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Vor der Landtagswahl im Saarland
Enges Rennen im Südwesten

Im Saarland wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt. CDU und SPD liefern sich ein enges Rennen um den Wahlsieg. Bisher ist noch nicht klar, ob das Bundesland mit einer Großen Koalition oder Rot-Rot regiert wird. Die Christdemokraten wähnten sich bisher als sicherer Sieger. Doch der Hype um Kanzlerkandidat Martin Schulz kommt der SPD im Saarland zugute.

Von Tonia Koch | 21.03.2017
    Mit zwei großen Plakaten werben am Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU, l) und Anke Rehlinger (SPD) in Saarbrücken (Saarland) um Wählerstimmen.
    Mit zwei großen Plakaten werben am Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU, l) und Anke Rehlinger (SPD) in Saarbrücken um Wählerstimmen. (dpa/ picture alliance/ Oliver Dietze)
    Das Saarland wird in diesem Jahr 60 Jahre alt. Es ist damit ebenso alt wie die Römischen Verträge – die Grundlage der Europäischen Union. Für das Land ist das in doppelter Hinsicht ein Grund zum Feiern. Denn ohne die europäische Annäherung wäre es dem Saarland wohl schwer gefallen, 1957 Teil der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Bei den Menschen hier herrscht deshalb die Überzeugung vor: Das Saarland ist das europäischste aller Bundesländer. Darin stimmen die Saarländerinnen und Saarländer mit ihrem Europa-Minister Stephan Toscani überein.
    "Das gehört zu unserer Identität zu unserem Wesen als Saarländer, wir empfinden uns als Deutsche aber unter allen Deutschen sind wir sicherlich diejenigen, die immer schon aufgrund unserer Geschichte, unserer Grenzlage europäisch denken und ticken. Unser Herz schlägt für Deutschland unser Herz schlägt aber auch für Frankreich, Saar-Lor-Lux und für Europa."
    Aus Anlass der beiden Geburtstage führte der Landtag kurz vor der Wahl eine Debatte über Europa. Viel Selbstkritisches war zu hören. Die Politik habe es sich bequem gemacht und zu wenig für Europa geworben. Das Erstarken der Rechtspopulisten in Frankreich, Deutschland und anderswo sei die Quittung dafür. In unmittelbarer Nähe, in Lothringen und dem Elsass, gewinnt der Front National immer mehr Wähler und auch der Einzug der AfD in den saarländischen Landtag scheint am Sonntag wahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund sei es an der Zeit, den europäischen Lebensstil, der die Grenzregion in besonderer Weise prägt, zu verteidigen, fasst Michael Hilberer die Debatte zusammen.
    AfD als Sammelbecken des Protests
    "Vieles ist hier möglich, wir können hier zusammen leben, zusammen arbeiten und zusammen wachsen, das verdanken wir der europäischen Integration. Für uns gibt es da keinen Schritt zurück, denn jeder Schritt zurück ist ein unglaublicher Verlust für dieses Saarland."
    Hilberer ist Pirat. Er beendet seine politische Karriere. Und seine Protestpartei, die 2012 aus dem Stand mit 7,4 Prozent in den saarländischen Landtag eingezogen ist, wird diesen Erfolg nicht wiederholen. Die AfD bietet sich als Sammelbecken des Protestes an.
    Der saarländische AfD-Ableger, den die Bundesspitze wegen rechter Umtriebe im vergangen Jahr schon einmal auflösen wollte, hat nicht viel übrig für Europa und seine Errungenschaften. Der freie Warenverkehr, die uneingeschränkte Reisefreiheit der EU-Bürger oder der Euro, alles verzichtbar, findet der AfD-Landesvorsitzende, Josef Dörr.
    "Dieses Europa, was die Herrschaften mit dem neuen Heilsbringer der SPD fabriziert haben und dem Jean-Claude Juncker, das ist nicht das Europa, das wir wollen."
    Die Alternative für Deutschland setzt auf Mauern in den Köpfen und ganz real, auf Schlagbäume an den Binnen-Grenzen. Für die heimatverbundenen Saarländerinnen und Saarländer und ihre oft grenzüberschreitenden Lebensentwürfe eine überwiegend seltsame Vorstellung.
    "Ich bin Grenzgänger, also ich bin immer mit einem Fuß drüben und hier gewesen, ich bin immer gehüpft, selbst während des Studiums und dann hab‘ ich auch mal in Frankreich gelebt. Für mich ist das natürlich ein Horror, wenn es Grenzen gäbe, die wieder hochgezogen würden."
    Bunt statt Braun-Demo gegen NPD-Parteitag in Sarbrücken.
    Bunt statt Braun-Demo gegen NPD-Parteitag in Saarbrücken. Viele Menschen Saarland halten nichts von nationalistischen Parolen. (dpa/ picture alliance/ Oliver Dietze)
    "Da bin ich absolut dagegen, weil ich das als sehr angenehm finde, dass man offen reisen kann und diesen kulturellen Austausch hat und da sollte man auch dafür sorgen, dass das so bleibt."
    "Wir sind Europäer und das soll so bleiben"
    Die zwei, Gabrielle Vagnier und Lisa Meier, warten am Saarbrücker Hauptbahnhof auf die Einfahrt des TGV, der sie in nur knapp zwei Stunden nach Paris bringen wird. Die Landesregierung hat die Reise aus Anlass der Jahrestage ausgelobt. Zu den Gewinnern zählt auch Nicole Niederländer, sie wohnt ganz nah an der französischen Grenze.
    "J'habite á Hanweiler, j'habite en Allemagne – ich hab beide Nationalitäten und muss dieses Jahr drei Mal wählen, so geht das..."
    Gemeinsam mit der Freundin fährt sie in die französische Hauptstadt.
    "Mir schaffe immer zusammen für die Vereine. Ich mache die Würstchen und sie die Pommes Frites und dann hab ich gesagt, wenn wir schon zusammen schaffe für die Vereine, dann kommst du auch mit nach Paris."
    Von den nationalistischen Parolen: erst die Franzosen oder erst die Deutschen, die von der Französischen Rechten ebenso verbreitet werden wie von der AfD, hält sie gar nichts.
    "Wir sind Europäer und das soll so bleiben."
    Bodo Paulus ein weiterer Mitreisender ruft dazwischen.
    Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft
    "Wir sind das Volk und nicht die!"
    Die 30-köpfige Reisegruppe wird am Bahnhof von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer verabschiedet.
    "Für uns ist es ganz wichtig, dass das kein Gegensatz ist, sondern dass das Bekenntnis zu Deutschland aber auch das Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft und zu Europa für uns untrennbar verbunden sind."
    Welche Rolle grenzüberschreitende Erfahrungen bei Landtagswahlen spielen, ist nicht erforscht, weil sich die Parteien thematisch überwiegend im nationalen Kontext verorten, sagt der Parteienforscher Uwe Jun von der Universität Trier. Wenn diese Erfahrungen jedoch eine Wirkung entfalten sollen, dann müssten sie positiv sein.
    "Nur wenn sie unmittelbar Vorteile aus dieser Grenzerfahrung gewinnen, selbst wenn diese Grenzerfahrungen für viele zwar zum Alltag gehören, sie aber nicht unmittelbar positiv bewertet werden von Wählern, dann werden sie in der Wahlentscheidung keine Rolle spielen."
    Wirtschaft profitiert von internationalen Beziehungen
    18.000 Franzosen arbeiten im Saarland, fast 8.500 Saarländer in Luxemburg. Darüber hinaus strömen tagtäglich tausende französische und luxemburgische Kunden zum Einkaufen ins Saarland. Ein Drittel ihrer Umsätze machen der Handel und die Gastronomie in der Landeshauptstadt Saarbrücken mit ausländischer Kundschaft. Die Kontakte sind vielfältig. Auf den ersten Blick nicht unbedingt das Wählerpotenzial der AfD. Uwe Jun:
    "Ich glaube nicht, dass Wähler, die im europäischen Kontext wirken, sich überhaupt viel mit der AfD beschäftigen, das sind meistens Wähler die ohnehin schon tolerant sind, aufgeschlossen gegenüber internationaler oder transnationaler Kooperation und die sind meistens weniger für die AfD ansprechbar."
    Die Beschäftigten in den saarländischen Schlüsselindustrien, das heißt in der Automobilindustrie, im Maschinenbau oder der Stahlindustrie, wissen, dass ihre Arbeitsplätze vom Export abhängen. Und sie wissen auch, Wachstum braucht Offenheit: Offene Märkte und offene Grenzen. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge aber müssten zurückstehen, wenn es darum ginge, zum Beispiel die deutsch-französische Grenzen zu bewachen, sagt der saarländische AfD-Spitzenkandidat Rolf Müller.
    "Das ist eine Sache, die in diesem Fall zweitrangig ist."
    Ein Ergebnis zwischen 6 und 7 Prozent sagen die Demoskopen der AfD voraus. Gemessen an den Vorstellungen der Partei ein tiefer Fall. Landesvorsitzender Josef Dörr.
    "Ich habe mal geschätzt 20 Prozent, die Meinungsumfragen machen ja auch Politik, so ein bisschen dämpfend, aber ich glaube da immer noch dran."
    Möglicherweise spiegelt das prognostizierte Wahlergebnis der AfD auch geografische und soziologische Besonderheiten im Saarland wider. Ausschlaggebend für das Wahlergebnis aber sei der allgemeine Trend, meint Parteienforscher Uwe Jun.
    "Im Moment geht die AfD runter, auch in den Zahlen, was die Bundespolitik betrifft. Das hat wiederum wesentlich etwas damit zu tun, dass die Migrations- und Flüchtlingspolitik derzeit nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, sondern andere Fragen."
    Kann Kramp-Karrenbauer den Vorsprung halten?
    Der Gesellschaft ist das Thema Flüchtlingskrise aus dem Sinn geraten. Andere Themen, wie etwa die Türkei bestimmen die Debatte. Ein Thema, das die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht allein den Populisten überlassen möchte. Wegen anhaltender türkischer Provokationen, hat die CDU-Spitzenkandidatin in der vergangenen Woche verkündet, sie wolle Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker im Saarland verbieten.
    "Wir werden in Zukunft, wenn es solche Auftritte im Saarland geben sollte oder geplant sind, im Moment haben wir keine aktuellen Erkenntnisse darüber, dass dies der Fall ist, aber vorsorglich, für die Zukunft, wenn dies geplant ist, werden wir alle Möglichkeiten ergreifen, um solche Auftritte auf saarländischem Boden zu verbieten."
    Der Beschluss, der ohne jeglichen Anlass erfolgte, hat ihr in den Reihen der Union viel Kritik eingetragen. Das Wahlkampfmanöver aber zeigt Wirkung. Die ohnehin hohen Sympathiewerte der CDU-Spitzenkandidatin sind danach noch einmal nach oben geschossen. Die Frage ist nur, kann Annegret Kramp-Karrenbauer diesen Vorsprung halten?
    Denn am 24. Januar ist im saarländischen Landtagswahlkampf ein Mitspieler aufgetaucht, den keiner auf der Rechnung hatte: Martin Schulz. Der 100-Prozent-Vorsitzende und Kanzlerkandidat der SPD entzückt seitdem die Genossen.
    "Ich denke, dass er voller Tatkraft ist und dass er wirklich was bewegen kann. Er ist sehr, sehr sympathisch, und er weiß schon, wo der Schuh drückt Es geht ein Wind durch, er ist authentisch, er nimmt einen mit und kann auch das Wort sozial in der SPD wieder einmal buchstabieren."
    Sie alle warten in der Mehrzweckhalle von Elversberg auf Schulz. Eine ältere Dame hat sich einen Platz am Gang gesichert, damit sie ihre Beine ein wenig ausstrecken kann. Wahlkampf ist Neuland für sie.
    "Ich war noch nie. Das ist erste Mal, ich bin 85."
    Schulz-Hype auch im Saarland
    Margarete Feyock ist kein Parteimitglied, sie fühlt sich von Schulz aber emotional angesprochen, sie möchte ihn sehen und erleben.
    "Ich vertraue ihm voll und ganz, der beste Kanzlerkandidat und so ehrlich, man kann ihm voll und ganz abnehmen was er sagt, das ist nicht bei jedem Politiker so, die polarisieren so viel und das weiß man nicht, woran man ist. Und bei ihm habe ich das Gefühl, dass er umsetzt, was er sagt."
    Anke Rehlinger, SPD Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, und SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz geben sich am 08.03.2017 in der Glückauf Halle in Spiesen-Elversberg (Saarland) die Hand. 
    Anke Rehlinger, SPD Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, und SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz bei einer Wahlkampfveranstaltung im Saarland. (dpa/ picture alliance/ Oliver Dietze)
    Einmarsch des Kandidaten. Elversberg ist ein Stück Heimat für ihn. Bevor Martin Schulz die Bühne betritt, hat er das Elternhaus seines Vaters besucht, mit der Verwandtschaft Kaffee getrunken und legt dann ein Bekenntnis ab.
    "Mein Vater, weil er eben ein Saarländer war, der hielt uns Rheinländer immer für schräge Typen, bis zum Schluss fand der uns immer ein bisschen komisch. Aber ich hab ihm immer versprochen, dass die Verbindungen zum Saarland aufrecht erhalten werden und deshalb, wenn man mich einen halben Saarländer nennt, das muss ich euch sagen, dass ich dafür dankbar und darauf auch stolz bin, denn das Saarland ist ein wunderbares Land."
    Das kommt gut an, aber Wahlen gewinnt die SPD im Saarland damit nicht. Nur wenn es der Partei gelingt, Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschafter, wieder mit der SPD zu versöhnen, hat sie eine Chance, das aktuelle Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrer Herausforderin, Anke Rehlinger, für sich zu entscheiden. Holger Maroldt, SPD-Ortsvorsteher der ehemaligen Bergbaugemeinde Landsweiler-Reden spricht aus, was viele Genossen denken.
    "Die Bundesregierung unter Herr Schröder, die hat viele Mitglieder verprellt und hat bei vielen anderen, die jahrzehntelang die SPD gewählt haben, für Unfrieden und Unverständnis gesorgt, eben durch viele Dinge die gemacht wurden. Handwerkliche Fehler wie bei der Agenda 2010, wo nicht alles grundsätzlich falsch ist, aber ich glaube schon, dass die Menschen darauf gewartet haben, dass die SPD noch einmal dorthin rückt, wo sie eigentlich hingehört und zwar nach links und nicht in die Nähe von der CDU."
    Bildung, Löhne, Rente, alles stellt die Bundes-SPD unter das Motto der sozialen Gerechtigkeit. Der saarländischen SPD-Spitzenkandidatin verleiht das Flügel.
    "Das Gefühl, das wir hier momentan erleben, das hat etwas mir Dir als Person zu tun, es hat aber auch etwas mit den Inhalten der SPD zu tun und mit dem was wir verkörpern, der Tatsache, dass die soziale Gerechtigkeit, dass die Menschen wieder die Gewissheit in diesem Land erlangen sollen, dass es fair zugeht und dass es sich lohnt, wenn sie sich anstrengen. Lieber Martin, du hast das wieder zum Hauptthema der Sozialdemokratie gemacht, dafür danken wir dir, das ist das Richtige."
    CDU unter Druck
    Die 40 Jahre alte Rechtsanwältin hat früher Leistungssport betrieben, sie spürt, dass in diesem Wettkampf etwas gehen kann.
    "Wir spielen hier auf Sieg. Unser Ziel ist nicht irgendeine Koalitionsoption zu erhalten sondern unser Ziel ist es, in diesem Land stärkste Kraft zu werden, das wollen wir erreichen, das ist unser Ziel."
    Die Christdemokraten haben den Hype um Schulz zunächst als Strohfeuer abgetan und wähnten sich als sicherer Sieger. Sie hatten einen reinen Personenwahlkampf geplant, zugeschnitten auf Annegret Kramp-Karrenbauer. Erst allmählich dämmert der Union, dass es nur noch am Rande um Landespolitik geht. Kanzleramtsminister Altmaier reiste in die Heimat um die Basis zu beruhigen.
    "Deshalb werden wir nicht zulassen, dass andere diese Landtagswahl kidnappen für ihre eigenen politischen Ziele und Zwecke. Es wird über Landespolitik entschieden und über sonst gar nichts in dieser Landtagswahl."
    Die CDU-Getreuen schwanken zwischen Skepsis und Zuversicht.
    "Ich habe das Problem, dass diese Schulz-Euphorie für unsere Landtagswahl vielleicht noch zu stark ist."
    "Das ist im Moment ein großer Macher und zieht im Moment auch viele Leute an, aber unsere Annegret hat hier eine Position, die ist unantastbar, würde ich glatt sagen. Unantastbar fürs Saarland: Annegret Kramp-Karrenbauer."
    "Es wird sehr schwierig werden, weil auch in der Bevölkerung ist die SPD nun wieder wählbarer als in den Zeiten vor Schulz, obwohl sich nichts verändert hat. Aber ich hoffe ja, dass die Saarländerinnen und Saarländer über die Ratio gehen und nicht über die Emotion."
    "Wir haben Zukunft in dieses Land geholt"
    Es sei der Fluch der guten Tat, dass zurzeit niemand über die Erfolge der großen Koalition im Saarland rede, resümierte Annegret Kramp-Karrenbauer vor wenigen Tagen. Die Flüchtlingskrise wurde vorbildlich geregelt und auch für die angespannte finanzielle Lage des Landes zeichnet sich nach dem Kompromiss über einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich ein Silberstreif ab am Horizont. Pluspunkte, die die Ministerpräsidentin für sich verbucht.
    "Wir haben Zukunft in dieses Land geholt. Wir haben dafür gesorgt, dass ab dem Jahr 2020 Jahr für Jahr 500 Millionen Euro in dieses Land kommen, um Zukunft zu gestalten, darauf können wir stolz sein."
    Dem Land das finanzielle Überleben und damit die Eigenständigkeit zu sichern, war das Ziel der Großen Koalition 2012. CDU und SPD handelten nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Das Land musste sparen und Stellen streichen. Eine Vernunftehe schien gemessen daran die beste Lösung. Heute ist das anders. Ausnahmslos sämtliche Parteien werben wieder für mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Oskar Lafontaine, der Spitzenkandidat der Linken, stellt sich auf den Marktplätzen des Landes den Selfiejägern und posiert für Schnappschüsse mit einer Polaroid-Kamera.
    "Weil die linke Partei eine gute Politik macht für uns, für die Masse, für die Arbeiter."
    "Er hat gute Ansichten und will viel bewegen im Land."
    "Ich persönlich bin Mitglied der SPD und ich finde, wenn man so jung ist wie wir, dann ist es schon etwas Besonderes, so eine erfahrene Persönlichkeit, die auch mal Mitglied der SPD war, hier zu sehen und sich auch mal ein Erinnerungsstück mitzunehmen."
    Linke steht für eine Koalition mit den Sozialdemokraten bereit
    Im Saarland hat Die Linke den Platz als Sachwalter der Interessen des "kleinen Mannes" besetzt. Lafontaines Mantra kann inzwischen jeder herunterbeten: die Reichen mit einer Vermögenssteuer belasten und die ärmeren Bevölkerungsschichten entlasten. Die AfD hingegen stehe – so Lafontaine – für Steuersenkungen und Lohndrückerei. Er versucht sich abzugrenzen gegenüber der Konkurrenz von rechts.
    "Wir wollen eine soziale Demokratie und wir müssen daran arbeiten, dass verzweifelte Menschen nicht rechts wählen."
    Oskar Lafontaines Linke steht an der Saar für eine Koalition mit den Sozialdemokraten bereit.
    "Es sieht so aus als wenn das möglich wäre. Und bekanntlich liegt es ja nicht an uns, denn wir haben ja schon eine rot-rote Mehrheit im Landtag. Also wollen wir sehen, dass die SPD nach der Landtagswahl mit uns zusammen eine andere Politik macht."
    Auch 2012 gab es eine Mehrheit für Rot-Rot im Land. Aber die Reizfigur Lafontaine stand dem entgegen. Dieses Mal soll es anders werden. Er selbst strebt keine Ämter an, das hat er schon vor Wochen klargestellt, denn an seiner Person, soll eine rot-rote Alternative zur Großen Koalition im Saarland nicht scheitern. Umfragen sagen zwar eine hauchdünne rot-rote Mehrheit voraus, aber die SPD hat sich zu möglichen Koalitionen nicht festgelegt. Die große Unbekannte sind die kleinen Parteien: Grüne und FDP.
    "Die Leute kommen wieder, sie haben Interesse. Das Saarland ist nicht das leichteste Pflaster, aber ich bin ziemlich sicher, dass wir es schaffen.
    Oliver Luksic, der Vorsitzende der Liberalen im Land, ist von Berufs wegen Optimist. Anfang 2012 führten, innerparteiliche Querelen und Missgunst in den eigenen Reihen zum Rauswurf der FDP aus der Regierung und schließlich zum Niedergang der Partei. Fünf Jahre später glauben die Demoskopen zumindest an einen Achtungserfolg der FDP und sehen sie bei etwa vier Prozent. Sehr viel mehr ist wohl auch für die Grünen nicht drin. Diese arrangieren sich seit Jahren mit ihrem machtversessenen Vorsitzenden Hubert Ulrich und lassen Wählerpotenzial links liegen.
    Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) klebt am 09.02.2017 in Saarbrücken mit einem Besen symbolisch das letzte Teil ihres Plakatmotivs für die Landtagswahl an, das sie zuvor enthüllte.
    "Wer ganz sicher einer Regierung der Mitte, eine große Koalition unter Führung der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer will, der muss CDU wählen, sagt Kramp-Karrenbauer. (dpa / picture-alliance / Oliver Dietze)
    CDU-Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, die mit ihrer Partei Chancen auf den Wahlsieg hat, bleibt als politische Option aller Voraussicht nach nur die große Koalition. Gebetsmühlenartig wiederholt sie.
    "Wer ganz sicher einer Regierung der Mitte, eine große Koalition unter Führung der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer will, der muss CDU wählen."
    Schafft sie es nicht, wird Annegret Kramp-Karrenbauer ihre politische Karriere an der Saar beenden.