur 39 Jahre wurde er alt, doch alle großen Pianisten im Jazz schwören auf Thomas "Fats" Waller. Sein Sohn Maurice beschrieb ihn einmal so:
    "Er hat große, schöne Hände, die zu ihrem Besitzer passen. Er muss fast 300 Pfund wiegen und ist ziemlich groß. Sein breites Gesicht dominieren schwarze Augenbrauen, die sich über den leuchtend braunen Augen auf und ab bewegen; seine Nase kräuselt sich in Falten. Verstohlen blickt er ab und zu auf ein hübsches Mädchen. Sein großer Kopf geht hoch und wieder runter, während seine Hände über die Tasten gleiten."
    Thomas Waller wurde als jüngstes von elf Kindern am 21. Mai 1904 geboren.
    "Ich kam in Harlem zur Welt. Trat um mich und schrie 'rum. Das Treten habe ich aufgegeben, aber schreien tue ich immer noch."
    Sein Vater war anglikanischer Pastor. Thomas lernte durch seine Mutter Klavier und Kirchenorgel spielen. An seinen ersten öffentlichen Auftritt knüpften sich lebhafte Erinnerungen.
    "Als ich ungefähr 14 war, da ergatterte ich einen Job in einem Theater. Und bekam gleich Ärger mit meinem Vater. Er konnte mit dieser Musik nichts anfangen. Trotzdem spielte ich weiter Klavier und schrieb Songs – ein paar wurden sogar verlegt. Dann konnte ich die Musik für eine Show beisteuern, die 'Hot Chocolate' hieß."
    Zwischen Stummfilmkino und Gottesdienst
    In den Stummfilmkinos hatte er die ersten Jobs. Und wenn sein Vater auf der Straße in Harlem predigte, begleitete ihn sein Jüngster am Harmonium. Die ersten Platten machte er 1922, als Pianist und bald auch als Sänger. Er liebte sehr die Orgel, kaufte sich eine große Hammond, danach eine Wurlitzer. Fats Waller - der erste Keyboarder im Jazz.
    Früh zeigte sich sein immenses Talent. 1931 kam er zum ersten Mal nach Europa. Komponieren fiel ihm so leicht wie Mozart. Viele seiner Stücke verkaufte er für einen Spottpreis. Wurden sie populär, dann meldeten andere ein Urheberrecht darauf an.
    "Mein Vater geriet in Wut, wenn er ‘I Can't Give You Anything but Love irgendwo hörte. ‘On the Sunny Side of the Street’ war offenbar auch von ihm."
    Hunderte von Songs flossen Fats aus der Feder; darunter "Ain’t Misbehavin", "Honeysuckle Rose" und "The Jitterbug Waltz", angeblich der erste Jazz-Walzer.
    Der Pianist Oscar Levant nannte Fats Waller den "schwarzen Horowitz". Seine umwerfende Komik, die Lust an Späßen, war gepaart mit überschäumender Lebensfreude. Aber der Humor diente ihm auch als Maske, um sich vor Angriffen von Rassisten zu verbergen.
    "In seinem Privatleben war mein Vater jemand, der alles schön ordentlich hatte, aber als Musiker führte er ein chaotisches Leben; Dad kam zu spät zu den Proben, war sprunghaft, unzuverlässig und wurde oft – unfairerweise – als unseriös betrachtet, was seine Musik anging.
    "Mein Leben in aller Kürze"
    1938 war Fats Waller wieder in Europa, in Großbritannien und in Paris. Wie besessen schrieb er an einer Klaviersuite, viele Nächte mit Gordon’s Gin und kettenrauchend. Diese London Suite wurde sein ehrgeizigstes Werk.
    "Mein Leben – in aller Kürze."
    Sein Leben raste dahin wie ein Schnellzug. Eine Lungenentzündung wurde Fats Waller zum Verhängnis, auf einer Zugfahrt durch einen Schneesturm von Kansas City nach New York. Fats Waller starb am 15. Dezember 1943.