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Vor 800 Jahren
Der erste Spatenstich für die Kathedrale von Burgos

Das UNESCO-Weltkulturerbe ist wichtige Station des Jakobswegs: Die Kathedrale von Burgos in Nordspanien. Erster und wohl auch schönster gotischer Sakralbau des katholischen Landes. Nach der Grundsteinlegung am 20. Juli 1221 floss französische, maurische und Kölner Expertise ein.

Von Victoria Eglau | 20.07.2021
    Frontansicht des Portals der Kathedrale Santa María in Burgos
    Die Kathedrale Santa María in Burgos. Das UNESCO-Weltkulturerbe liegt am Jakobsweg in Kastilien-León (picture alliance / imageBROKER | Sabine Lubenow)
    Anfang des 13. Jahrhunderts im Norden Spaniens. Burgos ist die Hauptstadt des mittelalterlichen Königreichs Kastilien. Im Jahr 1219 findet dort ein Großereignis der europäischen Monarchien statt: Der kastilische König Ferdinand, später der Heilige genannt, vermählt sich mit Beatrix, der Tochter des römisch-deutschen Königs Philipp von Schwaben. Die Hochzeit findet in der alten romanischen Kathedrale von Burgos statt.
    Nur zwei Jahre später, am 20. Juli 1221, wird der Grundstein für eine neue Kathedrale gelegt – den ersten großen gotischen Sakralbau in Spanien. Dazu der Kunsthistoriker Henrik Karge:
    "In einer Chronik wird tatsächlich belegt, dass der kastilische König Ferdinand III. zusammen mit Bischof Mauricio von Burgos die Grundsteinlegung vorgenommen hat. Und das deutet schon darauf hin, dass es ein Kirchenbau war, der auch sehr im königlichen Interesse lag. … Auf jeden Fall ist diese Hochzeit, die dort stattgefunden hat, war so das Siegel der Exzellenz für diesen Ort und sicher mit ein Grund, dass man an dem Ort dann auch eine neue, moderne Kathedrale hinbauen wollte."

    Französisches Knowhow

    Karge von der Technischen Universität Dresden, gilt als einer der größten Kenner der Kathedrale von Burgos. Um das prächtige Gotteshaus zu errichten, das Status, Reichtum und Ambitionen symbolisieren sollte, beauftragte das Kathedral-Kapitel offenbar große Meister der französischen Gotik. Der Name des ersten Baumeisters sei nicht bekannt, aber viele bauliche Details sprächen dafür, dass es ein Franzose war, sagt Karge:
    "Und es gibt noch ein weiteres Indiz: In der Kathedrale konnte ich feststellen, dass in den ältesten Teilen, dem Chor der Kathedrale, sehr präzise das Pariser Fußmaß verwendet wurde, also mit einer geradezu erstaunlichen Präzision."

    Intelligenter und effizienter gebaut als das Vorbild Bourges

    Père Gilles Drouin steht auf dem Balkon des Diözesanhauses, im Hintergrund ist die gegenüberliegende Kathedrale zu sehen
    Notre-Dame de Paris - Das neue Leben der alten Kathedrale
    2019 Jahren wurde die weltberühmte Kirche durch einen Brand schwer beschädigt, jetzt ist sie eingerüstet. Was nach dem Wiederaufbau zum Vorschein kommen soll, steht noch nicht fest.
    Bis 1260, also in der relativ kurzen Zeit von vier Jahrzehnten, wurde in Burgos der Kernbau der neuen Kathedrale errichtet – beeinflusst unter anderem von Notre Dame in Paris, vor allem aber von der fünfschiffigen Kathedrale der zentralfranzösischen Stadt Bourges. Allerdings entstand in Burgos eine lediglich dreischiffige Kirche: eine kleinere, aber intelligent und aufwendig gestaltete Version des Vorbilds in Bourges, so Kunsthistoriker Karge.
    Pfeiler und Triforien, das heißt, die zum Mittelschiff geöffneten Gänge in der Hochwand, wurden übernommen. Anders als in Bourges entstand in Burgos ein ausladendes Querhaus. Und, die Kathedrale hatte mehr Skulpturen-Portale und überhaupt viele dekorative Elemente.

    Der Jakobsweg als Architektur-Vermittler

    Für die Verbreitung der französischen Gotik in Spanien spielte der Jakobsweg eine entscheidende Rolle. Er war mehr als eine Pilgerroute: Eine Schlagader des Mittelalters, über die Fachleute Waren und Ideen transportierten.
    Nach der Vollendung des Kernbaus wurde die Kathedrale von Burgos mehrfach erweitert. Eine besonders große Reform war die Aufstockung der Westfassade im 15. Jahrhundert. Beauftragt wurde der Dombaumeister Hans von Köln, der das Modell durchbrochener Turmspitzen nach Burgos brachte: Und, so Henrik Karge:
    "In jedem Fall ist dieses Grundmodell der filigranen deutschen Türme tatsächlich nach Spanien transferiert worden und bis heute das einzige Beispiel einer Doppelturmfassade. Und es kam noch ein großer Vierungsturm hinzu, den auch Hans von Köln geplant hat. Der ist halt eingestürzt, aber man hat dann im 16. Jahrhundert noch mal einen sehr aufwendigen Vierungsturm darüber gebaut."

    Noch durften sich muslimische Bauhandwerker einbringen

    Zwar ist der Baustil der Kathedrale von Burgos die französische Hochgotik, doch ist sie unverkennbar eine spanische Kirche. Die Ornamente an sich sind französisch inspiriert, doch bedecken sie die Flächen musterhaft, was auf den Einfluss muslimischer Bauhandwerker schließen lässt, die in Spanien auch nach der katholischen Reconquista noch beschäftigt wurden.

    Ein singuläres Bauwerk

    Die Kathedrale - seit 1984 UNESCO-Weltkulturerbe - ist ein in Europa singuläres Bauwerk. Was ihre Einzigartigkeit ausmacht, erklärt Kunsthistoriker Henrik Karge so: Die Basilika sei durch die Erweiterungen in der Renaissance und im Barock wie überkrustet. Darunter erhalten aber sei ein großer Teil der Kathedrale aus dem dreizehnten Jahrhundert: Authentisch und kaum durch Restaurierung entstellt.