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Vor Abstimmung im Unterhaus
May und die EU ergänzen den Brexit-Vertrag

In letzter Minute haben sich die britische Premierministerin Theresa May und die EU auf eine Ergänzung des Brexit-Vertrags geeinigt. Es geht vor allem darum, einen sogenannten Backstop möglichst zu verhindern. May hofft nun auf eine Mehrheit für das Abkommen bei der Abstimmung im Unterhaus heute Abend.

Von Paul Vorreiter | 12.03.2019
Die britische Premierministerin May schüttelt dem EU-Kommissionspräsidenten Juncker die Hand.
Kurz vor Mitternacht verkündeten May und Juncker die Einigung (dpa/Francisco Seco)
Es war ein Last-Minute-Besuch in Straßburg, um die Abstimmung heute in London nicht zum erneuten Desaster für Premierministerin Theresa May zu machen. Und möglicherweise kann sie jetzt die entscheidenden Klarstellungen und rechtlichen Garantien bieten, um eben doch noch eine Mehrheit für das Austrittsabkommen mit der EU zu bekommen und die harten Brexitiers umzustimmen. Knackpunkt der Verhandlungen ist der sogenannte Backstop.
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Mehr Beiträge zum Brexit finden Sie in unserem Portal "Countdown zum Brexit" (AFP / Tolga Akmen)
Backstop, das ist die Auffanglösung für Nordirland, die dafür sorgen soll, dass keine harte Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland notwendig wird. Die Klausel sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist. In den Augen der harten Brexitiers bindet diese Auffanglösung Großbritannien auf unbestimmte Zeit an die EU – also genau das, wogegen sie ankämpfen.
"Backstop soll idealerweise nie zum Einsatz kommen"
Kurz vor Mitternacht traten Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor die Presse, um die Einigung zu präsentieren, die aus zwei Kernelementen besteht, und die ergänzen soll das Austrittsabkommen samt politischer Erklärung über die weitere Zukunft und die schriftlichen Zusagen von EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker:
"Das rechtlich bindende Instrument soll verdeutlichen: Großbritannien und die EU verpflichten sich, bis Ende 2020 Ersatzlösungen für den Backstop auszuarbeiten. Es soll also noch deutlicher bekräftigt werden, was schon zuvor betont wurde: Der Backstop soll idealerweise nie zum Einsatz kommen."
Großbritannien soll außerdem die Möglichkeit bekommen, die Regelung zur irischen Grenze auszusetzen, wenn die EU ihre Pflichten verletzt. Nach wochenlangen Versuchen, die Dokumente des geordneten Austritts zu modifizieren, sieht Jean-Claude Juncker nun die Möglichkeiten der EU, auf London zuzugehen, erschöpft:"Entweder werde dieser Vertrag angenommen, oder der Brexit kommt erst gar nicht zustande."
Oppositionsführer lehnt Neuerungen bereits ab
Theresa May ihrerseits kündigte eine einseitige Erklärung an: Sollten die Verhandlungen über eine Alternative zur Auffanglösung, die so schnell wie möglich beginnen sollen, scheitern, dann sieht sich die britische Seite berechtigt, den Backstop auszusetzen:
"Der Oppositionsführer, Labour-Politiker Jeremy Corbyn, rief die Abgeordneten bereits dazu auf, die Verhandlungsergebnisse abzulehnen. Er wirft Theresa May, ihre Versprechen gegenüber dem Parlament nicht einzuhalten."
Sollten die britischen Abgeordneten den Vertrag heute trotz der Nachbesserungen ablehnen, will May morgen über ein Ausscheiden ohne Deal abstimmen lassen. Wird auch das abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll.