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Vor der Europawahl
Politik und Posten in Paris

Die deutschen Sozialdemokraten waren heute zufrieden: Vor dem EU-Gipfel haben sie mit ihren europäischen Kollegen dringende Fragen geklärt - zum Beispiel Personalprobleme. Ihre Haltung gegenüber Jean-Claude Juncker steht fest, zum Defizitabbau auch.

Von Ursula Welter | 21.06.2014
    Frankreichs Präsident Francois Hollande spricht mit dem EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz vor dem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten in Paris.
    Demonstrierten gute Laune in Paris: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (links) und Frankreichs Präsident Francois Hollande. (dpa picture alliance/ Etienne Laurent)
    Paris feiert das Fest der Musik, im Hof des Elysée waren schon die ersten Bands zur Probe erschienen, die Öffentlichkeit hat heute Zugang zum Präsidenten-Palast, so wichen Europas Sozialdemokraten ins Palais auf der anderen Straßenseite aus.
    "Ja, das war ein sehr erfolgreiches Treffen heute, die Sozialdemokraten haben sich hier verständigt."
    Sagte Siegmar Gabriel beim Verlassen der Runde, zu der der französische Staatspräsident sieben Regierungschefs der gleichen Parteifarbe, den deutschen Vizekanzler und Martin Schulz, den Spitzenkandidaten der Linken bei den Europawahlen eingeladen hatte. Politik und Posten, in beiden Punkten sei man vorangekommen, sagte Gabriel. Für die wirtschaftspolitische Linie des neuen EU-Personals wollen Europas Sozialdemokraten die Formel vorgeben:
    "Reformen gegen Zeit zum Defizitabbau".
    Frankreich hatte ursprünglich Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gewünscht, davon ist nun aber keine Rede mehr. Paris musste dem Vernehmen nach mit Mühe überzeugt werden, von dieser Linie abzurücken, an der nicht zuletzt Deutschland mit seiner Großen Koalition gelegen war.
    "Das heißt keine Abweichung von den Regeln des Stabilitätspaktes, aber dass die Spielräume auch ausgenutzt werden."
    Staatspräsident Francois Hollande legte den Finger noch einmal in die Wunde, als er forderte :
    "Damit wir tatsächlich wissen und erfahren, welche Investitionen und welche nicht in die Ausgaben mit einkalkuliert werden, das ist ja der italienische Vorschlag."
    Künftige EU-Kommission nahm weiter Kontur an
    Gute Schulden, schlechte Schulden - bei der Bewertung der Defizitziele wünscht Frankreich mit anderen Staaten mehr Flexibilität und eine konkrete Festlegung darauf, welche Ausgaben angerechnet werden und welche nicht. Dabei bleibt es. Paris wird in diesem Jahr sein Schuldenziel mit rund vier Prozent erneut verfehlen, wie der Rechnungshof gerade vorhergesagt hat.
    Dennoch sagte Francois Hollande:
    "Die Spielräume des Paktes zu nutzen heißt, dass wir unsere Zusagen einhalten."
    Schuldenabbau also. Sigmar Gabriel formulierte es so:
    "Wir können nicht einseitig weiter nur das Thema Stabilität bedienen, sondern auch die anderen Teile, die dafür sorgen dass Wachstum und Arbeit in Gang kommt, dass wir das nutzen."
    Die künftige EU-Kommission, um deren Zusammensetzung gerade gerungen wird, nahm mit dem Treffen der Sozialdemokraten in Paris ebenfalls weiter Kontur an. Die Wahlergebnisse und gute Abschneiden der Konservativen müssten berücksichtigt werden, sagte Gabriel:
    "Und deswegen wird Herr Juncker Präsident, Martin Schulz hat hier heute die Unterstützung aller Anwesenden in ihrer Parteifunktion in sozialdemokratischen Parteien Europas bekommen für die Kandidatur zum Parlamentspräsidenten, aber das ersetzt nicht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Konservativen und Sozialdemokraten in der Kommission."
    Aus Italien kam im Laufe der Verhandlungen auch die dringende Bitte, der Bevölkerung Europas mit dem Personalgeschacher nicht zu viel zuzumuten, und möglichst im Paket alle Positionen abzustimmen.
    Durchaus zufrieden verließ Martin Schulz die Runde, er sei keineswegs enttäuscht, dass der Weg in die EU-Kommission ihm nun verbaut sei und er nun für nur zweieinhalb Jahre für das Amt des Parlamentspräsidenten kandidiere:
    "Ich bewerbe mich um die Präsidentschaft des EU-Parlaments am ersten Juli und bin sehr dankbar, dass ich hier heute dafür eine sehr breite Unterstützung bekommen habe."