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Vor 75 Jahren in Casablanca
Geheime Konferenz der Westalliierten

Unter größter Geheimhaltung trafen sich US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill vor 75 Jahren in Casablanca. Joseph Goebbels tobte, denn die NS-Führung erfuhr fast nichts. Beim Verhandlungsmarathon der Alliierten wurden die Weichen für den weiteren Verlauf des Zweiten Weltkriegs gestellt.

Von Otto Langels | 14.01.2018
    Konferenz von Casablanca während des Zweiten Weltkriegs im Januar 1943 (l-r): General Henri Honore Giraud (Frankreich), Präsident Franklin Delano Roosevelt (USA), General Charles de Gaulle (Frankreich) und Premierminister Winston Churchill (Großbritannien).
    Ergebnis der Konferenz von Casablanca 1943 war die Forderung der Alliierten nach bedingungsloser Kapitulation Deutschlands, Italiens und Japans (pcture alliance/dpa - UPI)
    Erst nach Ablauf einer dreitägigen Sperrfrist nach dem Ende der Konferenz von Casablanca durften die internationalen Nachrichtenagenturen über das geheime Gipfeltreffen berichten. Am 14. Januar 1943 waren US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill zu einem zehntägigen Verhandlungsmarathon zusammengekommen, um das militärische Vorgehen gegen die sogenannten Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan zu koordinieren. Norbert F. Pötzl, Autor des Buches Casablanca 1943, über den Schauplatz des Treffens:
    "Die Idee, diesen Konferenzort zu wählen, die ist erst auch im Laufe des Dezember 1942 getroffen worden. Es lag gewissermaßen in der Mitte zwischen Amerika, Großbritannien und der Sowjetunion, denn zunächst sollte ja auch Stalin daran teilnehmen."
    In Casablanca berieten Roosevelt und Churchill mit ihren militärischen Stabschefs
    Der sowjetische Diktator blieb jedoch der Konferenz fern und begründete dies mit der Schlacht um Stalingrad, die seine Anwesenheit in der Heimat erfordere. In Casablanca berieten Roosevelt und Churchill mit ihren militärischen Stabschefs, wann und wo die Alliierten Deutschland und Italien auf dem westeuropäischen Kontinent angreifen wollten, um mit einer zweiten Front die Rote Armee in ihrem Kampf gegen die Wehrmacht zu unterstützen.
    "Da haben sich die Briten durchgesetzt, die sagten, für eine Invasion von Nordfrankreich her, da sei noch nicht die Vorbereitung getroffen, man müsste so viel Material und Soldaten herbeischaffen. Also erschien es klüger, von Nordafrika über Italien ins Zentrum Europas vorzustoßen. Die Briten hatten einfach mehr Überzeugungskraft, sie hatten mehr Fachleute, sie hatten ein Kommunikationsschiff vor Ort in Casablanca, wo sie also ständig Rücksprache auch mit der Regierung in London nehmen konnten."
    Auf britischen Vorschlag verschob man die Landung in der Normandie und beschloss, im Sommer 1943 von Sizilien auf das italienische Festland überzusetzen, um dann weiter nach Norden vorzurücken.
    Ein bekanntes Foto von dem Treffen in Casablanca zeigt Roosevelt und Churchill, zwischen ihnen die beiden französischen Generäle de Gaulle und Giraud, zwei Rivalen, die man einbestellt hatte, um über die Zukunft ihres Landes zu verhandeln; der eine Anführer eines freien und unabhängigen Frankreichs, der andere Anhänger der mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Regierung.
    "Es wurden beide sozusagen mit der Führung beauftragt, sogar ein Dreiergremium, es wurde noch ein dritter General mit aufgenommen. Aber à la longue hat sich General de Gaulle durchgesetzt. Er hat praktisch die beiden anderen ausgebootet."
    Konferenz von Casablanca fand unter größter Geheimhaltung statt
    Darüber hinaus beschlossen Roosevelt und Churchill, die Luftangriffe auf deutsche Ziele zu verstärken. Die britischen Bomber sollten künftig nachts fliegen, die amerikanischen tagsüber. Die Konferenz von Casablanca fand unter größter Geheimhaltung statt, sodass die NS-Führung nur vage Informationen über das Gipfeltreffen erhalten hatte.
    "Der Propagandaminister Joseph Goebbels hat getobt, dass eben die Deutschen bis zuletzt nicht wussten, wo die Konferenz stattfinden würde. Und Casablanca wurde wörtlich übersetzt mit Weißes Haus. Die Deutschen glaubten also, die Konferenz finde im Weißen Haus in Washington statt."
    Im marokkanischen Casablanca traten Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt am 24. Januar vor die Presse, um die Resultate der zehntägigen Beratungen mitzuteilen:
    "Casablanca hat die Weichen gestellt über das weitere Vorgehen. Das wichtigste Ergebnis war die Verkündung des Kriegsziels, dass die Alliierten sich auf keine Kompromisse mehr einlassen würden, sondern die bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte forderten und darauf hinarbeiten wollten. Damit war klar: Wenn es keine Kompromisse gibt, würden die Alliierten auch nicht mit Widerstandsgruppen verhandeln, also etwa über eine Regierung nach Hitler."
    Demnach wollten Briten und Amerikaner auch nach einem möglichen Sturz des NS-Regimes keinen Frieden mit Deutschland schließen, sondern das Land vollständig besetzen. Der sowjetische Diktator Josef Stalin schloss sich der Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation umgehend an. "Unconditional surrender", die sogenannte Casablanca-Formel, dokumentierte die Entschlossenheit der Alliierten, gemeinsam den Kampf gegen das Deutsche Reich, Italien und Japan bis zur völligen Unterwerfung der Kriegsgegner fortzusetzen.