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Vor der Neuwahl
Niedersachsen als Swing-State?

Niedersachsen gilt als Wechselwähler-Bundesland: SPD- und CDU-geführte Regierungen haben sich hier regelmäßig abgewechselt. Prognosen fallen auch einen Tag vor der Neuwahl schwer. Sicher ist nur: Es wird ein knappes Rennen.

Von Peter Sawicki | 14.10.2017
    Ein Wahlplakat von Bernd Althusmann (l), dem CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, und eines von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stehen am 09.10.2017 an einer Straße in Hannover (Niedersachsen). Foto: Silas Stein/dpa | Verwendung weltweit
    Wahlplakat von Bernd Althusmann (l), dem CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, und eines von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) (dpa / Silas Stein)
    Es ist nicht lange her, da war Stephan Weil noch ein Landeschef auf Abruf – und das Ende von Rot-Grün in Niedersachsen schien beschlossene Sache zu sein.
    Auf der Zielgeraden des verkürzten Wahlkampfs hat sich der Trend aber gedreht. Sogar Platz eins ist für die SPD greifbar. Auf der Abschlusskundgebung in Braunschweig hob Weil die Comeback-Qualitäten seiner Partei hervor:
    "Wir haben aufgeholt – Prozent für Prozent für Prozent. Und heute, kurz vor den Wahlen, stehen wir vor der Union in Niedersachsen."
    Der Wechsel der Grünen Elke Twesten zur CDU – der die Neuwahl erst ausgelöst hat – scheint die Sozialdemokraten entscheidend mobilisiert und zusammengeschweißt zu haben. Betonte Stephan Weil:
    "Wenn dir der Sturm ins Gesicht weht, dass die eigenen Leute zusammenrücken – das war eine gute Erfahrung! Und ich bedanke mich bei allen, die auf dem Platz sich jetzt angesprochen fühlen können."
    Eine stabile Wirtschafts- und Sicherheitslage, Geld für Investitionen, dazu eine geschlossen kämpfende Partei – allesamt Weils Pluspunkte im Wahlkampf. Mit dem er auch der gebeutelten Bundes-SPD und vor allem Martin Schulz Hoffnung machen könnte.
    Union gibt sich kämpferisch
    Die Union dagegen läuft Gefahr, eine schmerzhafte Niederlage einzustecken. Trotzdem gab sich Spitzenkandidat Bernd Althusmann in Stade nordwestlich von Hamburg noch einmal kämpferisch:
    "Wir müssen für die nächsten fünf oder zehn Jahre für dieses Land eine Vision entwickeln, da wo wir hin wollen. Und am Ende geht es an diesem Wochenende am Sonntagabend um die Frage: Zurück in die Vergangenheit oder ab in die Zukunft? Und ich möchte mit Ihnen in die Zukunft. Ich wäre soweit! Wenn Sie es auch sind, dann werden wir Rot-Rot-Grün in Niedersachsen verhindern!"
    Althusmann wurde zuletzt nicht müde, dieses vermeintliche Schreckgespenst der bürgerlichen Mitte zu beschwören. Um somit vor allem Niedersachsens Unternehmer auf seine Seite zu ziehen.
    Zu schaffen machte Althusmann aber auch seine geringe Bekanntheit. Drei Jahre lang hatte er für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia gearbeitet. Auch deshalb setzte der 50-Jährige auf die Unterstützung der Kanzlerin – die einen CDU-Sieg selbst gut gebrauchen könnte:
    "Die Sache hier im Saal ist klar: Bernd Althusmann muss Ministerpräsident von Niedersachsen werden. Dafür bin ich heute auch zu Ihnen gekommen. Es wird ein knappes Rennen – lassen Sie sich von den Umfragen nicht verrückt machen."
    Merkel betonte den "Swing-State"-Charakter von Niedersachsen – wo sich SPD- und CDU-geführte Regierungen regelmäßig abgewechselt haben. Und auch sie warnte vor Rot-Rot-Grün.
    Was allerdings nur dann eine Option ist, wenn die Linke die Rückkehr in den Landtag überhaupt schafft. Bei Umfragewerten von zuletzt gut fünf Prozent ist das noch nicht ausgemacht.
    Die SPD hat Rot-Rot-Grün zwar nicht ausgeschlossen, hofft aber noch auf die Fortsetzung der bisherigen Konstellation. Die Grünen ebenfalls:
    "In den letzten Tagen hat sich noch einmal sehr gezeigt, dass es am Ende um ein Tandem geht, was hier gewinnt. Wir wollen mit der SPD weiter regieren und wir wollen das Land voranbringen."
    So Stefan Wenzel – Umweltminister und Vize-Ministerpräsident – beim Wahlkampfabschluss seiner Partei. Die auf ihre Kernthemen Energiewende und Agrarreform setzt.
    Dass es für Rot-Grün reicht, ist trotzdem unwahrscheinlich. Die AfD kommt bei Umfragen zwar nur auf vergleichsweise geringe sieben Prozent – für den Einzug in den Landtag dürfte es dennoch reichen.
    Rückenwind für die FDP
    Die FDP geht mit Rückenwind des Erfolgs im Bund in die Landtagswahl. Sie will drittstärkste Kraft werden. Lehnt etwa eine mögliche Ampelkoalition ab.
    Die Frage der Koalition ist in Niedersachsen kurz vor der Wahl deshalb vollkommen offen.